Crossfire. Offenbarung: Band 2 Roman (German Edition)
setzen. Alles kam mir plötzlich schrecklich langsam vor.
Ich klammerte mich an Gideons Ärmel. »Was ist denn passiert?«
»Er ist Freitagnacht überfallen worden.«
»Woher weißt du das?«
»Stanton und deine Mutter haben Nachrichten auf meiner Mailbox hinterlassen.«
»Meine Mutter?« Ich sah ihn verwirrt an. »Warum hat sie nicht …?«
Nein, sie hatte mich nicht anrufen können. Ich hatte mein Handy nicht dabei gehabt. Vor lauter Sorge und Schuldgefühlen konnte ich nur noch mühsam atmen.
»Eva.« Er legte den Arm um meine Schultern und zwang mich, den Kopf an seine Brust zu legen. »Mach dir keine Sorgen. Noch wissen wir nichts.«
»Aber es sind schon Tage vergangen, Gideon, und ich war nicht da.«
Tränen strömten mir übers Gesicht, und selbst als wir das Krankenhaus erreichten, konnte ich nicht aufhören zu weinen. Ich nahm kaum das Äußere des Gebäudes wahr, so abgelenkt war ich durch die Angst, die mich in ihren Klauen hatte. Ich dankte Gott dafür, dass Gideon so ruhig und gefasst blieb. Ein Angestellter sagte uns zwar Carys Zimmernummer, konnte uns darüber hinaus aber nicht weiterhelfen. Erst nachdem Gideon ein paar nächtliche Anrufe getätigt hatte, durfte ich Cary sehen, obwohl die Besuchszeit längst vorbei war. Gideon hatte das Krankenhaus ein paarmal sehr großzügig unterstützt, das konnte nicht ignoriert oder vergessen werden.
Als ich das Privatzimmer betrat und Cary sah, zerriss es mir das Herz. Wäre Gideon nicht gewesen, wäre ich zusammengebrochen, denn ich bekam weiche Knie. Der Mann, den ich als meinen Bruder betrachtete, der beste Freund, den ich je gehabt hatte und je haben würde, lag still und reglos in seinem Bett. Sein Kopf war bandagiert, und er hatte gleich zwei blaue Augen. Ein Arm war an Schläuche angeschlossen, der andere eingegipst. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass er da lag, hätte ich ihn nicht erkannt.
Das ganze Zimmer war mit großen bunten Blumensträußen vollgestellt, ein paar Luftballons tanzten in der Luft, und Genesungskarten lagen auf dem Tisch. Sicherlich stammte einiges von meiner Mutter und Stanton, die gewiss auch für Carys Behandlung aufkamen.
Wir waren seine Familie, und alle waren da gewesen – außer mir.
Gideon hielt seinen Arm eng um mich geschlungen, um mich zu stützen, und führte mich näher ans Bett. Ich schluchzte lautlos und vergoss dicke, heiße Tränen.
Trotzdem hatte Cary mich wohl gehört oder gespürt, denn seine Augenlider flatterten und gingen dann auf. Seine wunderschönen grünen Augen waren blutunterlaufen und trüb. Er brauchte eine Ewigkeit, um mich zu erkennen. Dann blinzelte er ein paarmal, und Tränen liefen ihm langsam die Wangen hinunter.
»Cary.« Ich stürzte zu ihm und schob meine Hand in seine. »Ich bin hier.«
Er umklammerte sie so fest, dass es wehtat. »Eva.«
»Es tut mir leid, dass ich nicht schon früher hier war. Ich hatte mein Handy nicht dabei und wusste von nichts.«
»Ist schon gut. Jetzt bist du ja da.« Er schluckte mühsam. »Gott … mir tut alles weh.«
»Ich hole eine Krankenschwester«, sagte Gideon und strich mir mit der Hand über den Rücken, bevor er schweigend das Zimmer verließ.
Ich sah einen kleinen Wasserkrug und einen Becher mit Strohhalm auf dem Rollschränkchen. »Bist du durstig?«
»Ja, sehr.«
»Kann ich dich aufrichten oder lieber nicht?« Ich hatte Angst, ihm wehzutun.
»Ja, das geht.«
Mit der Fernbedienung unter seiner Hand richtete ich den oberen Teil des Betts auf, sodass er sitzen konnte. Dann führte ich den Strohhalm an seine Lippen und sah zu, wie er gierig trank.
Schließlich entspannte er sich seufzend. »Dein Anblick ist Balsam für meine Seele, Baby.«
»Was zum Teufel ist denn passiert?« Ich stellte den leeren Becher weg und nahm wieder seine Hand.
»Wenn ich das nur wüsste, verdammt noch mal.« Seine Stimme war schwach, fast nur ein Flüstern. »Ich wurde angegriffen. Mit einem Baseballschläger.«
»Mit einem Baseballschläger ?« Allein bei der Vorstellung wurde mir schon übel. Solche Brutalität. Solche Gewalt …
»Ein Irrer?«
»Klar«, fauchte er, und der Schmerz grub eine tiefe Furche zwischen seine Augenbrauen.
Ich wich zurück. »Tut mir leid.«
»Nein, nicht. Scheiße. Ich …« Er schloss die Augen. »Ich bin nur so müde.«
In diesem Augenblick kam eine Krankenschwester herein, auf deren Kittel Comicfiguren aus Zungenstäbchen und Stethoskopen abgebildet waren. Sie war jung und hübsch und hatte dunkle Haare und
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