Crossfire. Offenbarung: Band 2 Roman (German Edition)
Meine Mutter schaltete einen Gang zurück. »Du weißt doch, dass wir ihn auch gern haben. Ich bin am Boden zerstört wegen dieser Sache.«
Ihre Unterlippe zitterte, und sie kramte in der Tasche nach ihrem immer griffbereiten Taschentuch.
»Geht die Polizei der Sache nach?«
»Ja, natürlich, aber ich weiß nicht, ob sie viel Erfolg haben wird.« Sie tupfte sich mit dem Taschentuch die Augenwinkel. »Cary liegt mir wirklich sehr am Herzen, aber er ist wie ein streunender Kater. Wahrscheinlich weiß nicht mal er selbst, mit wie vielen Männern und Frauen er etwas hatte. Erinnerst du dich noch an die Wohltätigkeitsauktion, die du mit Gideon besucht hast? Als ich dir das hinreißende rote Kleid gekauft habe?«
»Ja.« Das würde ich nie vergessen, war es doch der Abend, an dem Gideon und ich uns zum ersten Mal geliebt hatten.
»Ich bin ganz sicher, dass Cary an dem Abend mit seiner blonden Tanzpartnerin geschlafen hat – und zwar noch während der Veranstaltung! Sie waren eine Zeit lang verschwunden, und als sie zurückkamen … nun, ich weiß, wie ein befriedigter Mann aussieht. Aber es würde mich überraschen, wenn er noch ihren Namen wüsste.«
Mir fiel ein, was Cary gesagt hatte, bevor er eingeschlafen war. »Glaubst du, der Überfall hat etwas mit einer seiner Liebschaften zu tun?«
Meine Mutter sah mich blinzelnd an, dann schien ihr einzufallen, dass ich noch von nichts wusste. »Jemand sagte zu Cary, er solle die Finger von ›ihr‹ lassen – wer auch immer damit gemeint sein könnte. Die Polizei wird später noch einmal kommen, um ein paar Namen von ihm zu erfahren.«
»Ach du meine Güte.« Ich rieb mir die Augen und sehnte mich nach einer Möglichkeit, mein Gesicht zu waschen. Noch heftiger wünschte ich mir jedoch einen Kaffee. »Sie sollten mal mit Tatiana Cherlin reden.«
»Wer ist das?«
»Cary hatte mal was mit ihr. Ich glaube, Vorfälle wie diese geben ihr einen Kick. Carys Freund hat sie zusammen erwischt, und sie hat es genossen. Sie liebt es, Dramen zu inszenieren.«
Ich rieb mir den Nacken, merkte dann aber, dass das Kribbeln dort eine ganz konkrete Ursache hatte. Als ich über meine Schulter blickte, sah ich Gideon mit großen Schritten auf uns zukommen. Er hatte sich schon für die Arbeit umgezogen und trug in der einen Hand einen großen Becher Kaffee und in der anderen eine kleine schwarze Tüte. Wieder war er genau dann zur Stelle, wenn ich ihn am dringendsten brauchte.
»Entschuldige mich«, sagte ich zu meiner Mutter, ging auf Gideon zu und warf mich in seine Arme.
»Hey«, begrüßte er mich und drückte mir einen Kuss aufs Haar. »Wie geht es dir?«
»Es ist einfach schrecklich – und so sinnlos.« Meine Augen brannten. »Cary kann wirklich nicht noch mehr Katastrophen in seinem Leben gebrauchen, er hatte schon mehr als genug.«
»Genau wie du, und jetzt leidest du mit ihm.«
»Und du mit mir.« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, küsste ihn auf die Wange und trat einen Schritt zurück. »Danke.«
Er gab mir den Kaffee. »Ich habe dir ein paar Sachen mitgebracht: Kleider zum Wechseln, dein Handy, deinen Tablet und Waschzeug.«
Ich wusste, dass seine Aufmerksamkeit ihn teuer zu stehen kam – und das in ganz konkreten Zahlen. Nach einem freien Wochenende sollte er eigentlich einen Berg Arbeit beiseiteschaffen, der Millionen wert war, und nicht für mich in der Gegend herumrennen. »Gott, ich liebe dich.«
»Eva!« Der entsetzte Ausruf meiner Mutter ließ mich zusammenzucken. Ihre Maxime war, sich die Worte Ich liebe dich bis zur Hochzeitsnacht aufzuheben.
»Tut mir leid, Mom, aber ich kann nicht anders.«
Gideon strich mir über die Wange. Seine Fingerspitzen waren warm vom Kaffee.
»Gideon«, setzte meine Mutter an und trat zu uns, »Sie können Eva doch nicht einfach so entführen, ohne dass sie eine Möglichkeit hat, um Hilfe zu rufen. Gerade Sie müssten es doch besser wissen!«
Damit spielte sie eindeutig auf meine Vergangenheit an. Ich weiß nicht, warum sie dachte, ich wäre so zerbrechlich, dass ich nicht für mich selbst sorgen könnte. Sie war viel zerbrechlicher.
Ich warf Gideon einen mitfühlenden Blick zu.
Er hielt mir die Tüte hin, und sein ruhiger, selbstbewusster Blick zeigte mir, dass er meine Mutter problemlos würde bändigen können. Also überließ ich sie ihm. Ich selbst brauchte erst mal einen Schuss Koffein, bevor ich es wieder mit ihr aufnehmen konnte.
Ich schlich zurück in Carys Zimmer, aber er war bereits wach. Allein schon sein
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