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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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mich auch nicht gerade auf.«
    »Wie lange sind Sie schon weg von hier?«
    »Seit Jahren, acht, um genau zu sein.«
    »Aber Sie haben noch Verwandte hier?«
    »Oh ja. Eingefleischte Wind Gapianer. Ich glaube, so nennen sie sich.«
    »Danke für die Aufklärung. Ich möchte die netten Menschen ungern noch mehr vor den Kopf stoßen. Ihrer Familie gefällt es also hier?«
    »Hm. Sie würde im Traum nicht daran denken, von hier wegzuziehen. Die ganzen Freunde, das schöne Haus und so weiter und so fort.«
    »Sind Ihre Eltern beide hier geboren?«
    Ein paar Männer, die ich von früher kannte, ließen sich in einer benachbarten Nische nieder, jeder mit einem überschwappenden Bierkrug bewaffnet. Hoffentlich entdeckten sie mich nicht.
    »Meine Mom schon. Mein Stiefvater stammt aus Tennessee. Er ist hergezogen, als sie geheiratet haben.«
    »Wann war das?«
    »Vor fast dreißig Jahren.« Ich gab mir Mühe, ihn beim Trinken nicht zu überholen.
    »Und Ihr Vater?«
    Ich lächelte nachdrücklich. »Sind Sie in Kansas City aufgewachsen?«
    »Ja. Würde nie von dort wegziehen. Die ganzen Freunde, das schöne Haus und so weiter und so fort.«
    »Und bei der Polizei zu arbeiten … gefällt Ihnen das?«
    »Ich habe viel zu tun. Genug, damit kein Vickery aus mir wird. Letztes Jahr hatte ich einige aufsehenerregende Fälle, meistens Mordfälle. Und einen Serientäter, der Frauen überfiel.«
    »Und vergewaltigte?«
    »Nein. Er setzte sich auf sie, griff ihnen in den Mund und zerfetzte ihnen die Kehle.«
    »Mein Gott.«
    »Wir haben ihn gefasst. Bekam dreißig Jahre. Ein Schnapshändler in mittleren Jahren, der bei seiner Mutter wohnte und noch Gewebereste von der letzten Frau unter den Fingernägeln hatte.
Zehn
Tage nach dem Überfall.«
    Mir war nicht klar, was ihn mehr störte: die Blödheit oder die mangelnde Hygiene des Täters.
    »Verstehe.«
    »Und jetzt bin ich hier. Kleinere Stadt, größeres Testgelände. Als Vickery anrief, war es noch kein bedeutender Fall. Also schickten sie ein mittelgroßes Licht in die Wildnis. Mich.« Er lächelte beinahe schüchtern. »Dann wurde eine Mordserie draus. Fürs Erste darf ich den Fall behalten – vorausgesetzt, ich baue keinen Mist.«
    Das kam mir bekannt vor.
    »Schon seltsam, wenn ein so grauenhafter Fall die große Chance bedeutet«, fuhr er fort. »Aber das wissen Sie sicher selbst – worüber berichten Sie denn so in Chicago?«
    »Ich bin Kriminalreporterin, daher habe ich mit ähnlichem Kram wie Sie zu tun: Missbrauch, Vergewaltigung, Mord.« Er sollte ruhig wissen, dass auch ich mit Horrorgeschichten aufwarten konnte. Blöd, aber ich konnte nicht anders. »Letzten Monat hatten wir einen Zweiundachtzigjährigen. Sein Sohn hatte ihn getötet und wollte ihn in einer Badewanne voll Abflussreiniger auflösen. Hat gestanden, konnte aber keinen Grund für die Tat angeben.«
    Ich bedauerte, das Wort
Kram
verwendet zu haben, um Missbrauch, Vergewaltigung und Mord zu beschreiben. Es war respektlos.
    »Hört sich an, als hätten wir beide schon einige hässliche Dinge erlebt«, sagte Richard.
    »Ja.« Ich ließ meinen Whisky im Glas kreisen.
    »Tut mir leid.«
    »Mir auch.«
    Er musterte mich eingehend. Der Barkeeper dämpfte die Beleuchtung, womit offiziell der Abend eingeläutet wurde.
    »Wir könnten mal ins Kino gehen.« Er klang versöhnlich, als würde ein Abend im örtlichen Filmpalast mein ganzes Leben in Ordnung bringen.
    »Vielleicht.« Ich trank aus. »Ich muss jetzt nach Hause.«
    »War nett, mit Ihnen zu reden, Camille. Soll ich Sie zum Wagen bringen?«
    »Nein, danke.«
    »Können Sie wirklich noch fahren? Ich frage nicht als Polizist, Ehrenwort.«
    »Alles bestens.«
    »Okay. Träumen Sie was Schönes.«
    »Sie auch. Und nächstes Mal will ich einen offiziellen Kommentar.«
     
    Alan, Adora und Amma hatten sich bei meiner Rückkehr im Wohnzimmer versammelt. Ich war verblüfft, es sah aus wie früher mit Marian. Amma und meine Mutter saßen auf der Couch. Sie hatte den Arm um Amma gelegt, die trotz der Hitze ein wollenes Nachthemd trug, und hielt ihr einen Eiswürfel an den Mund. Meine Halbschwester schaute mich leer und zufrieden an und spielte an einem glänzenden Mahagonitischchen herum, einer exakten Kopie des Esstischs im Nebenzimmer, die aber nur zehn Zentimeter hoch war.
    »Keine Sorge«, sagte Alan und blickte von seiner Zeitung auf. »Amma fröstelt nur ein bisschen.«
    Zuerst war ich besorgt, dann ärgerlich. Ich war nämlich kurz davor, in die alte Routine zu

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