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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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und Grubenwagen beginnen zu steigen, hüpfen wie Korken und scheppern gegeneinander.
    Die in Golgatha eingeschlossene Luft sprudelt jedoch größtenteils nicht durch den Yamamoto-See heraus. Sie strebt größtenteils der Kuppel zu, denn so hat es Goto Dengo geplant. Er weiß, dass es funktioniert, weil es ihm in den Ohren zu knacken beginnt.
    Schließlich steigt das Wasser auch in die Kuppel, aber es steigt langsam, weil der Luftdruck hier schon recht hoch ist. Indem es steigt, erhöht es den Druck auf die Luftblase, in der Goto Dengo und die anderen festsitzen. Der Luftdruck steigt stetig, bis er dem Wasserdruck entspricht. Dann ist ein Gleichgewichtszustand erreicht und das Wasser kann nicht weiter steigen. In ihren Körpern stellt sich eine andere Art von Gleichgewichtszustand her, während die komprimierte Luft in ihre Brust einströmt und der Stickstoff in dieser Luft über die Membranen ihrer Lungen in ihren Blutkreislauf übergeht.
    »Jetzt warten wir«, sagt Goto Dengo und stellt seine Azetylenlampe aus, sodass sie im Dunkeln sitzen. »Solange wir keine Lampen brennen lassen, reicht die Luft in dieser Kammer aus, um uns mehrere Tage am Leben zu halten. So lange werden Hauptmann Noda und seine Leute mindestens brauchen, um in Bundok aufzuräumen, alle Spuren unserer Arbeit zu beseitigen und sich umzubringen. Also müssen wir warten, sonst werden seine Leute uns umbringen, wenn wir am Ufer desYamamoto-Sees auftauchen. In der Zwischenzeit möchte ich euch gern über das Thema Caisson-Krankheit, auch bekannt unter dem Namen Taucherkrankheit, aufklären.«
    Zwei Tage später zünden sie eine letzte, ziemlich kleine Dynamitladung, die ein Loch in die Wand der Kuppel sprengt, das groß genug ist, einen Menschen durchzulassen. Auf der anderen Seite beginnt die Diagonale zum Yamamoto-See.
    Rodolfo hat von allen am meisten Angst, und so schicken sie ihn als Ersten los. Danach kommt Bong, dann Wing. Schließlich lässt Goto Dengo die abgestandene, verbrauchte Luft der Kuppel hinter sich. Binnen weniger Augenblicke haben sie den Weg in den ansteigenden diagonalen Tunnel gefunden. Sie schwimmen in völliger Dunkelheit aufwärts. Alle lassen dabei die Hände über die Tunneldecke gleiten und tasten nach der Öffnung des ersten senkrechten Schachts. Rodolfo soll anhalten, wenn er sie ertastet hat, aber für den Fall, dass er sie verfehlt, müssen auch die anderen aufpassen.
    Im Dunkeln stoßen sie aneinander wie lose verkuppelte Waggons eines Zuges, der schütternd zum Stehen kommt. Rodolfo hat angehalten – mit etwas Glück hat er den ersten senkrechten Schacht gefunden. Schließlich bewegt sich Wing vorwärts und Goto Dengo folgt ihm geradewegs den senkrechten Schacht hinauf und in eine Glocke an dessen Ende, wo sich eine Luftblase gefangen hat. Die Glocke ist gerade breit genug, um vier Männern Platz zu bieten. Hier halten sie inne, zu einer Traube von Körpern zusammengedrängt, keuchend, während sie die stickstoff- und kohlendioxidverpestete Luft, von der sie in den vergangenen sechzig Sekunden gelebt haben, aus- und in tiefen Zügen frische einatmen. Goto Dengo spürt, wie es ihm in den Ohren knackt, während der Druck nachlässt.
    Sie haben erst einen kleinen Teil der vierhundertfünfzig Meter zurückgelegt, die Golgatha in horizontaler Richtung von dem See trennen. Von den hundert Metern vertikaler Entfernung jedoch ist bereits die Hälfte geschafft. Das heißt, die Luft, die sie in dieser Kammer atmen, steht nur noch unter halb so hohem Druck wie die in der Kuppel.
    Goto Dengo ist kein Taucher und versteht sehr wenig von Tauchmedizin. Aber sein Vater hat mehrfach davon gesprochen, wie man Arbeiter mithilfe von Caissons tief unter Wasser schickt, um bestimmte Dinge zu bauen oder Bodenschätze zu gewinnen. So hat er von der Caisson-Krankheit erfahren und auch die Regel gelernt, derzufolge den meisten Leuten deren Symptome erspart bleiben, sofern sie sich eine Zeit lang bei der Hälfte des ursprünglichen Luftdrucks einer Dekompression unterziehen. Wenn sie eine Weile innehalten und atmen, löst sich der Stickstoff aus ihrem Gewebe. Sobald das geschehen ist, lässt sich der Luftdruck abermals halbieren.
    In der Kuppel betrug der Luftdruck neun bis zehn Atmosphären. Hier in der ersten Kammer dürfte er ungefähr bei fünf liegen. Allerdings gibt es hier nicht viel Luft – nur gerade so viel, dass sie fünfzehn bis zwanzig Minuten atmen, Stickstoff aus ihrem Gewebe freisetzen und sich die Lungen mit frischer Luft

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