Cry - Meine Rache Ist Dein Tod
setzt sie die Bullen gleich auf dich an.
Scheiße,
dachte er. Ganz gleich, was er tat, er war am Arsch.
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8.
D ie Zeit läuft davon.
Und es gibt noch so viel zu tun.
So viele Rituale … so wenig Zeit.
Trotzdem durfte er nichts überstürzen. O nein.
Noch immer völlig überreizt und schweißüberströmt, stellte der Retter seinen Pick-up an einer Stelle im Dickicht ab, die er von Gestrüpp und Kreuzdorn befreit hatte, und holte sein Werkzeug von der Ladefläche. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass nichts Verdächtiges bei seinem Fahrzeug zurückblieb, schloss er es ab und lief dann den Hang hinauf bis zu der Kuppe, wo unter Bäumen versteckt seine Hütte stand. Der kühle Nachtwind streifte seine erhitzte Haut. Sein Puls raste, und er glaubte das Blut noch zu riechen, während er den unkrautüberwucherten Weg entlanglief.
Natürlich hatte er auch eine Wohnung in der Stadt, aber hier in den Wäldern war er zu Hause, hier hatte die Stimme Gottes ihn gefunden, dies war der einzige Ort, an dem er gewiss sein konnte, dass Gottvater sich ihm mitteilte.
Drinnen legte er den Riegel vor, überprüfte, ob die Fensterläden ordentlich verschlossen waren, und zog sich dann aus. Er warf sämtliche Kleidungsstücke in die uralte Waschmaschine, stellte seine Stiefel in die Spüle aus rostfreiem Stahl und wusch mit der Brause das Blut ab. Als er fertig war, gab er Bleichmittel in die Waschmaschine und schaltete sie ein. Auch die Spüle reinigte er mit einem chlorhaltigen Mittel. Zwar war er der Meinung, seine Spuren gründlich verwischt zu haben, aber man konnte nie vorsichtig genug sein. Kein Plan war jemals narrensicher; die Bullen waren schließlich nicht auf den Kopf gefallen.
Vertrau auf die Stimme. Glaube an sie.
Zweifle nicht.
Niemals darfst du zweifeln.
Noch immer im Hochgefühl seiner Tat, durchlebte er den Mord wieder und wieder.
Er hatte gewusst, dass Cole Dennis den Köder schlucken würde.
Wie auf Kommando war der Mistkerl in Renners Haus aufgetaucht und hatte die Leiche gefunden.
Der Retter war nicht so dumm gewesen, auf ihn zu warten, so gern er die Szene auch mitangesehen hätte. Das wäre zu riskant gewesen, und die Stimme hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er verschwinden sollte, sobald er sein Werk vollendet hatte. Immerhin hatte er auf der Rückfahrt in seinem Pick-up den Polizeifunk eingestellt und sich angehört, was die Polizei unternahm.
Die weitere Ausführung seines Plans war nur noch eine Sache von Tagen – die Stimme hatte den Retter wissen lassen, dass seine Mission zügig ausgeführt werden sollte. Und Eve würde der Höhepunkt sein.
Er malte sich aus, was er mit ihr anstellen würde.
Er würde sie für all ihre Sünden bestrafen.
In freudiger Erwartung rieb er sich die Hände.
Er würde sie nackt ausziehen.
Würde ihren Körper nehmen, den sie so gern herzeigte, und alles damit tun, wovon er träumte …
Jetzt, nachdem er das Feuer angezündet hatte, breitete er eine Plastikplane vor dem Kamin aus, holte einen freistehenden, mannshohen Spiegel aus dem Schlafzimmer und stellte ihn am Rand der Plane so auf, dass er darin das Feuer und den Spiegel über dem Kamin sah. Dann holte er seine »Ausrüstung« aus der untersten Schublade eines alten Schranks und legte die Werkzeuge auf dem Kaminsims bereit. Als sein Altar vorbereitet war, eilte er ins Bad, das nicht mehr war als eine Waschnische, drehte die Dusche auf und stellte sich unter den Strahl. Eisiges Wasser prasselte auf ihn nieder. Er wusch all den Schmutz und den Schweiß mit Industrieseife ab, rieb sich am ganzen Körper damit ein, auch die Haare, das Gesicht, die Hände und die Genitalien. Nachdem er den Schaum abgewaschen hatte, stieg er aus der Dusche auf den kalten Steinboden und ging barfuß, tropfnass und mit Gänsehaut hinüber in den vom Feuerschein beleuchteten, spartanisch eingerichteten Wohnbereich.
Er zündete die Kerzen an, die er auf dem jahrhundertealten Kaminsims aufgestellt hatte. Unparfümierte Votivkerzen, spitz zulaufende und Stumpenkerzen, allesamt jungfräulich weiß, flammten flackernd auf und wurden vielfach von dem leicht gekippten Spiegel reflektiert.
An einem Haken über dem Kaminsims hing sein Rosenkranz, dessen Perlen im Kerzenlicht funkelten.
Mit zärtlicher Geste nahm er die Gebetskette vom Haken. Er ließ die kühlen, blutroten Perlen durch seine Hände gleiten, schloss die Augen und kniete nieder. In dem vertrauten Ritual fand er etwas von seinem inneren
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