Cruel World
musste. Was mich jedoch verunsicherte war nicht sein merkwürdiges Aussehen. Es war seine stocksteife Haltung. Er hatte das Kinn gereckt und starrte mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Ich war mir nicht sicher, ob es durch sein Alter kam, ob er nachdachte oder ob ich hier bei ihm unerwünscht war. Kannte dieser alte Mann mich überhaupt? Ich versuchte nicht zu schlecht zu denken und setzte daher ein aufrichtiges Lächeln auf. Hallo.
Guten Abend, mein Kind.
Seine Stimme klang ganz und gar nicht so streng, wie er aussah. Sie war weich und flüssig wie Honig. Das verblüffte mich ziemlich.
Was führt dich in unseren Wald? Hast du keine Angst?
Na ja... ich wollte meine Freundin, Teresha Spring, finden. Natürlich hatte ich Angst, weil es so dunkel ist, aber für sie habe ich es gerne getan.
Wir lächelten uns gegenseitig kurz an.
Du scheinst ziemlich mutig zu sein, Chalina-Anastasia Joy.
Jetzt konnte ich nicht anders als hörbar auszuatmen. W-Woher kennen Sie meinen Namen?
Ich bin derjenige, der die Fragen stellt. Obwohl er ruhig und freundlich klang, war die Drohung in seiner Stimme nicht zu überhören.
Unauffällig zog ich meinen Kopf ein. Bestimmt hatte Teresha ihm von mir erzählt.
Nun. Darf ich wissen, wie du uns gefunden hast, obwohl es so vielen Vampiren nie gelungen ist?
Ich hielt den Atem an und erstarrte augenblicklich. Wenn ich ihm sagte, dass mich der Teufel hierhergeführt hatte, würde er womöglich etwas Falsches über mich denken. Das musste ich unbedingt verhindern.
Darf ich außerdem wissen, weshalb du nach... Er rümpfte die Nase. ... Rauch stinkst?
Mein Herz fing an zu rasen, als Teresha plötzlich mit erschrockenem Gesichtsausdruck nach Luft schnappte, sich dann jedoch beide Hände schnell auf den Mund presste, um womöglich einen Aufschrei zu verhindern. Ich war mir sicher, dass sie nun die Wahrheit wusste und hoffte deshalb, dass sie ihren Mund hielt.
Ich habe bei dieser Dunkelheit nichts sehen können, also musste ich meinen Flammenwerfer betätigen. Ich hob ihn leicht an, doch das schien den Mann nicht zu beeindrucken.
Er nickte bloß ausdruckslos.
Dass ich euch gefunden habe muss reiner Zufall und pures Glück sein. Ehrlich, ich habe gehört, dass man normalerweise Wochen braucht, um diesen Wald lebendig einmal zu überqueren!
Da hast du wohl recht. Ich finde zwar, dass deine Ausrede ziemlich fatal ist, aber da du eine von uns bist, kann ich dich nicht einfach so wegschicken.
Wieder verstand ich nur Bahnhof. Wovon redete er denn da? Ich gehörte doch zu einem ganz anderen Clan. War ich außerdem solch eine schlechte Lügnerin?
Mit unverwandtem Blick starrte er mich an, sodass mir mulmig im Bauch wurde. Gegen meinen Willen fingen meine Füße an zu zappeln.
Teresha, bringe sie in dein Zelt. Dort soll sie verweilen. Morgen werden meine Söhne und ich entscheiden, wie lange sie hier bleiben kann.
Ich öffnete meinen Mund, um mich zu bedanken, aber er ließ mir keine Zeit dazu, weil er sich einfach umdrehte und hinter den Rittern verschwand, die danach ebenfalls fortgingen. Du hast wirklich Glück. sagte Wayne erleichtert So freundlich kennen wir ihn gar nicht.
Nun, meine Freundin ist eben etwas Besonderes.
Mir entging nicht der Blick, den Teresha und er austauschten. Verschwiegen die beiden mir etwas Wichtiges? Warum durfte ich es nicht erfahren? Wusste dieser alte Mann, dass ich Aaran Grants Ehefrau bin? Hatte er nur deshalb erlaubt, dass ich bleiben durfte?
Komm, Chalina. Teresha ergriff meine Hand und und dann betrat ich zum ersten mal die Lichtung. Das grelle Licht der Laternen der des großen Feuers in der Mitte ließ mich ein paar mal blinzeln. Meine Sicht wurde geblendet, weil ich mehrere Stunden in purer Dunkelheit gewesen bin. Aber das war nun endlich vorbei. Ich hatte Teresha gefunden und mich mit ihr vertragen. Morgen würde ich sowieso wieder gehen. Eine Besprechung war daher gar nicht nötig. Ich konnte nicht länger als eine Nacht bei diesem Clan bleiben, obwohl ich mich aus irgendeinem Grund so wohl fühlte, als wäre ich zuhause angekommen. Einige der jungen Personen hörten auf zu tanzen und schauten mich überrascht und verwirrt an. Ich war mir ganz sicher, dass sie mich kannten. Was mich jedoch wunderte war, dass die meisten mir zuwinkten – als wären wir uralte Freunde. Mein Blick glitt durch die Menge und an den Zelten vorbei und blieb an dem langen Tisch mit den Köstlichkeiten hängen, die von ein paar Personen gierig verschlungen wurden. Vor allem der Duft des
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