Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

der dritte Mann die Waffen nach. Dann wechselten sie die Position. Alle drei waren bereits verwundet, im Kettenhemd des Handelsministers steckten zwei Pfeile, die Schulter war blutgetränkt, aber all das schien er nicht zu bemerken. Charly schoss präzise und bewegte sich für seine Körpermasse erstaunlich fix. An den Trittbrettern des Waggons stapelten sich Leichen. Die überlebenden Wilden krochen flink davon. Die Passagiere, die den Waggon nach Luft ringend verlassen hatten, lagen ebenfalls tot am Boden.
    »Wir verbrennen!«, versuchte Artur die hinter ihm fauchenden Flammen zu überschreien. »Wir müssen die Leute hier rausbringen!«
    »Nein!«, sagte Charly, löste die Sehne, warf die Armbrust dem Nachlader zu und ging in Deckung. Direkt über seinem Helm knallte ein feindlicher Pfeil gegen den Waggon. »Darauf warten die doch nur! Damit sie Gefangene machen können! Die Fracht reizt sie nicht … Na endlich! Die Jungs von Mam Kate! Die werden denen schon einheizen!«
    Daraufhin quetschte sich Kowal neben ihm an die Tür und spähte hinaus: Das darf doch nicht wahr sein!, schoss es ihm durch den Kopf.
    Die Drachen beschrieben über der Karawane Achten, stiegen immer höher und setzten dann wie echte Jagdbomber zum Sturzflug an. Zwei Schuppentiere rissen ein angeschirrtes Pferd in Stücke. Einige andere Tiere verbrannten bei lebendigem Leibe, da sie nicht stark genug waren, die Kettennetze abzuschütteln und davonzusprengen. Entlang der Wagen säumte ein Wall aus toten Wilden den Wegrand. Die überlebenden Feinde flüchteten in den Sumpf, gaben nur noch vereinzelte Schüsse auf die Verteidiger der Karawane ab.
    Zwischen den brennenden Baumstämmen flitzte eine kleine Figur mit zwei Raketenwerfern auf den Schultern umher. Der Feind hatte seine Raketen zwar verschossen, die Haubitze zog er jedoch immer weiter heran. Selbst jetzt war der Trupp aus Pferden und Wilden aber noch zu weit entfernt, als dass Arinas Soldaten ihn hätten angreifen können, denn unter ihnen gab es keine Scharfschützen. Die kleine Kanone gab nun einen dritten Schuss ab. Als hätten sie nur auf dieses Signal gewartet, fiel nun tatsächlich die von Charly bejubelte Reserve den Wilden in den Rücken. Arina hatte die Männer von Mam Kate gleich nach der ersten Salve des Granatwerfers in den Wald geschickt, ohne dass der Feind es mitbekommen hätte. Von diesem Hinterhalt übertölpelt, rissen die Wilden die Pferde herum. Die Haubitze half ihnen in dieser Situation allerdings auch nicht mehr, denn schon tobte ein Gemetzel, das den Lehmfratzen jede Lust nahm, weiter die Wagen zu beschießen …
    Der Einheit von Mam Kate gehörten höchstens zwanzig Männer an – doch die kämpften wie die Teufel, indem sie auf eine bewährte Taktik zurückgriffen: Die ersten fünf schossen mit Schrotflinten und warfen sich danach sofort zu Boden, die nächste Gruppe rückte nach und setzte den Beschuss fort …
    Die Wilden fielen um wie Dominosteine. Ihre Lage hätte kaum miserabler sein können. Sobald sie sich vom Weg zurückzogen, liefen sie Gefahr, ins Feuer der Drachen zu geraten. Sie hatten zwar Gewehre, aber nicht genug. Eines der Pferde, die die Haubitze zogen, trabte in eine Grube. Ihm wurde sofort mit Messern der Todesstoß gegeben. Der Lauf der Kanone ragte für den Bruchteil einer Sekunde zum Himmel hoch, dann kippte das Ding langsam zur Seite.
    »Und raus!«, befahl Charly. »Mücke, du übernimmst die Mütter! Sie müssen als Erste aus dem Waggon. Bring alle zu dem Wagen mit dem Stahl, der ist groß genug! Keeper, lös Elch ab! Was ist los, Keeper?! Bist du taub?! Du sollst die Geldkiste bewachen!«
    Als Artur sich zu dem schweigenden Keeper umdrehte, stellten sich ihm prompt die Nackenhaare auf.

(12)
    ÜBER DEN NUTZEN DER FLUGABWEHR
    Der massige Mücke war noch nicht davongeeilt, als Keeper von seinem Schicksal eingeholt wurde.
    »Achtung!«, brüllte Artur, aber da war es schon zu spät.
    An der linken Wagentür war ein schwarzer Schatten aufgetaucht. Ein zwei Meter langer Drache hatte seine bekrallte Pfote in den Türpfosten gerammt und den monströsen Kopf in den Waggon geschoben. Riesige Glubschaugen glotzten sie an. Der Bodyguard wich zurück und griff nach seinem Messer. Diese Bewegung rettete allen anderen das Leben. Als der Drache daraufhin den Mund aufriss, blickte Kowal auf zwei verhornte Extranüstern unter der Oberlippe, die wie Miniraketen aussahen.
    Kaum hatte Keeper das Messer geworfen, galt ihm die uneingeschränkte