Crusie, Jennifer - Der Cinderella-Deal
Leinwand hervor.
Du hast es geschafft, als du krank warst, dann kannst du es auch, wenn du gesund bist, sagte sie sich. Also begann sie, die Leinwand mit Kreide zu bearbeiten. Erst noch zögerlich, dann mit zunehmend großen, schwungvollen Linien wie beim ersten Porträt. Mit einem zehn Zentimeter breiten Pinsel verteilte sie große schwarze und blaue, graue und weiße Flecken auf dem Bild, unterteilte die Leinwand in Flächen aus Masse und Licht. Als es zu dämmern begann, wischte sie sich die Farbe von den Fingern und kroch wieder ins Bett.
»Wie geht es dir?«, fragte Linc, als sie gegen Mittag aufwachte. Er setzte sich zu ihr ans Bett, auf seinem Schoß balancierte er ein Tablett.
»Ich fühle mich gut.« Daisy lehnte sich vor. »Fühl mal.«
Als er ihr die Hand auf die Stirn legte und spürte, wie kühl ihre Haut war, fiel mit einem Schlag alle Anspannung von ihm ab. Er steckte Daisy das Thermometer in den Mund. »Wenn die Temperatur normal ist, bist du wieder gesund«, sagte er, und dann lachte er, weil an Daisy ja sonst nie etwas normal war.
Als er eine Minute später das Thermometer wieder wegnahm, fragte sie: »Das ist nicht etwa Suppe, oder?«
»Hühner-Nudel-Suppe. Das Beste zum Gesundwerden. Genau siebenunddreißig Grad. Brav, Magnolie.«
Daisy warf ihm einen störrischen Blick zu. »Ich will einen Hamburger. Mit Zwiebeln, Gurke, Senf und Tomate.«
»Einen Hamburger? Daize, ich glaube nicht, dass…«
Trotzig schob sie das Kinn vor. »Ich will Pommes. Ich will Zwiebelringe. Und eine riesengroße Cola. Ich will einen Schokoladenmilchshake und ein Eis mit heißer Karamellsoße.«
Linc fing an zu lachen. »Nein. Dann wirst du gleich wieder krank. Übertreib’s besser nicht gleich so. Ich besorge dir einen Burger und eine Cola, und während ich weg bin, isst du die Suppe.«
»Ich will keine Suppe«, beharrte Daisy und warf ihm einen finsteren Blick zu.
Als er weg war, schüttete sie die Hälfte der Suppe in die Toilette und spülte den Beweis für ihren Widerstand weg. Dann ging sie ins Atelier.
Dort starrte ihr die Skizze von Lincs Porträt entgegen. Es war gewaltig und schwermütig, ein Monument in Grau, Weiß und Schwarz. Es strahlte Stärke, Kälte und Selbstbewusstsein aus, genau wie der Linc, mit dem Daisy tagsüber zu tun hatte. Das Porträt würde großartig werden, das hatte sie vom ersten Moment an gewusst. Deswegen verstand sie nicht, warum es sie so schrecklich deprimierte. Du bist einfach noch geschwächt vom Fieber, sagte sie sich und ging wieder ins Bett, um auf ihren Burger zu warten.
»Hast du deine Suppe gegessen?«, fragte Linc, als er zurückkam, und sie erwiderte: »Nein, die hab ich ins Klo geschüttet.« Sie verschlang den Hamburger und spülte genüsslich mit der sprudelnden Cola nach. Dann gab sie Linc den leeren Pappbecher und sagte: »Jetzt fühle ich mich wieder wie ein richtiger Mensch.«
»Du warst immer schon ein richtiger Mensch. Bleib noch eine Weile im Bett. Du warst kränker als Mom und ich, also brauchst du auch länger, um gesund zu werden. Schlaf jetzt, damit du keinen Rückfall erleidest.«
Er wartete, bis sie gehorsam die Augen schloss und ihre Atmung ruhig und gleichmäßig wurde. Dann ging er nach unten, um sich um das Chaos zu kümmern, das während ihrer Krankheiten entstanden war. Es gab offene Rechnungen und unerledigte Gartenarbeiten, es musste geputzt werden, und in vier Tagen würden die Weihnachtsgäste eintrudeln.
Aber als er sich umsah, konnte er kein Chaos entdecken. Daisy hatte genau notiert, was sie während seiner Krankheit erledigt hatte. Sie hatte alle Rechnungen im Voraus bezahlt und seine Sachen in die Reinigung geschickt, sodass er sie nur noch abholen musste. Sie hatte Christbaumschmuck gebastelt, der nun in einer Schachtel auf der Anrichte stand, und Andrew mit der Gartenarbeit beauftragt. Aber als Linc bei Andrew anrief und fragte, was er ihm schuldete, weigerte er sich, auch nur einen Dollar anzunehmen.
»Wir sind alle zusammen rübergekommen und haben das erledigt, also waren wir im Handumdrehen fertig. Abgesehen davon würden wir kein Geld von Ihnen nehmen. Sie sind doch sozusagen unsere Familie. Wann können wir wiederkommen?«
»Morgen«, sagte Linc gerührt. »Ich besorge eine Tanne. Wir setzen Daisy aufs Sofa, damit sie uns herumkommandieren kann, und dann schmücken wir alle zusammen den Baum.«
»Super!«, rief Andrew. »Weihnachtsplätzchen und Eierlikör! Drei von uns sind noch hier. Wir fahren erst am
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