Crossfire. Offenbarung: Band 2 Roman (German Edition)
mandelförmige Augen. Sie untersuchte Cary, maß seinen Blutdruck und drückte dann einen Knopf auf der Fernbedienung, die an der Bettstange hing.
»Dieses Schmerzmittel können Sie sich jede halbe Stunde selbst verabreichen«, erklärte sie. »Dazu müssen Sie nur den Knopf drücken. Es funktioniert nicht, wenn noch keine halbe Stunde vorbei ist, daher brauchen Sie keine Angst vor einer Überdosis zu haben.«
»Einmal ist schon zu viel«, murmelte er und sah mich an.
Ich wusste, warum es ihm widerstrebte. Er war suchtgefährdet. Er hatte eine kurze Junkiekarriere absolviert, bevor ich ihn gewaltsam zur Vernunft bringen konnte.
Aber ich war trotzdem erleichtert, als sich seine Stirn wieder glättete und sein Atem tief und regelmäßig wurde.
Die Krankenschwester sah mich an. »Er braucht jetzt Ruhe. Sie sollten zur Besuchszeit wiederkommen.«
Cary blickte mich flehend an. »Geh nicht.«
»Sie geht nirgendwohin«, bemerkte Gideon, der gerade das Zimmer betrat. »Ich hab dafür gesorgt, dass heute Nacht ein Bett hier hereingestellt wird.«
Ich hätte nicht für möglich gehalten, Gideon noch mehr lieben zu können, aber irgendwie belehrte er mich immer wieder eines Besseren.
Die Krankenschwester schenkte Gideon ein schüchternes Lächeln.
»Cary könnte noch etwas Wasser gebrauchen«, sagte ich zu ihr und sah, wie sie ihren Blick widerstrebend von meinem Freund losriss.
Sie nahm den Wasserkrug und verschwand.
Gideon trat näher ans Bett und sagte zu Cary: »Erzähl mal, was passiert ist.«
Cary seufzte. »Freitagabend sind Trey und ich ausgegangen, aber er musste früh nach Hause. Ich ging mit ihm raus, um ein Taxi zu rufen, aber direkt vor dem Club war die Hölle los, also versuchten wir es um die Ecke. Er war gerade weg, als mich ein Schlag auf den Hinterkopf traf. Ich ging sofort zu Boden, bekam aber noch weitere Schläge ab. Ich hatte nicht die geringste Chance, mich zu wehren.«
Meine Hände fingen an zu zittern. Cary rieb mir tröstend mit dem Daumen über den Handrücken.
»Hey«, murmelte er. »Das wird mir eine Lehre sein. Ich habe in fremdem Terrain gewildert.«
»Was?«
Ich sah, wie Cary die Augen zufielen, und kurz darauf war er schließlich eingeschlafen. Hilflos blickte ich Gideon auf der anderen Seite des Betts an.
»Ich kümmere mich darum«, sagte er. »Komm nur mal kurz mit mir raus.«
Ich folgte ihm, blickte aber noch mehrfach zu Cary zurück. Als sich die Tür hinter uns schloss, sagte ich: »Mein Gott, Gideon. Er sieht schrecklich aus.«
»Da hat jemand ganze Arbeit geleistet«, erwiderte er grimmig. »Er hat einen Schädelbruch, eine schlimme Gehirnerschütterung, drei gebrochene Rippen und einen gebrochenen Arm.«
Es tat körperlich weh, mir diese Auflistung anzuhören. »Ich begreife nicht, wie man so etwas fertigbringt.«
Er zog mich an sich und presste seine Lippen auf meine Stirn. »Der Arzt meint, Cary könnte vielleicht schon in ein, zwei Tagen entlassen werden, daher sorge ich dafür, dass er zu Hause gepflegt wird. Ich hab auch bei dir auf der Arbeit Bescheid gesagt, dass du nicht kommst.«
»Carys Agentur muss es auch erfahren.«
»Ich kümmere mich darum.«
»Danke.« Ich umarmte ihn heftig. »Was würde ich nur ohne dich machen?«
»Das wirst du nie erfahren.«
Meine Mutter weckte mich am nächsten Morgen um neun, direkt nachdem die Besuchszeit begonnen hatte. Sie platzte aufgebracht in Carys Zimmer und zerrte mich auf den Flur, wo sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden in der näheren Umgebung auf sich zog. Trotz der frühen Stunde sah sie in ihrem elfenbeinfarbenen, ärmellosen Etuikleid und mit den auffälligen Louboutins mit der roten Sohle einfach umwerfend aus.
»Eva! Ich fasse es nicht, dass du ein ganzes Wochenende nicht über Handy erreichbar warst! Was hast du dir dabei gedacht? Was, wenn es einen Notfall gegeben hätte?«
»Es gab doch einen Notfall!«
»Ganz genau.« Sie warf einen Arm in die Höhe, unter dem anderen klemmte ihre Handtasche. »Niemand konnte dich oder Gideon erreichen. Er hat nur eine Nachricht hinterlassen, dass er dich für das Wochenende entführen würde, aber niemand wusste, wo ihr wart. Unglaublich, dass er so verantwortungslos war! Was hat er sich nur dabei gedacht?«
»Danke!«, unterbrach ich sie, weil sie sich immer mehr in ihre Empörung hineinsteigerte und anfing, sich zu wiederholen. »Danke, dass du dich um Cary gekümmert hast. Das bedeutet mir sehr viel.«
»Nun, das war doch selbstverständlich.«
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