Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)
die Straße. Von den aufgestellten Rüsseln tropfte grüner Sirup. Beide Kreaturen schienen die Absicht zu haben, zu niesen. Arturs Pferd zuckte und wieherte außer sich vor Panik los.
In diesem Moment fiel Artur etwas ein, und er wechselte das Magazin, um Brandgeschosse abzufeuern. Das bärtige Gras am Wegrand ging prompt wie Pulver in die Luft. Vorsichtshalber überzog er einen großen Kreis um sich herum mit einer Salve. Weil das Pferd inzwischen jedoch überhaupt nicht mehr auf ihn hörte, musste Artur abspringen und es buchstäblich hinter sich herziehen. Tschakka fauchte wie hundert wütende Katzen und stürzte sich auf die nächste Raupe. Obwohl Artur dem Biest bereits den halben Rumpf versengt hatte, bewegte es sich dennoch mit enormer Schnelligkeit weiter. Der Fleder schlug zweimal aus der Luft mit dem Schwanz auf es ein – und verfehlte zweimal sein Ziel. Der Wurm floh, ohne den Kampf aufzunehmen.
Als Artur das Hindernis endlich hinter sich gebracht hatte, saß er wieder auf. Vier Raupen erwarteten ihn bereits auf dem Asphalt, weitere lauerten im schmauchenden Gras. Tschakka gab ihm Rückendeckung und setzte dem Feind hinter dem Lkw zu. Den Schreien nach zu urteilen, behielt der tapfere Vampir noch die Oberhand.
»Der Kampf Tier versus Terminator ist eröffnet!«, sagte Artur dem Pferd und schlitzte den Sack mit den Bienen auf. »Und wie gut, dass ich in diesem Fall gleich beides auf meiner Seite habe …«
Der Bienenschwarm hing in einer schwebenden Wolke über seiner ausgestreckten Hand.
»Vorwärts, Freunde!«, schrie Artur und tauschte die MP gegen die alte Remington.
Die treue Waffe rettete ihm das Leben. Der Wurm, der ihm am nächsten war, setzte schon an, ihn anzuspucken, als die Ladung groben Schrots ihn in blutige Fetzen verwandelte. Während Artur die Waffe hastig für den nächsten Schuss vorbereitete, richtete er den rauchenden Lauf bereits auf die gegenüberliegende Seite. Dort ragten im Gras fast wie Königskobras vor dem Sprung zwei dieser Monster auf. Jetzt gingen sie zum Angriff über. Die Chitonplatten an ihren Visagen waren aufgestellt. Artur sah die mit Spucke überzogene Netzmembran des Mundes fast unmittelbar vor sich. Zwei Paar kurzer zitternder Fühler ragten seitlich aus ihnen heraus. Endlich ratterte die Schrotflinte wieder los. Der Rückstoß trieb sogar das Pferd nach hinten. Beide Raupen wurden enthauptet. Ein weiteres Biest spuckte ihn aus den Sträuchern heraus an – aber da hatte er sein Pferd bereits angetrieben, sodass er dem Frontalangriff gerade noch entkam.
Die Bienen hielten sich fabelhaft. Die kühne Armee aus Leckermäulern säuberte die Gegend binnen sechs Sekunden, selbst wenn dabei ein Drittel der Soldaten sein Leben lassen musste. Kowal dachte lieber nicht darüber nach, wie viele Raupen noch das Bedürfnis hatten, ihn kennenzulernen, und peitschte mit aller Kraft auf das Pferd ein. Das brauchte jedoch keine spezielle Aufforderung. Eine Minute später hatten sie diese teuflische Schlangenfarm schon weit hinter sich gelassen. Der Rest der Bienenarmee holte ihn ein, als er bereits die ersten normalen Bäume vor sich sah. Der Fleder kehrte nicht zurück.
Er gönnte seinem gemarterten Pferd eine Rast und wartete zwanzig Minuten auf Tschakka. Der Wind trug aus dem Wald die kühle Luft und die Gerüche von Feuern in der Ferne heran. Von der verseuchten Wüste her zog ihnen jedoch eine dicke Nebelwolke nach.
»Trotzdem war es richtig, dass wir auf den Umweg verzichtet haben, oder nicht?«, fragte Kowal sein Pferd.
Das Tier richtete seine blutunterlaufenen Augen auf ihn. Die mächtigen Rippen hoben und senkten sich unter seiner Haut, von der Schnauze troff Schaum.
»Aber sicher. Denn sonst wären wir womöglich zu den Seen gekommen«, fuhr Artur fort. »Und da leben Zauberer, mit denen wir uns nun echt nicht hätten anlegen dürfen. Aber hier … Gut, eine halbe Stunde haben wir gezittert und uns vor Angst beinahe in die Hosen gepisst – aber dafür sind wir jetzt fast zu Hause. Stimmt doch, oder?«
(38)
DER ENTTÄUSCHTE PILGER
Artur stahl sich im Dunkeln an der Achten Division vorbei. Dafür musste er einen gewaltigen Haken über Pawlowsk im Süden Piters schlagen, weil die alten Straßen endgültig untauglich geworden waren. Während er Feldwegen folgte, verirrte er sich dreimal auf private Cowboyranches. Jedes Mal empfing ihn wütendes Hundegebell, einmal schoss man sogar auf ihn. Dass ihn hier irgendwer über Nacht aufnehmen würde, konnte er sich
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