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Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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es könnte auch eine VR-Kammer sein«,
nörgelte Lucy. »Nicht, dass wir eine Wahl hätten
und… O mein Gott! Karim, schau dir das an!«
    Das Schiff der Ranken entfernte sich von der Franz
Müller.
    Er erkannte das an der Wölbung des Bodens, aber deutlicher
noch durch den Anblick, der ihm das Fenster oder der Bildschirm bot.
Die Entfernung zwischen den beiden Schiffen vergrößerte
sich. Dann schoss ein funkelnder Strahl auf die Franz Müller zuund hüllte sie in dichten goldenen Nebel.
    »Sie… löst sich auf!«, keuchte Lucy.
    Es dauerte nur fünf Minuten. Die Wolke aus Mikroorganismen
fraß sich durch das Schiff wie Säure. Weitere fünf
Minuten, und die Wolke selbst war ebenfalls verschwunden.
    »Dieses Zeug hat eine begrenzte Lebensdauer«,
mutmaßte Karim. »Oder die Sporen kapseln sich ein
und…« Seine Stimme verlor sich.
    »Sie bringen uns runter«, bemerkte Lucy. »Wir
tauchen in die Wolke ein. Dieses Schiff muss irgendwie geschützt
sein, um nicht aufgelöst zu werden.«
    Karim hörte sie kaum. Es fiel ihm schwer, das Gesehene zu
verarbeiten. Diese Technologie, die auf einer erschreckenden
Beherrschung der Biologie beruhte, war einfach zu fremd. Mehr noch,
die Beweggründe für all diese Handlungsweisen waren ihm zu
fremd. Er konnte nicht mal vermuten, was mit ihm und Lucy ohne Schiff
als Nächstes geschehen würde.
    Doch ebenso wenig verstand er seine eigenen Reaktionen. Karim war
von einem Vater erzogen worden, der sich rühmte, die Bande eines
alten, abergläubischen und einengenden Brauchtums von sich
geworfen zu haben. Ahmed Mahjoub war Ingenieur gewesen, ein
Bürger der UAF, der Vereinigten Atlantischen Föderation,
der bereitwillig ein Bürger der Sterne geworden war. Er hatte
alles »Primitive« verachtet, einschließlich der
Religion, und seine Söhne in diesem Geist erzogen.
    Und doch, während er den Rankenplaneten in seinem gewaltigen,
schimmernden Schutzschild tödlicher Sporen betrachtete, dachte
Karim nicht an seinen Vater, sondern an den Großvater. An
diesen tiefgläubigen alten Mann, wie er auf seinem abgenutzten,
verblichenen Gebetsteppich kniete und gen Mekka betete. Diese Gebete
hatten seinem Großvater anscheinend Mut und Würde gegeben
in einer Welt, die mehr und mehr auseinander fiel.
    Und mit einem Mal beneidete Karim ihn.

 
6. KAPITEL
MIRA CITY
     
     
    »Es ist erstaunlich, was Sie hier aufgebaut haben, Sir«,
sagte Julian Martin zu Jake. »In nur fünfzig Jahren. Das
ist beeindruckend.«
    »Danke«, erwiderte Jake, und Alex dachte bei sich:
Jake mag ihn nicht.
    Dieser Gedanke machte sie wütend. Es gab keinen Grund,
Commander Julian Martin nicht zu mögen. Oder die anderen
Erdenmenschen. Oder diese Feier, die jeder außer Jake
großartig fand.
    Die Feier fand im Mausoleum statt, im großen Saal im
Erdgeschoss, der für jedes der seltenen Ereignisse genutzt
wurde, die nicht draußen stattfinden konnten. Siddalee hatte in
der kurzen Zeit Wunder vollbracht; ihre Tüchtigkeit war, um es
mit Commander Martins Lieblingswort auszudrücken,
beeindruckend.
    Natürlich hatte sie viel Hilfe gehabt. Jeder wollte den
Terranern begegnen, den Terranern helfen und an der Feier mit den
Terranern teilnehmen. Ashraf Shantis Sekretär war für die
Gästeliste verantwortlich gewesen, und inzwischen zeigte der
arme Kerl den erschrockenen, gehetzten Ausdruck eines gefangenen
Frinchens.
    Mehrere kichernde arabische Mädchen hatten so viele Blumen an
den schmucklosen Formschaumwänden des Mausoleums befestigt, dass
das Innere des Gebäudes nun wie ein provisorischer Garten
wirkte. Die großen Tische und Bänke aus dem Park waren
hereingetragen worden und mit Gewandtüchern in allen
Regenbogenfarben gedeckt; dafür hatten viele Leute ihre
Garderobe geplündert. Kleine Kuchen und Plätzchen standen
in Körben aus Bittermoos auf den Tischen; die Körbe
verbreiteten ihren eigenen würzigen Duft. Stabile Trinkbecher
aus Biokunststoff enthielten Fruchtsäfte, Bennilin-Tee und
irdischen Kaffee, der nach einer geringfügigen genetischen
Anpassung hervorragend auf Greentrees gedieh. Eine Musikbox, die nach
fünfzig Jahren immer noch funktionierte, spielte fröhliche
Melodien. Jeder hatte sich herausgeputzt und trug interessant, bei
den jüngeren Besuchern auch schon mal gewagt gebundene Stolen.
Alles in allem, befand Alex, konnte wohl niemand eine elegantere
Feier ausrichten, nicht einmal auf der Erde.
    Commander Martin und Alex saßen auf einer Bank neben Jakes
Rollstuhl. Der alte Mann war in eine Decke

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