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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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hätte.«
    »Ich weiß nicht, Enoch. Der Gegensatz zwischen Angriffs- und Verteidigungskrieg vielleicht?«
    »Die Unterscheidung ist zu hoch gegriffen. Erinnern Sie sich, dass ich gesagt habe, Athene sei von Hephaistos zwischen die Schenkel gefickt worden?«
    »Das hat eine deutliche innere Repräsentation in meinem Kopf erzeugt.«
    »Wie es sich für einen Mythos gehört! Athene/Hephaistos sind insofern eine interessante Paarung, als er ein weiterer Technologie-Gott ist. Metalle, Hüttenkunde und Feuer waren seine Spezialitäten – das altmodische Rust-Belt-Zeug. Kein Wunder also, dass Athene ihm einen Ständer bescherte! Nachdem er auf ihren Schenkel ejakuliert hat, wischt sie es mit einem angewiderten Igitt! weg und wirft den Lappen auf den Boden, wo er sich irgendwie mit der Erde verbindet und Erichthonios hervorbringt. Wissen Sie, wer Erichthonios war?«
    »Nein.«
    »Einer der ersten Könige von Athen. Wissen Sie, was ihn berühmt gemacht hat?«
    »Sagen Sie’s mir.«
    »Er erfand den Wagen – und führte den Gebrauch von Silber als Währung ein .«
    »O Gott!« Randy klemmt sich den Kopf zwischen die Hände und gibt klagende Laute von sich, aber nur für kurze Zeit.
    »In vielen anderen Mythologien kann man Götter finden, die Parallelen zu Athene aufweisen. Die Sumerer hatten Enki, die Nordländer Loki. Loki war zwar ein Erfindergott, hatte psychologisch gesehen jedoch mehr mit Ares gemein; er war nicht nur der Gott der Technologie, sondern auch der Gott des Bösen, das, was bei ihnen dem Teufel am Nächsten kam. Die Indianer hatten Schwindler – äußerst listige Geschöpfe – wie Kojoten und Raben in ihrer Mythologie, aber sie verfügten noch über keine Technologie und brachten die Schwindler deswegen nicht mit den Künsten in Verbindung, um diesen hybriden Technologen-Gott zu erzeugen.«
    »Gut«, sagt Randy, »Sie wollen also eindeutig darauf hinaus, dass es ein universelles Muster von Ereignissen geben muss, das, nachdem es durch die Sinnesorgane und Nervenstränge primitiver, abergläubischer Menschen gefiltert wurde, in deren Bewusstsein geistige Repräsentationen entstehen lässt, die sie mit Göttern, Helden etc. gleichsetzen.«
    »Ja. Und die können über verschiedene Kulturen hinweg erkannt werden, ebenso wie zwei Personen mit Root-Reps im Kopf mich ›erkennen‹ können, indem sie deren Merkmale vergleichen.«
    »Sie wollen mir also weismachen, Enoch, dass diese Götter – die eigentlich keine Götter sind, aber das Wort ist so schön prägnant – alle genau deswegen gewisse Dinge gemein haben, weil die äußere Realität, die sie erzeugt hat, über die Kulturen hinweg übereinstimmend und universell ist.«
    »Genau. Und im Fall der Schwindler-Götter besteht das Muster darin, dass listige Menschen in aller Regel Macht erlangen, nicht listige dagegen nicht. Und von diesem Muster sind alle Kulturen fasziniert. Manche von ihnen, darunter viele Indianer, bewundern es im Grunde, verbinden es jedoch nie mit technologischer Entwicklung. Andere wie die Nordländer hassen es und setzen es mit dem Teufel gleich.«
    »Daher die sonderbare Hassliebe, die die Amerikaner gegenüber Hackern empfinden.«
    »Genau.«
    »Hacker beschweren sich immer, dass Journalisten sie als üble Burschen hinstellen. Aber Sie glauben, dass diese Ambivalenz tiefer liegende Gründe hat.«
    »In manchen Kulturen. Die Wikinger würden – wenn man von ihrer Mythologie ausgeht – Hacker instinktiv hassen. Mit den Griechen sieht es anders aus. Die Griechen mochten ihre Sonderlinge. So kommen wir zu Athene.«
    »Das ist okay – aber wie passt das mit der Kriegsgöttin da rein?«
    »Seien wir doch ehrlich, Randy, wir haben alle Typen wie Ares kennen gelernt. Das Muster menschlichen Verhaltens, das im Bewusstsein der alten Griechen die als Ares bekannte innere Repräsentation erzeugte, ist auch heute weit verbreitet, und zwar in Form von Terroristen, Serienmördern, Krawallen, Pogromen und aggressiven, größenwahnsinnigen Diktatoren, die sich als militärische Versager entpuppen. Und solche Leute können trotz all ihrer Dummheit und Inkompetenz große Teile der Welt erobern und beherrschen, wenn man ihnen keinen Widerstand entgegensetzt.«
    »Sie müssen meinen Freund Avi kennen lernen.«
    »Wer wird gegen sie kämpfen, Randy?«
    »Ich fürchte, gleich sagen Sie wir .«
    »Manchmal sind es andere Ares-Jünger, so etwa, als der Iran und der Irak gegeneinander Krieg führten und keiner sich darum scherte, wer gewinnt.Wenn aber

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