Crossfire 2: Feuerprobe
seine
Meinung über die Cheyenne noch einmal. Wie lächerlich und
romantisierend ihre Kultur im Zeitalter der Raumfahrt auch immer
wirken mochte, sie hatten besser überlebt als die Bewohner von
Mira City. Im Gegensatz zu Jake und Karim und vermutlich auch Alex
Cutler hatten die Cheyenne genug zu essen, Unterkünfte, und sie
waren über die Bewegungen ihrer Feinde im Bilde.
Und zudem verspürte Karim bei ihnen, verborgen unter den
steinernen Speerspitzen und allem anderen, eine eisige Härte,
eine Unerbittlichkeit, die auf lange Sicht für Julian Martin
weitaus gefährlicher werden konnte als Karims eigene Wut, Jakes
wechselnde Pläne und selbst der entschlossene Versuch der
Pelzlinge, Greentrees zu erobern.
Am Morgen kehrte einer der beiden Krieger, die Martin
aufspüren sollten, zurück, besprach sich mit Weißer
Wolke und verschwand dann wieder.
»Julian Martin hat einen großen Militär-Shuttle
zum Unterschlupf ausgebaut«, erklärte Weiße Wolke.
»Der Shuttle ist schwer bewaffnet.«
»Bring uns dorthin«, forderte Karim.
Weiße Wolke musterte ihn. »Nein.«
»Nein? Warum nicht?«
»Weil ihr einen Plan habt, den ihr uns bisher verschweigt.
Wir schließen kein Bündnis ohne Vertrauen.«
Karim und der blonde Krieger sahen einander in die Augen.
Weiße Wolke war über fünf Zentimeter
größer als er. Sie waren vermutlich etwa im selben Alter,
obwohl Karim fünfzig Jahre früher geboren worden war –
nein, noch viel, viel früher sogar, denn man musste auch die
vielen Jahrzehnte mitrechnen, die er als einer der
ursprünglichen Siedler Greentrees’ im Weltraum auf dem Flug
von der Erde zu diesem Planeten verbracht hatte. In diesem Augenblick
spürte er jede einzelne dieser Dekaden deutlich.
Was hätte Jake in dieser Situation getan?
Merkwürdigerweise sah er aber in diesem Augenblick nicht
Jakes Gesicht vor sich, sondern Lucys. Lucy mit ihrem
unerschütterlichen Idealismus, die einstmals Jake verlassen
hatte und mit Karim ins All geflogen war, weil Jake gelogen und
betrogen hatte. Und das würde Jake wieder tun, hätte er
diese Entscheidung zu treffen.
Aber Karim war nicht Jake.
»Ja«, bestätigte er entschlossen, »wir haben
einen Plan. Und ich werde ihn dir anvertrauen. Hat dein
Großvater dir je erklärt, was eine Spore ist?«
43. KAPITEL
DIE TERRANISCHE
SHUTTLE-BASIS
Zwei weitere Tage vergingen. Alex und die weiblichen Pelzlinge
bekamen Nahrung und Wasser, obwohl nur Alex etwas von dem Essen nahm.
Einmal am Tag kippte ein terranischer Soldat einen Eimer mit
irgendeiner Lösung über die Fäkalien von Menschen und
Pelzlingen, die sich in einer Ecke des Raumes ansammelten, und alles
löste sich auf – zersetzt von genetisch konstruierten
Bakterien mit beschränkter Lebensdauer. Der Geruch verbesserte
sich dadurch allerdings nicht.
Alex versuchte auch weiterhin, mit Cora und Miranda zu
kommunizieren – und sei es auch nur, um etwas zu tun zu haben.
Aber anscheinend hatten die Pelzlinge das Interesse an ihr verloren.
Sie reagierten auf nichts, was Alex zeichnete, sagte oder mit Gesten
versuchte, ihnen verständlich zu machen. Vielleicht hatte die
Pelzlingsgroßmutter sie dazu angehalten, oder die Weibchen
waren einfach zu geschwächt, um sich weiterhin mit ihr zu
beschäftigen. Wie lange konnten sie ohne Nahrung auskommen?
Unter ihrem verdreckten dichten Pelz wirkten sie schon deutlich
abgemagerter.
Alex zerriss und verdrehte ihre Decke so lange, bis sie eine grobe
Stola daraus gemacht hatte. Als sie damit fertig war, blieb ihr
nichts mehr zu tun. Sie schlief so viel wie möglich, neben der
Tür und die Nase von den Pelzlingen abgewendet.
Am dritten Tag besprühte ein Soldat von der Erde in voller
Kampfausrüstung die Pelzlinge mit Fesselschaum.
Alex versuchte, sich zwischen ihm und der Tür
hindurchzudrängen. Er warf ihr durch das Sichtvisier seines
Helms einen belustigten Blick zu und versetzte ihr einen Schlag mit
dem Handrücken, der sie zu Boden streckte. Dann zerrte er die
fünf gefesselten Weibchen zügig aus dem Raum und verschloss
die Tür.
Die vier Weibchen!
Nachdem Alex sich von dem Schlag und dem Sturz ein wenig erholt
hatte und wieder klar sehen konnte, stellte sie fest, dass die
Pelzlingsgroßmutter zwar gefesselt, aber nicht fortgeschafft
worden war. Sie brüllte und bäumte sich gegen den
Schaumpanzer auf, aber sie konnte ihn um keinen Millimeter bewegen.
Als sie das erkannte, wurde ihr Gebrüll zu einem schrillen
Wehklagen, und sie klopfte mit einem Fuß auf
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