Crossfire 2: Feuerprobe
widerhallend, eine helle Schwingung
von ungeheurer Ausdruckskraft.
Duncan Martin lächelte sie an und verneigte sich.
»Gnädige Frau Konsul. Mein Herr.«
Tonlos sagte Jake: »Falstaff?«
»Oh, nein, nein! Wie können Sie nur so etwas denken?
Natürlich Mercutio.«
»Oder eine Persiflage auf Mercutio.«
»Kann man es wirklich anders spielen?«
Alex hatte keine Ahnung, wovon sie sprachen. Sie schaute zu
Commander Martin, der nüchtern anmerkte: »Mein Bruder ist
Schauspieler.«
»Auf immerdar«, sagte Duncan Martin. »Sind Sie ein
Thespis-Jünger, Mr Holman?«
»Nein.«
»Ein Freund der darstellenden Kunst?«
»Nein.«
»Wie schade. Nun, wir alle müssen unser Publikum so
nehmen, wie wir es kriegen. Sie, gnädige Frau Konsul,
schätzen doch gewiss das Theater?«
»Wir benutzen keine Titel wie ›Konsul‹«,
wehrte Alex ab. »Und wir haben auf Greentrees kein
Theater.«
»Bisher noch nicht«, entgegnete Duncan und lächelte
sie so ausdrucksvoll an, dass es ihr erneut die Sprache verschlug.
Was war das für ein Mann? Eine Witzfigur? Machte er sich
über sie lustig? Aber warum sollte er sich über die
Menschen von Mira City lustig machen? Und wenn er das tat, würde
Julian Martin das zulassen?
Der beobachtete sie. »Mein Bruder ist immer so, Miss
Cutler.
Und in einer Sache sagt er die Wahrheit: Für ihn ist die Welt
tatsächlich eine Bühne! Wenn er nicht so ein guter
Schauspieler wäre – natürlich nur dann, wenn er sich
nicht gerade selbst zum Gespött macht –, hätte ihn
schon längst jemand für seine aufdringliche Eigenwerbung
umgebracht.«
»Wer sollte auch sonst für mich werben?«, fragte
Duncan. »Oder für die Bühne, die ich hier in Mira City
begründen werde? Ich versichere Ihnen, gnädige Frau Cutler,
wenn Sie meinen König Lear erleben, werden Sie mir meine kleinen
Extravaganzen vergeben.«
»Zum Unglück von Sitte und Anstand hat Duncan damit
Recht«, warf Julian Martin ein. »Sie werden ihm alles
nachsehen.«
Jake sagte nichts. Und Alex war einfach zu verwirrt, um zu wissen,
was sie sagen sollte. Aber die Ankunft von Lau-Wah Mah rettete sie.
Die Ruhe des Chinesen wurde nicht einmal von Duncans
merkwürdigem Auftritt erschüttert.
»Ich bin Lau-Wah Mah, Commander Martin. Willkommen auf
Greentrees.«
»Danke. Wir sind hocherfreut, hier zu sein. Darf ich meinen
Bruder vorstellen, Duncan Martin, der gerade eben im Begriff ist, mir
ein Glas Tee zu holen. Möchten Sie auch eines?«
»Nein, danke. Hallo, Mr Martin.«
»Und lebet wohl. Anscheinend suche ich hier vergebens nach
dem süßen Saft der herrlichen Traube.«
Alle vier schauten Duncan hinterher, der zu einer anderen Gruppe
ging und sich vorstellte. »Was ist eine Traube?«, fragte
Alex.
»Eine Frucht von der Erde«, antwortete Jake. »Sie
wird oft vergoren, um berauschende Getränke
herzustellen.«
»Nun, ich könnte Duncan ein Mixgetränk besorgen,
glaube ich. Oder sogar Blue Lion. Eigentlich wird er hier auf der
Feier ja nicht angeboten, aber ich glaube…«
»Alkohol wäre das Letzte, was Duncan jetzt
braucht«, stellte Julian Martin fest. »Gouverneur Mah, Miss
Cutler hat mich hier herumgeführt. Was Ihr Triumvirat hier
erreicht hat, ist beeindruckend.«
Lau-Wah musterte den Commander. »Den Ausdruck
›Triumvirat‹ benutzen wir offiziell nicht. Es war
ursprünglich nur eine scherzhafte Bezeichnung von Jake. Wir sind
hier eine recht zwanglose Gemeinschaft.«
»Ganz im Gegensatz zu uns. Ich bin mir sicher, das haben Sie
bereits bemerkt. Die Entwicklung gesellschaftlicher Gepflogenheiten
verläuft anscheinend in Zyklen. Als ich die Erde verließ,
ging es in der gehobenen Gesellschaft wieder sehr förmlich
zu.«
Die gehobene Gesellschaft? Was ist das denn?, fragte sich
Alex. Sie hatte in ihrem ganzen Leben eigentlich nur eine einzige
Gesellschaft kennen gelernt. Aber vermutlich stimmte das gar nicht,
wenn man bedachte, was Lau-Wah ihr vor zwei Wochen erzählt
hatte. Greentrees kannte mehr verschiedene und abgeschiedene
Gesellschaften, als sie geahnt hatte.
»Warum meinte Ihr Bruder, dass Sie an den richtigen Ort
gekommen wären, als er die Worte ›Konsul‹ und
›Triumvirat‹ hörte?«, fragte sie Commander
Martin.
»Weil mich die Geschichte des alten Rom schon immer sehr
fasziniert hat.«
»Die Geschichte des Römischen Reiches«, sagte Jake
ausdruckslos.
»Nein, mehr die militärischen Unternehmungen der
römischen Republik.«
»Ich fürchte«, bemerkte Lau-Wah, »Sie werden
feststellen, dass jede Generation
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