Cruel World
man ihnen kaum etwas zu Essen und aufgrund des Gestankes nahm ich an, die Anziehsachen wurden nur alle paar Monate oder sogar gar nicht gewechselt.
He, seid ihr blind? rief Aaran und er griff einfach meine Hand, um gemeinsam mit mir den Kerker zu betreten. In der Ferne sah ich ein grelles, immer wieder emporsteigendes Licht, das gleich darauf für einen Augenblick erlosch.
Ich nahm nur ganz vage wahr, wie meine Füße über den schmalen Weg schritten.
Euer König und eure Königin sind hier!
Mal wieder regte es mich furchtbar auf, diese unheimliche Kälte in seiner Stimme wahrnehmen zu müssen. War es wirklich so schwer für ihn ein bisschen freundlicher zu klingen? In den letzten zwei Monaten hatte er es doch auch so halbwegs hinbekommen.
Anata wa machigainaku kōei ni omoubekidearu. Ima hizamazuku mai mono wa tadachini shikei ni sa reru!
(Ihr solltet euch geehrt fühlen. Diejenigen, die jetzt nicht sofort niederknieen, werden mit dem Tod bestraft.)
Es wurde erschrocken nach Luft geschnappt, ehe plötzlich alle auf dem Boden niederknieeten.
Verwirrt sah ich mich um. Bis vor eben gerade hatten alle erstaunt und wütend ausgesehen, doch jetzt sah ich nur noch Ehrfurcht in ihren Augen. Was hatte Aaran gesagt? War es eine Drohung gewesen? Taten sie dies nur, weil sie Angst haben? Es wäre falsch seine Untertanen so für sich zu gewinnen. Aaran dachte aber bestimmt gar nicht daran freundlich zu sein. Er betrachtete die Gefangenen wie störende Insekten, die bloß beseitigt werden müssen. Wie lange saß man in solch einer Zelle? Bestimmt war es eine halbe Ewigkeit. Gab es keine Aufseher hier unten? Jemand musste den Kerker doch bewachen, denn schließlich könnte irgendeiner der Gefangenen es vielleicht eines Tages schaffen, aus seiner Zelle zu kommen. Wurde man dann nicht verfolgt, eingefangen und zurückgesperrt?
Ich versuchte mit aller Kraft nicht zu stolpern, was sich viel schwieriger gestaltete, als erwartet. Ständig gruben sich meine Füße in den Boden, der sie manchmal beinahe zu verschlingen schien. Lebten diese Steine etwa? Jedenfalls nahm ich wahr, wie sie sich bewegten - ganz langsam, aber trotzdem taten sie es. Diese Vibrierungen wirkten beruhigend zwar auf meinen Körper, aber ich klammerte mich trotzdem an Aarans Arm fest, dem das wohl zu gefallen schien. Seine Mundwinkel zuckten ein paar mal, bevor er mich an breit angrinste.
Fürchtest du dich?
Mir ist komisch. gab ich ehrlich zu und beschloss einfach nur geradeaus auf das grelle Licht zu schauen, das, wie ich erkennen konnte, glühend heißes Feuer war. Je näher wir kamen, desto mehr wurde mir bewusst, dass dieser Ort wirklich eine dritte Hölle sein musste.
Die grausamste Hölle war in der Unterwelt. Dort kamen diejenigen hin, die bei Luzifer nicht ihre bösen Taten auf der Welt bereuten. Mein Onkel erledigte bloß seine Aufgabe, doch Hades quälte die Bösen voller Leidenschaft. Irgendwie verdienten sie es auch.
Aaran ergriff plötzlich von hinen meine Taille und zog mich fest an sich.
Erst da wurde mir klar, dass ich beinahe in den tiefen Graben gefallen wäre, in dem sich heiße Lava befand. Auf der anderen Seite standen viele Wesen in jeweils fünf langen Schlangen. Bei jeder Schlange waren jeweils zwei Personen, die wie Ritter gekleidet waren. In ihren Händen hielten sie lange, spitze Speere und Schwerter. Diejenigen, die sich weigerten hinunterzuspringen, wurden erstochen und hineingeschubst. Mein Blick glitt zu einem Jungen, der in der zweiten Schlange von rechts stand und hinunter in die Tiefe starrte. Seine Augen waren panisch weit aufgerissen und sein Körper zitterte wie verrückt.
Es verschlug mir den Atem, als ich ihn erkannte. Dies war Kind, das gegen meinen Clan in der gestrigen Nacht mit den anderen Vampiren kämpfen wollte, bevor Chiron-Lee und Soo-Jung mich zu Aaran gebracht haben! Wieso war der Ärmste hier? Er war doch geflohen, weil er mir nichts antun wollte!
Den Jungen kenne ich. sagte ich erschrocken und riss mich von Aaran los, um ihm eine harte Ohrfeige zu geben. Du willst ein Kind töten lassen?
Er steht unter Kellys Bann! rief dieser empört und legte eine Hand auf seine errötete Wange, auf der sich zu meiner großen Überraschung tatsächlich ein Abdruck befand. Meine Kraft musste also enorm gestiegen sein. Das war fantastisch!
Er ist trotzdem nur ein Kind!
Woher willst du das wissen? Der Junge kann sogar mehrere tausend Jahre alt sein!
Nein. Entschlossen schüttelte ich meinen Kopf. Er ist ein Neugeborener. Ich habe
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