Cryptonomicon

Fahrradausflüge in New Jersey kommen mir vor, als hätten sie auf einem anderen Planeten stattgefunden«, sagt Waterhouse kopfschüttelnd.
    »Haben sie auch«, sagt Rudi. »Und wenn Douglas MacArthur in Tokio einmarschiert, wird es wieder ein anderer Planet sein. Bis dann, Lawrence.«
    »Bis dann, Rudi. Behüt dich Gott.«
    Sie umarmen sich noch einmal. Waterhouse tritt zurück und sieht eine Zeit lang zu, wie die Schaufeln sich in die rote Erde fressen, dann kehrt er allem Geld der Welt den Rücken und marschiert los.
    »Lawrence!«, ruft Rudi.
    »Ja?«
    »Vergiss nicht, den versiegelten Umschlag zu vernichten, den du in deinem Büro zurückgelassen hast.«
    Waterhouse lacht. »Mann, das war doch gelogen. Falls irgendwer mich umbringen wollte.«
    »Mir fällt ein Stein vom Herzen.«
    »Du weißt doch, dass die Leute ständig sagen ›Ich kann ein Geheimnis für mich behalten‹ und dann regelmäßig Unrecht haben, oder?«
    »Ja.«
    »Tja«, sagt Waterhouse, »ich kann’s.«

CAYUSE
    Geräuschlos durchläuft eine zweite Schockwelle den Boden und erzeugt in dem ihre Knie umschwappenden Wasser ein Wellenmuster und Wellenspiegelungen.
    »Von jetzt an geht alles eine Weile ganz langsam vor sich. Gewöhnt euch dran«, sagt Doug Shaftoe. »Jeder braucht eine Sonde – ein langes Messer oder eine Gerte. Ein Stock tut’s auch.«
    Doug hat, weil er nun mal der Typ ist, ein großes Messer und Amy hat ihren Kris. Randy nimmt den leicht gewichtigen Aluminiumrahmen seines Rucksacks auseinander, um ein paar Röhren zu gewinnen; das dauert eine Weile, aber nun geht ja, wie Doug schon sagte, alles ganz langsam vor sich. Randy wirft eine der Röhren Enoch Root zu, der den eigentlich schlecht gezielten Gegenstand aus der Luft pflückt. Nun, da jeder entsprechend ausgerüstet ist, hält Doug Shaftoe ihnen ein Kolloquium darüber, wie man sich mit einer Sonde durch ein Minenfeld bewegt.Wie jede andere Lektion, die Randy jemals in sich aufgenommen hat, ist auch diese einigermaßen interessant, aber nur so lange, bis Doug auf den wesentlichen Punkt zu sprechen kommt: Man kann eine Mine von der Seite anstupsen und sie wird nicht explodieren; nur senkrecht von oben darf man sie nicht anstupsen. »Das Wasser ist ungünstig, weil wir nur schwer erkennen können, was wir eigentlich tun«, sagt er. Tatsächlich hat das Wasser, wahrscheinlich von darin schwebenden vulkanischen Ascheteilchen, ein milchiges Aussehen; man kann dreißig Zentimeter tief klar sehen, weitere dreißig Zentimeter verschwommen und darunter bestenfalls unbestimmte, grünliche Formen. Alles trägt einen einheitlichen Schlicküberzug. »Andererseits ist es günstig, denn wenn eine Mine von etwas anderem als dem Fuß ausgelöst wird, absorbiert das Wasser einen Teil der Explosion, indem es blitzartig verdampft. Also: Taktisch gesehen besteht unser Problem darin, dass wir durch einen Hinterhalt von oben links gefährdet sind. Den armen alten Jackie Woo hat’s erwischt und er kann diese Flanke nicht mehr schützen. Ihr könnt darauf wetten, dass John Wayne rechts alles abdeckt, so gut es geht. Da das linke Ufer am ungeschütztesten ist, werden wir uns jetzt dorthin begeben und versuchen, die Deckung des Überhangs zu erreichen. Wir sollten nicht alle an einem Punkt zusammenkommen; wir verteilen uns, damit, falls einer von uns eine Mine auslöst, nicht noch jemand getroffen wird.«
    Jeder von ihnen sucht sich ein Ziel am Westufer aus und sagt den anderen, was es ist, damit sie nicht am selben Punkt zusammenkommen; dann beginnt alles, sich mit der Sonde darauf zuzutasten. Randy widersteht mit Mühe der Versuchung aufzublicken. Nach ungefähr einer Viertelstunde sagt er: »Ich weiß, was es mit den Explosionen auf sich hat. Wings Leute treiben einen Tunnel auf Golgatha vor. Sie werden das Gold durch einen unterirdischen Gang wegschaffen. Es wird so aussehen, als graben sie es auf ihrem eigenen Grund und Boden aus. Aber in Wirklichkeit holen sie es von hier.«
    Amy grinst. »Sie rauben die Bank aus.«
    Randy nickt, leicht verärgert darüber, dass sie es nicht ernster nimmt.
    »Wahrscheinlich war Wing zu sehr mit dem Langen Marsch und dem Großen Sprung nach vorn beschäftigt, um die Immobilie hier zu kaufen, als sie zu haben war«, sagt Enoch.
    Ein paar Minuten später fragt Doug Shaftoe: »Wie viel liegt Ihnen eigentlich dran, Randy?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wären Sie bereit zu sterben, um zu verhindern, dass Wing das Gold bekommt?«
    »Wahrscheinlich