Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)
Aufmerksamkeit des Schuppentiers. Mit einem Schlag der zweiten Hühnerpfote holte das Vieh den Mann von den Beinen, konnte jedoch nicht verhindern, dass das Messer zitternd in seinem Bauch stecken blieb. Keeper schrie wie am Spieß, Charly ließ die Armbrust fallen und zog den Revolver aus seinem Gürtelhalfter. Auf den Schwanz und die zweite Pfote gestützt schlug der Drache von außen mit den Flügeln auf den Waggon ein und schleifte den Bodyguard wie eine Lumpenpuppe über den Boden. Aus Keepers Schulter spritzte Blut, und seine Augen brachen. Irgendwann klaubte der Drache ihn auf und schleuderte ihn Rokotow vor die Brust. Dieser stürzte und wurde unter seinem Bodyguard begraben.
Fauchend schwang der Drache die Pfote – in der er Keepers Arm hielt. Kowal umfasste mit beiden Händen seine Pistole, stemmte sich mit dem Rücken gegen die glühende Wand und feuerte sechsmal direkt in das aufgerissene Maul hinein.
»Du machst Fortschritte, Kumpel!«, gab Charly schwer atmend von sich. »Dieses Monstrum! Es hat Keeper getötet!«
Für den Soldaten kam jede Hilfe zu spät: Er lag reglos mit gebrochenem Genick da. Der tote Drache wurde zusammen mit Keepers Arm aus dem Wagen katapultiert. Doch noch ehe er auf dem Boden aufschlug, explodierte der grüne Rumpf dieses Mistviechs. Kowal musste den Brennstofftank in seinem Körper getroffen haben. Als Artur ihm nachsprang, pfiff sofort ein Pfeil an seinem Ohr vorbei. Er schmiss sich auf den Boden und suchte hinter einem Rad Deckung. Zu seinem Glück standen nur die Räder auf der anderen Seite des Wagens in Flammen. Mücke und Elch halfen den hustenden und würgenden Passagieren derweil durch die Luke im Boden hinaus ins Freie. Sie brachten sich im Gänsemarsch in dem Waggon mit den Stahlrohlingen in Sicherheit. Artur dagegen unternahm einen kleinen Spaziergang in die entgegengesetzte Richtung …
»Hiergeblieben, Freundchen!«, verlangte Rokotow, der ihm nachgekrochen war und ihn mit seiner Pranke am Kragen packte. »Sonst wirst du in Stücke gerissen!«
»Und wenn schon!«, spie Kowal aus. »Schick die Männer endlich zur Flak! Wir müssen die Drachen verjagen!«
»Das geht nicht!«, stöhnte Charly. »Sie haben Angst! Und wenn du stirbst, ertränkt mich Pap Rubens in der Newa!«
Artur wäre beinahe in schallendes Gelächter ausgebrochen. Was für Worte! Wie konnte Rubens’ Zorn Rokotow selbst in dieser Situation noch Angst einjagen?! Schon im nächsten Moment allerdings wäre der Handelsminister auch ohne Rubens’ tätige Mithilfe beinah ein toter Mann gewesen … Die beiden sahen sich kurz an und robbten wortlos aus der Schusslinie, um sich unter dem qualmenden Waggon der Wachen zu verstecken. Dieser war zwar fast ausgebrannt, das Fahrgestell jedoch noch wie durch ein Wunder intakt. Artur zog die um seinen Hals baumelnde Gasmaske über. Er rechnete jede Sekunde mit einem Angriff der Wilden oder der Drachen.
Nachdem er sich zu den hinteren Rädern vorgearbeitet hatte, sah er die durchlöcherte Schnauze des Urals unmittelbar vor sich. Der vorgespannte Traktor stand mit erhobener Schaufel etwas abseits vom Wegrand. Der Motor lief noch, und beide Männer in der Kabine waren am Leben, hatten aber keine Patronen mehr. Kaum dass der Fahrer die Tür öffnete, kam aus dem Sumpf ein Pfeil geflogen und prallte gegen die Verkleidung.
Der Traktorist warf dem Handelsminister einen entsetzten Blick zu und zog sich wieder in seine Kabine zurück. Sobald Kowal den Traktor hinter sich gelassen hatte, verstand er auch, was diesen am Weiterfahren hinderte: Die Wilden hatten über eines der hinteren Räder eine Art Fischernetz mit langen Haken geworfen. Dennoch mähte der MG -Schütze gerade mindestens sechs Feinde nieder, die im Sumpfgras lauerten.
Das kommt alles von den Drogen, fiel es Artur wieder ein. Darum fürchten sie den Tod nicht. Deshalb kann man denen alles befehlen. Sogar auf die MG s zuzukriechen, um ihr blödes Netz auszuwerfen. Von der tiefen Fahrrinne aus konnte Artur seine Umgebung kaum noch erkennen. Er hoffte inständig, dass nicht plötzlich einer dieser Mistdrachen zum Sturzflug auf ihn ansetzte. Aber eines der Schuppentiere war gerade damit beschäftigt, auf das Eisendach eines Wagens einzuhämmern, ein anderes zerriss die Leichen am Wegrand. Mit einem Mal schnaubte Rokotow hinter ihm. Alle Achtung, dachte Artur. Folgt er mir also doch in die Höhle des Löwen, obwohl er in aller Ruhe hätte zusehen können, wie der Feind Kleinholz aus mir macht!
Der
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