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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Höllenhunden quer über den Planeten gejagt.
    Harvard Li braucht elektronisches Geld. Aber nicht die popelige Art, die Leute verwenden, um übers Internet T-Shirts zu kaufen, ohne ihre Kreditkartennummer anzugeben. Er braucht die echte, knallharte, auf solider Krypto beruhende Art, die in einem Datenhafen im Ausland verankert ist, und er braucht sie dringend. Nichts ist also logischer, als dass er jede Menge E-Mails an John Cantrell schickt.
    Tom Howard schiebt sich neben Randy. »Die Frage lautet: Ist es nur Harvard Li oder glaubt er, einen neuen Markt entdeckt zu haben?«
    »Wahrscheinlich beides«, vermutet Randy. »Wahrscheinlich kennt er noch ein paar andere Leute, die gerne eine Privatbank hätten.«
    »Die Raketen«, sagt Tom.
    »Genau.« China hat vor kurzem mit Raketengeschossen auf Taiwan geballert, ungefähr so wie ein Wildwest-Rowdy, der dem Guten zwischen die Füße schießt, um ihn zum Tanzen zu bringen. »In Taipei haben sie die Banken eingerannt.«
    »Auf eine bestimmte Art«, sagt Tom, »sind diese Typen tausendmal schlauer als wir, weil sie nie eine zuverlässige Währung hatten.« Er und Randy schauen zu John Cantrell hinüber, der die Arme vor der Brust verschränkt hat und gerade einen ausführlichen Vortrag über die eulersche Phi-Funktion hält, während Harvard Li hoch konzentriert nickt und sein Nerdjutant hektisch Notizen auf einen genormten Schreibblock mit gelbem Linienpapier kritzelt. Avi steht ein ganzes Stück von ihnen entfernt und starrt auf den Alten Palast, während in seinem Kopf die Weiterungen dieser Angelegenheit wie die Pflanzen in einem tropischen Garten erblühen und wuchernd aneinander hochranken.
    Andere Delegationen marschieren hinter dem Großwesir in den Raum und stecken ihre Gebiete an der Küstenlinie des Konferenztisches ab. Der Dentist kommt mit seinen Nornen oder Furien oder Arzthelferinnen oder was immer sie sind herein. Dann eine Gruppe Weißer, die ihrem Akzent nach aus Australien oder Neuseeland stammen. Alle anderen sind Asiaten. Manche von ihnen unterhalten sich untereinander und manche reiben sich das Kinn und beobachten das Gespräch zwischen Harvard Li und John Cantrell. Randy wiederum beobachtet sie: Schlechter-Anzug-Asiaten und Guter-Anzug-Asiaten. Erstere haben angegraute Bürstenhaarschnitte und eine nikotingefärbte Haut und sehen aus wie Killer. Sie tragen schlechte Anzüge, aber nicht, weil sie sich gute nicht leisten könnten, sondern weil es ihnen völlig egal ist. Sie kommen aus China. Die Guter-Anzug-Asiaten haben pflegeintensive Haarschnitte, Brillen aus Paris, eine reine Haut, immer ein Lächeln auf den Lippen. Sie kommen zum größten Teil aus Japan.
    »Ich möchte Schlüssel austauschen, hier und jetzt, damit wir per E-Mail verkehren können«, sagt Li und winkt einem Gehilfen, der zur Tischkante huscht und einen Laptop aufklappt. »Irgendwas, irgendwas Ordo«, sagt Li auf kantonesisch. Der Gehilfe betätigt die Maus und klickt.
    Cantrell starrt ausdruckslos den Tisch an. Er geht in die Hocke, um ihn von unten anzuschauen. Dann schlendert er hinüber und fährt mit der Hand unter die Kante.
    Randy bückt sich und wirft auch einen Blick darunter. Es ist einer von diesen Hightech-Konferenztischen mit eingelassenen Stromund Datenübertragungsleitungen, sodass Besucher ihre Laptops anschließen können, ohne hässliche Kabel auszulegen und sich um Steckdosenplätze zu streiten. Die Tischplatte muss von Leitungsrohren durchzogen sein. Keine sichtbaren Drähte verbinden sie mit der Welt. Die Leitungen müssen durch hohle Tischbeine in einen hohlen Fußboden führen. John grinst, wendet sich Li zu und schüttelt den Kopf. »Normalerweise wäre ich sofort einverstanden«, sagt er, »aber bei einem Kunden mit Ihren hohen Sicherheitsanforderungen ist das hier nicht der geeignete Ort, um Schlüssel auszutauschen.«
    »Ich habe nicht vor, das Telefon zu benutzen«, entgegnet Li. »Wir können sie auf Floppydisks austauschen.«
    John klopft auf Holz. »Das kommt aufs Gleiche raus. Lassen Sie einen von Ihren Leuten zum Thema Van-Eck-Phreaking recherchieren. Mit ›ph‹, nicht mit ›f‹«, erklärt er dem Gehilfen, der es aufschreibt. Und da er spürt, dass Li gerne schon mal eine grobe Zusammenfassung davon hätte, fährt er fort: »Sie können den internen Zustand Ihres Computers ablesen, indem sie sich die schwachen Radiowellen anhören, die aus den Chips kommen.«
    »Ahhhhh«, sagt Li und wechselt äußerst viel sagende Blicke mit seinen technischen

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