Crusie, Jennifer - Der Cinderella-Deal
Mutter. Dann fragte er sich: Was mache ich nur, wenn sie geht? Der Gedanke daran war so schrecklich, dass Linc sogar gemeinsam mit Daisy Tee trank, obwohl er das Zeug hasste.
Lincs Mutter wurde mit jedem Tag kräftiger, und sie redete nie wieder über diesen Abend. Aber sie lasen das Buch Hiob bis zum Ende durch, und Linc fühlte sich, als hätte sich in ihm ein dicker Knoten gelöst. Nach all den Jahren hätte es ihm eigentlich egal sein müssen, dass seine Mutter ihn liebte, ihn auch damals schon geliebt hatte und es bereute, dass sie ihm nicht mehr Zuneigung geschenkt hatte. Aber es war ihm trotzdem wichtig. Zum ersten Mal sah er sie als einen richtigen Menschen mit Fehlern und nicht nur als einen fordernden Schatten, der drohend über ihm und seinem Leben hing. Und als er zuließ, dass sie ihm wichtig wurde, fühlte er sich erleichtert.
Als sie am Wochenende aufbrach, sagte sie zum Abschied: »Pass auf Daisy auf. Sie tut dir so gut.«
»Mach ich.« Er gab ihr einen liebevollen Abschiedskuss auf die Wange. »Pass du auch auf dich auf. Wenn es dir wieder schlecht geht, kommen wir und holen dich ab. Bist du sicher, dass du nicht hier einziehen willst?«
»Ja, das bin ich.« Sie legte eine Hand auf seine Wange wie Daisy in dieser Woche wohl ein halbes Dutzend Mal. Noch eine Überraschung. »Und auf dich selbst musst du auch achtgeben. Du bist sehr blass.«
»Ich bin immer blass.« Noch einmal küsste er sie auf die Wange. »Fahr vorsichtig.«
Daisy seufzte vor Erleichterung, als Gertrude weg war. Sie mochte sie, aber eine Woche lang bei Linc zu schlafen war einfach zu nervenaufreibend. Es lag nicht nur daran, dass er diesen schönen, großen, kräftigen Körper hatte. Die Art von Körper, an dem man sich bei berauschendem Sex festhalten konnte. Sie hatte zwar noch nie berauschenden Sex gehabt, aber sie war sicher, dass sie mit Linc genau solchen Sex hätte. Nein, es war nicht nur sein Körper. Es lag daran, dass er Linc war, der sture, brillante, freundliche, unhöfliche Linc. Der Jupiter den Bauch kraulte, während er ein Baseballspiel im Fernsehen guckte, und ihm in den Werbepausen alberne Hundelieder vorsummte. Einmal hatte sie gehört, wie er gesungen hatte: »Daisy Blaise hatte einen doofen Hund/ Und der hieß Jupiter/Oh Ju-Ju-Jupiter/Ju-Ju-Jupiter/ Ju-Ju-Jupiter/So hieß der doofe Hund.« Als sie einen Blick ins Wohnzimmer geworfen hatte, hatte Jupiter auf dem Rücken auf Lincs Schoß gelegen, die Beine faul in alle vier Himmelsrichtungen ausgestreckt, während Linc ihm den Bauch gekrault hatte. Sie hatten so lächerlich ausgesehen. Und sie hatte die beiden so sehr geliebt, dass ihr die Tränen in die Augen geschossen waren.
Linc war so vielschichtig und hatte außerdem einen unglaublichen Körper. Sie musste unbedingt raus aus seinem Bett. Außerdem schlief sie dort nicht gut. Die letzte Woche war hart gewesen. Sie hatte sich um Gertrude gesorgt und versucht, das ständig präsente Verlangen nach Linc zu unterdrücken. Seine Gegenwart - insbesondere nachts - hatte nicht gerade zu ihrem Seelenfrieden beigetragen. Nun, wenigstens war das jetzt vorbei, und sie konnten wieder zum Alltag zurückkehren. Entschlossen ging sie ins Esszimmer, wo Linc am Tisch saß.
»Was machst du hier? Hast du Hunger?«, fragte sie. Als er ihr sein blasses Gesicht zuwandte, sah sie den fiebrigen Schleier über seinen Augen. Schnell legte sie ihm die Hand auf die Stirn. Sein Kopf war glühend heiß.
Na toll. »Du hast die Grippe. Ab ins Bett mit dir. Ich rufe Evan an, er kann für dich die Aufsicht bei den Prüfungen übernehmen.«
»Es geht mir gut«, protestierte er, aber Daisy sagte: »Nein, das hier ist ansteckend. Du bleibst zu Hause. Geh jetzt nach oben.«
Daisy war nicht sicher, ob es Linc schlechter ging als Gertrude oder ob er das Kranksein so sehr hasste, dass er nur kränker wirkte. Sie brachte ihm Bücher, Tee und Suppe, das Radio und den Fernseher, aber er warf sich immer noch fiebrig hin und her, bis sie zu ihm ins Schlafzimmer kam. Sie las ihm aus seinen Geschichtsbüchern vor, und ihre Stimme schien ihn zu beruhigen. Die Worte lenkten ihn von seinen Schmerzen ab, bis es ihm schließlich so schlecht ging, dass auch das nicht mehr half.
Sein Fieber stieg weiter, und eines Nachts wachte Daisy auf und sah ihn wie betäubt im Flur stehen.
»Was machst du hier?«, schimpfte sie mit ihm. »Geh sofort zurück ins Bett!«
»Ich dachte, es ist Mitternacht.«
»Es ist halb vier, und selbst wenn Mitternacht
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