Crossfire 2: Feuerprobe
obwohl sie dann
natürlich sämtliche Daten auf eine Welt bringen, die ein
Jahrhundert älter ist als bei ihrer Abreise. Einige von uns
werden womöglich auf Greentrees bleiben. Sie nehmen doch
Neuansiedler auf, nehme ich an?«
»Aber selbstverständlich!«, warf Alex herzlich
ein.
»Dürfte ich nun ein paar Fragen stellen?« Julian
Martin ließ deutlich erkennen, dass er Jake ansprach.
»Fragen Sie«, forderte dieser unfreundlich.
»Ich sehe hier sehr viele violette Pflanzen. Und doch haben
Sie diesen Planeten ›Greentrees‹ genannt. Warum?«
Alex lachte. »Die ersten Siedler haben ihn so genannt, ehe
sie überhaupt hier waren. Es gab Aufnahmen von Sonden, aus denen
deutlich hervorging, dass eine Rhodopsin-ähnliche Substanz hier
für die Photosynthese sorgt. Trotzdem haben sie den Planeten
Greentrees getauft.«
»Ich verstehe«, sagte Martin und zeigte ein leises
Lächeln. »Purer patriotischer Chauvinismus.«
»Etwas in der Art«, antwortete Alex. Sie war
entzückt von seinen wortgewandten Formulierungen, aber Julian
sprach immer noch zu Jake und nicht zu ihr.
»Wenn ich Miss Cutler richtig verstanden habe, waren Sie
stets der eifrigste Befürworter für verstärkte
Maßnahmen, um Greentrees gegen einen möglichen Angriff der
Pelzlinge zu verteidigen. Ich habe gehört, welche Geschichte
Greentrees hinter sich hat, von den Ranken und von den Pelzlingen.
Ich denke, Sie hatten vollkommen Recht mit Ihrer Einstellung. Darf
ich fragen, wie wir Ihnen dabei helfen können?«
Jakes Gesichtsausdruck veränderte sich. Überraschung,
Misstrauen, Befriedigung – mit der Hilflosigkeit des Alters
spiegelten sich die Gefühle auf seinen runzligen Zügen
wider. »Sie stimmen mir zu, dass entschiedenere
Verteidigungsvorbereitungen notwendig sind?«
»Ich glaube, Sie sollten für Mira City oberste
Priorität haben. Ich bin mir bewusst, dass ich als Soldat
spreche, aber ich kann es nun mal nicht anders beurteilen.«
»Ich habe es dir doch gesagt, Alex!«, entfuhr es
Jake.
»Sie haben sich einen Freund gemacht«, sagte sie zu
Julian Martin.
»Es geht mir nicht um Freundschaft, und ich bezweifle auch,
dass Mr Holman so einfach zu kaufen ist«, stellte Commander
Martin gewichtig fest. »Aber ich bin sehr interessiert an seiner
Einschätzung der Lage.«
»Ja, der gute Julian ist an allem interessiert!«,
meldete sich eine andere Stimme zu Wort, und Alex drehte sich nach
dem Sprecher um und bekam große Augen.
Ein Mann war neben die Bank getreten. Es war die unwirklichste
Erscheinung, die ihr jemals untergekommen war. Überall in der
Halle hielten die Leute in ihren Gesprächen inne und starrten
ihn an. Im Gegensatz zu den übrigen Erdenmenschen maß er
nur etwa eins fünfundsiebzig, und seinen Augen fehlte der
juwelenhafte, katzenartige Glanz. Sie waren grau, wie bei Alex, und
sein Haar war von einem unscheinbaren dunklen Braun, lang gewachsen
und im Nacken zusammengebunden. Und seine Kleidung…!
Er trug eine Jacke aus einem roten Stoff, der ein wenig an Pelz
erinnerte, aber keiner war. Diese Jacke war an den Schultern
ausgepolstert und mit aufgenähten Einsätzen aus strahlend
weißem Tuch versehen. Dazu trug er enge weiße Hosen, in
denen sich die Genitalien deutlich abzeichneten, hohe schwarze
Stiefel, einen kurzen schwarzen Umhang und eine Art Hut mit –
ausgerechnet! – einer Feder daran. Wie bei den Cheyenne,
nur größer und extravaganter. Hinzu kamen Handschuhe,
obwohl niemand außer Jake den Eindruck haben konnte, es
wäre kalt im Mausoleum.
»Alex, Mr Holman – darf ich meinen Bruder Duncan
vorstellen?«, sagte Julian Martin. »Duncan, das ist Jake
Holman, der Organisator des ursprünglichen Siedlungsunternehmens
auf Greentrees. Und Alexandra Cutler, zweiter Konsul des Triumvirats
von Mira City.«
»Konsul und Triumvirat! Ach, Julian, ich sehe schon, du bist
tatsächlich am richtigen Ort gelandet!«
Alex hatte ihn eigentlich begrüßen wollen, aber bei
Duncans Stimme vergaß sie es. Sie hatte Julian Martins tiefe
Stimme schon für schön gehalten – sie war schön –, aber Duncans Stimme klang für sie kaum
noch menschlich. Sie war melodisch, nicht nur in der Betonung,
sondern auch durch so etwas wie begleitende Akkorde, die im
Hintergrund mitschwangen und die gesprochenen Töne
unterstützten. Menschliche Stimmbänder brachten so etwas
nicht zu Stande, oder? War es eine genetische Aufwertung? Die
vielfachen Noten hallten irgendwie in ihren Ohren wider, jede Silbe
sowohl klar abgehoben als auch
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