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Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
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mich aufnimmt …«

(36)
    DAS GEHEIMNIS DER ALTEN TONNE
    »Aber, aber, sehe ich da etwa Tränen?«, fragte Prochor der Zweite, der gerade mit einem Bärenjungen auf dem Arm durch die Tür trat. Hinter seinem breiten Rücken spähten Anna und die verschmitzten Gesichter von ihren beiden Töchtern hervor.
    Nadja sprang von Kowals Schoß auf, wischte sich die Augen ab und bot den ersten Gästen hastig Stühle an.
    Artur fühlte sich ein wenig benommen und begriff nicht auf Anhieb, was ihm da mit heißer Zunge die Nase abschleckte.
    »Den ziehst du auf«, teilte ihm Prochor bedeutungsvoll mit. »Wenn du nicht klarkommst, soll Anna die Vierte dir helfen. Der Kräftigste aus dem Wurf sollte aber eigentlich auch der Schlaueste sein. He, Schwert, hörst du mir überhaupt zu?«
    »Ja, Lehrer …«, antwortete Kowal, der nun erst mal die Pfoten des Bären betastete und dem Tier fest in die Augen sah. »Ich danke dir, das ist ein teures Geschenk!«
    Anna die Zweite hatte ihm etwas noch Wertvolleres mitgebracht: eine ganze Sammlung Heilkräuter, als Ersatz für die, die Artur zusammen mit dem Hengst auf dem Markt in Moskau eingebüßt hatte. In den zahllosen Taschen eines Ledergürtels waren in Fläschchen und kleinen Säckchen Schätze verborgen, für die jeder Zauberer von den Seen wenn nicht seine Hand, so doch mindestens die Hälfte seiner Zähne hergegeben hätte. Anna verfügte nämlich über eine Gabe, die sie grundsätzlich von diesen schlichten Zauberern unterschied: Sie spürte aus weiter Ferne, wo eine Pflanze wuchs, brauchte also nicht mühevoll nach ihnen zu suchen. Ihre beiden Töchter, Anna die Dritte und Anna die Vierte, hatten ein gemeinsames Geschenk vorbereitet. Für Mädchen im Teeniealter hatten sie eine etwas seltsame Wahl getroffen, aber beide hatten sich alle Mühe gegeben – und hielten ihm nun einen Sack hin, in dem ein Bienenschwarm summte.
    »Das sind Soldaten!«, erklärte Anna die Vierte stolz. »Du musst sie füttern, dann werden sie dich verteidigen. Du selbst kannst ja immer noch keine Biene zähmen …« Diese Bemerkung trug ihr prompt eine Ohrfeige ihrer Mutter ein.
    Als Ismail eintraf, legte er ein längliches ölverschmiertes Bündel auf den Tisch. Sämtliche Anwesenden rümpften die Nase. Kowal begriff auf Anhieb, dass es sich um eine Schusswaffe handelte. Geschenke dieser Art machten die Wipper normalerweise nicht, im Gegenteil, versuchten sie doch, diese Art von Spielzeug aus vergangenen Zeiten zu meiden. Artur wickelte es aus und stieß einen überraschten Aufschrei aus. Eine Nikonow, die er nicht kannte, eine MP aus dem Jahr 2020, mit Kevlar-Kolben, Laseroptik und einem gebläuten Schalldämpfer am beweglichen Lauf. Dazu vier Doppelmagazine mit Patronen. Die Waffe schwamm buchstäblich in Schmieröl.
    »Du kannst ja nicht nur mit Bienen nicht umgehen«, erklärte Ismail beiläufig und zupfte sich den Bart, »sondern bist auch ein jämmerlicher Schütze …«
    Daraufhin brach ein solches Gelächter los, dass das Geschirr auf dem Tisch zu hopsen anfing, sich das Bärenjunge panisch unter der Bank versteckte und in der kleinen Scheune die Hunde aufwachten und losknurrten.
    »Vielen Dank, Lehrer!«
    »Heute bin ich nicht dein Lehrer«, erwiderte Ismail, ohne seine Zufriedenheit verbergen zu können.
    Berder kam mit seiner Frau Katherina und brachte ein weiteres Relikt aus vergangenen Jahrhunderten mit, eine Schleifmaschine für Messer. Der kleine Semjon schleppte einen gewaltigen Sack mit Angorawolle an, die er bei den Wippern im Süden eingetauscht hatte. Die Herrin der Geburten und erste Hebamme Mam Klawdija präsentierte zwei Paar Fellstiefel, die von einer absolut frappierenden Wasserundurchlässigkeit waren. Dann kamen ihre Nachbarn, die Kenner der Dunklen Male Matwej und Alina, mit einem nagelneuen Fischnetz. Als Letzter tauchte ein weiterer Peiniger Arturs auf, der einäugige Boris, seines Zeichens Hüter der Felder. Er hatte seine drei Söhne damit beauftragt, die Ernte einzubringen, wagte es aber selbst nicht, die neue Tradition zu brechen und der Feier fernzubleiben.
    Mam Klawdija kam aus Altersgründen das Recht zu, den ersten Toast auszusprechen. Diese Menschen haben erst durch mich Feiertage kennengelernt, schoss es Artur durch den Kopf. Bestimmt dauert es jetzt nicht mehr lange, dann wird der Ruf nach Volksfesten laut. Oder nach einem geschmückten Tannenbaum!
    »Ich bin keine große Rednerin!«, setzte Mam Klawdija nun an und kratzte sich die Bartstoppeln am Kinn. Unter

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