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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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viel Rechenarbeit erfordert. Das macht nichts, solange man zufällig eine Rechenmaschine oder einen Raum voller geübter Abakus-Rechner hat. Ich nehme an, ihr habt an Bord des Unterseeboots eine Maschine?«
    »Allerdings«, sagt Rudi bescheiden, »aber nichts Besonderes. Es muss immer noch viel von Hand berechnet werden.«
    »Aber Enoch Root in Manila und Goto Dengo konnten so etwas nicht haben. Also mussten sie den Funkspruch von Hand verschlüsseln – und sämtliche Berechnungen auf Notizpapier durchführen. Enoch kannte bereits den Algorithmus und konnte ihn an Goto Dengo weitergeben, aber ihr musstet euch noch auf einen Schlüssel zur Eingabe in den Algorithmus einigen. Der einzige Zeitpunkt, zu dem ihr euch für einen Schlüssel entscheiden konntet, war der Moment, in dem ihr alle auf dem Friedhof beieinander gestanden habt. Und während eures Gespräches dort habe ich gesehen, wie du auf Shaftoes Grabstein gezeigt hast. Also habe ich angenommen, dass ihr das als Schlüssel verwendet – vielleicht seinen Namen, vielleicht Geburtsund Todesdatum, vielleicht seine Personenkennzahl. Wie sich herausstellte, war es die Personenkennzahl.«
    »Aber den Algorithmus hast du doch trotzdem nicht gekannt.«
    »Richtig, aber ich hatte so eine Vorstellung, dass er mit dem Azure/Pufferfish-Algorithmus zusammenhängt, der seinerseits mit den Zeta-Funktionen zusammenhängt, die wir in Princeton studiert haben. Also habe ich mich einfach hingesetzt und mir gesagt: Wenn Rudi auf dieser Grundlage das perfekte Kryptosystem bauen wollte, und wenn Azure/Pufferfish eine vereinfachte Version dieses Kryptosystems ist, was ist dann Arethusa? Das ließ mir eine Hand voll Möglichkeiten.«
    »Und aus dieser Hand voll hast du die richtige herauspflücken können.«
    »Nein«, sagt Waterhouse, »es war zu schwierig. Also bin ich in die Kirche gegangen, wo Enoch arbeitet, und habe seinen Papierkorb durchwühlt. Nichts. Ich bin in Goto Dengos Büro gegangen und habe das Gleiche getan. Nichts. Beide haben schon während des Verschlüsselns ihr Notizpapier verbrannt.«
    Rudis Gesicht entspannt sich plötzlich. »Ah, gut. Ich hatte schon befürchtet, sie hätten sich unheimlich dumm angestellt.«
    »Überhaupt nicht. Und weißt du, was ich dann getan habe?«
    »Was denn, Lawrence?«
    »Ich habe ein Gespräch mit Goto Dengo geführt.«
    »Ja. Das hat er uns erzählt.«
    »Ich habe ihm von meiner Arbeit an Azure/Pufferfish erzählt, aber verschwiegen, dass ich es geknackt hatte. Ich habe ihn dazu gebracht, auf ganz allgemeine Weise über das zu reden, was er im vergangenen Jahr auf Luzon gemacht hat. Er hat mir dieselbe Geschichte aufgetischt, bei der er die ganze Zeit geblieben ist, nämlich dass er irgendwo irgendwelche unbedeutenden Befestigungen gebaut habe und nach seiner Flucht aus diesem Gebiet mehrere Tage lang im Dschungel umhergeirrt sei, bis er in der Nähe von San Pablo herausgekommen sei und sich irgendwelchen Air-Force-Truppen auf dem Marsch nach Norden, Richtung Manila, angeschlossen habe.
    »Gut, dass Sie da rausgekommen sind«, habe ich zu ihm gesagt, »denn seither durchstreift der Hukbalahap-Führer, der sich das Krokodil nennt, den Dschungel – er ist davon überzeugt, dass ihr Japaner dort ein Vermögen in Gold vergraben habt.«
    Sobald das Wort »Krokodil« aus Waterhouses Mund kommt, verzieht Rudi angewidert das Gesicht und wendet sich ab.
    »Als dann letzte Woche endlich der lange Funkspruch abgesetzt wurde, und zwar von dem Sender, den Enoch auf dem Glockenturm der Kirche versteckt hat, hatte ich zwei Anhaltspunkte. Erstens habe ich vermutet, dass der Schlüssel eine Zahl von Bobby Shaftoes Grabstein war. Zweitens war ich überzeugt, dass die Worte ›Hukbalahap‹, ›Krokodil‹ und wahrscheinlich ›Gold‹ oder ›Schatz‹ irgendwo in dem Funkspruch vorkommen würden. Außerdem habe ich nach nahe liegenden Kandidaten wie ›Breite‹ und ›Länge‹ Ausschau gehalten. Bei so viel Ausgangsmaterial war es nicht sonderlich schwer, den Funkspruch zu knacken.«
    Rudi von Hacklheber stößt einen tiefen Seufzer aus. »Nun denn. Du hast gewonnen«, sagt er. »Wo ist die Kavallerie?«
    »Kavallerie oder Calvariae?«, scherzt Waterhouse.
    Rudi lächelt nachsichtig. »Wo Calvariae ist, weiß ich. Nicht weit von Golgatha.«
    »Warum glaubst du, dass die Kavallerie kommt?«
    »Ich weiß, dass sie kommt«, sagt Rudi. »Deine Bemühungen, den langen Funkspruch zu knacken, müssen einen ganzen Raum voller Rechner erfordert haben.

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