Cryptonomicon

in Verbindung setzen. Amy Shaftoe.«
    »Hat sie sich mit dir in Verbindung gesetzt?«
    »Im Verlauf eines zwanzigminütigen Telefongesprächs hat sie enge, ewig währende Bande mit Kia geknüpft«, erwidert Avi.
    »Das glaube ich unbesehen.«
    »Nicht dass sie sich bei der Gelegenheit kennen gelernt hätten. Es war eher, als hätten sie sich in einem früheren Leben gekannt und nur wieder Kontakt miteinander aufnehmen müssen.«
    »Ja. Und?«
    »Kia fühlt sich jetzt moralisch verpflichtet, eine Einheitsfront mit America Shaftoe zu bilden.«
    »Alles hängt zusammen«, sagt Randy.
    »In ihrer Eigenschaft als eine Art emotionale Fürsprecherin oder Anwältin von Amy hat sie mir klargemacht, dass wir, die Epiphyte Corporation, Amy unsere ganze Aufmerksamkeit und Zuwendung schulden.«
    »Und was will Amy?«
    »Genau das war meine Frage«, erwidert Avi, »und damit handelte ich mir ein fürchterlich schlechtes Gewissen ein.Was immer wir – oder du – Amy schulden, muss auf der Hand liegen, denn schon das Bedürfnis, es in Worte zu fassen, ist... einfach... wirklich...«
    »Schäbig. Gefühllos.«
    »Ungehobelt. Brutal.«
    »Ein ganz und gar durchschaubarer, kindischer Versuch billigster Sorte...«
    »...sich der persönlichen Verantwortung für die eigenen ungeheuerlichen Missetaten zu entziehen.«
    »Kia hat bestimmt die Augen verdreht, oder? Und irgendwie die Lippen gekräuselt.«
    »Sie hat geschnauft, als wollte sie mir gründlichst die Meinung sagen, sich dann aber eines Besseren besonnen.«
    »Nicht weil du ihr Chef bist. Sondern weil du es nie verstehen würdest.«
    »Das gehört nun mal zu jenen Übeln, die von einer reifen Frau, die weiß, wo’s langgeht, akzeptiert und geschluckt werden müssen.«
    »Die die raue Wirklichkeit kennt. So ist es«, sagt Randy.
    »Eben.«
    »Also gut, du kannst Kia sagen, die Forderungen ihrer Mandantin seien der schuldigen Partei zur Kenntnis gebracht worden -«
    »Sind sie das?«
    »Sag ihr, die Tatsache, dass ihre Klientin Bedürfnisse und Forderungen hat, sei mir mit aller Deutlichkeit vermittelt worden und mir sei klar, dass ich jetzt am Zuge bin.«
    »Und wir können jetzt erst mal den Zeugenstand verlassen und auf eine Art Détente hoffen, solange eine Antwort in Vorbereitung ist?«
    »Bestimmt. Kia kann einstweilen wieder ihren normalen Aufgaben nachgehen.«
    »Danke, Randy.«
    Avis Range Rover steht im hintersten Teil des Parkhausdachs, umgeben von ungefähr fünfundzwanzig leeren Parkplätzen, die eine Art Sicherheitsgürtel bilden. Als sie diesen etwa zur Hälfte überquert haben, beginnen die Scheinwerfer des Autos zu flackern und Randy hört das vorbereitende Knacken eines Audiosystems, das unter Strom gesetzt wird. »Der Range Rover hat uns auf dem Dopplerradar im Visier«, erklärt Avi hastig.
    Der Range Rover spricht mit einer Furcht einflößenden roboterartigen und auf die Dezibel eines Buschbrands hochgekurbelten Stimme. »Sie sind von Cerberus aufgespürt worden! Bitte ändern Sie unverzüglich Ihren Kurs!«
    »Ich fasse es nicht, dass du dir eins von diesen Dingern gekauft hast«, sagt Randy.
    »Sie sind unbefugt in die Schutzzone von Cerberus eingedrungen! Gehen Sie zurück! Gehen Sie zurück!«, sagt der Range Rover. »Eine bewaffnete Eingreiftruppe steht bereit.«
    »Es ist das einzige kryptographisch gesehen fehlerfreie Autoalarmanlagensystem«, erklärt Avi, als wäre die Angelegenheit damit erledigt. Er wühlt eine Schlüsselkette hervor, die an einem schwarzen Polycarbonatstreifen mit denselben Ausmaßen und derselben Anzahl von Knöpfen wie eine TV-Fernbedienung befestigt ist. Er gibt eine lange Folge von Ziffern ein und unterbricht die Stimme genau in dem Augenblick, als sie verkündet, dass Randy und Avi gerade mit einer digitalen Videokamera, die bis fast in den Infrarotbereich hinein empfindlich reagiert, aufgenommen werden.
    »Normalerweise macht er das nicht«, sagt Avi. »Ich hatte ihn auf höchste Alarmstufe einstellen lassen.«
    »Was könnte denn schlimmstenfalls passieren? Jemand würde dein Auto klauen und die Versicherung würde dir ein neues kaufen?«
    »Das wäre mir völlig egal. Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre eine Autobombe oder, nicht ganz so schlimm, jemand, der mir eine Wanze ins Auto setzt und alles mithört, was ich sage.«
    Avi fährt Randy über die San Andreas Fault zu seinem Haus in Pacifica, wo Randys Auto steht, wenn er verreist ist. Avis Frau Devorah ist zur Schwangerschaftsvorsorge beim Arzt und die Kinder