Crusie, Jennifer - Der Cinderella-Deal
haben Sie dann eine Wahl?«
Außerdem war Linc die Kontrolle darüber entglitten, Beruf und Privatleben voneinander zu trennen. Daisy redete auf ihn ein, dass er wie die anderen Professoren seine Studenten mit nach Hause bringen sollte. Nur um endlich die Diskussion zu beenden, gab er schließlich nach. Seitdem kamen regelmäßig Studenten von ihm vorbei und benutzten den Tisch im Esszimmer als Arbeitsplatz. Um zu überprüfen, ob Daisy Lust zum Backen gehabt hatte, inspizierten sie die Keksdose. Wenn nicht, backten sie selbst. Linc befürchtete, dass sie Daisy störten und ihr die Zeit zum Malen stahlen. Aber sie versicherte ihm, dass sie seine Studenten mochte und dass diese sich ihr und ihrer Arbeit gegenüber sehr respektvoll verhielten.
Olivia, eine der Studentinnen, sagte zu Linc: »Erst denkt man, es sind nur hübsche Bilder. Aber es stecken ganze Lebensgeschichten darin, wunderbare Geschichten von merkwürdigen Frauen, die etwas Starkes, Wichtiges und Gefährliches tun. Und sie sind immer wahr.« Kurz zögerte sie, dann fuhr sie fort: »Es ist Ihnen sicher schon aufgefallen, aber sie sind alle wie Daisy.«
»Ist mir nicht aufgefallen«, erwiderte Linc steif. Etwas an Daisys Bildern war so privat und persönlich, so intim, dass es ihm falsch vorkam, darüber mit einem seiner Studenten zu diskutieren. Olivia bedachte ihn mit einem traurigen Blick und ging zurück zum Tisch.
Eigentlich wusste er, was vor sich ging. Aber wie sehr sein Haus und seine Frau mittlerweile mit Prescott verwoben waren, realisierte er erst, als er eines Dienstagnachmittags Ende November wegen eines Telefonanrufs früher nach Hause kam.
Zuerst traf er Chickie, die gerade aus dem Haus trat.
»Hallo, mein Lieber.« Sie umarmte ihn und ging dann einen Schritt zur Seite, um ihn durch die Eingangstür zu lassen. »Daisy ist mit Lacey oben und streicht das Badezimmer.«
Etwas an Chickie war anders als sonst, aber er wusste nicht genau, was. Als sie zum Bürgersteig ging, blickte er ihr nach. Da merkte er, dass sie nicht schwankte. Sie war nicht betrunken. Zum ersten Mal sah er sie völlig nüchtern.
Verwundert schüttelte er den Kopf und betrat das Haus.
Zwei seiner Studenten, Olivia und Larry, brüteten am Esszimmertisch über ihren Notizen zum Zweiten Weltkrieg. Liz rekelte sich auf Olivias Schoß, während Annie gegen Larrys Stift kämpfte. Gerade wollte er Annie vom Tisch scheuchen, als Andrew, ein anderer Student, mit einer Schüssel aus der Küche kam.
»Entscheidet euch. Wollt ihr Nüsse in den Schokokeksen oder nicht?«
»Nüsse«, ertönte eine Stimme aus dem Wohnzimmer. Als Linc sich umdrehte, entdeckte er Tracy, eine weitere Studentin. Sie lag mit Jupiter, der sich auf den Rücken gerollt hatte, auf dem Sofa. Langsam strich sie über seinen Bauch, und Jupiter sah aus, als wäre er im siebten Himmel.
»Ihr werdet euch die Zähne ausbeißen.« Hinter Andrew kam Evan mit einem Apfel in der Hand aus der Küche. »Nussschalen. Das Risiko gibt es immer.«
Im Haus waren zu viele Menschen. Etwas panisch sah Linc sich um. »Ist Daisy da?«
»Mit Lacey oben im Badezimmer.« Olivia deutete zur Treppe hinüber. »Heute machen sie den Efeu fertig. Es sieht super aus.«
»Die Küche soll so gestrichen werden, dass das Bild eine optische Täuschung ergibt.« Tracy setzte sich auf. »Daisy hat gesagt, sie bringt es mir bei.«
»Hast du ihr neuestes Werk schon gesehen?«, fragte ihn Evan. »Es zeigt Sanger. Daisy hat echt was drauf. Natürlich wird es nie anerkannt werden. Ich habe versucht, eine Ausstellung in der Galerie für sie zu bekommen, aber Bill ist auf ein Jahr ausgebucht.« Er biss in den Apfel. »Bestimmt voller Chemikalien.« Damit verließ er das Haus.
Linc sah ihm nach, dann wandte er sich wieder an Tracy. »Hier sind ziemlich viele Leute. Ist das immer so?«
»Meistens.« Zu Jupiters großer Freude lehnte Tracy sich wieder zurück. »Darum nennen wir es hier den Bienenkorb.«
»Den Bienenkorb?«
»Kleines gelbes Haus, immer Betrieb. Wie im Bienenkorb.«
»Nichts mit Killerbienen?«, fragte Linc misstrauisch.
»Nein.« Larry sah von seinen Notizen auf. »Gibt es hier welche?«
»Nein.« Linc lief die Treppe hoch, um Daisy zu suchen.
»Du machst das viel besser als ich«, sagte sie gerade zu Lacey, als er beim Bad ankam.
»Das gefällt mir.« Zufrieden betrachtete Lacey die Wand. »Zeig mir, wie man noch andere Sachen malt.«
»Was zum Beispiel?« Daisy ließ ihren Pinsel einweichen. »Wir sind hier fast
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