Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
BANKDIREKTOR. Ein paar Wachen stehen vor dem Eingang und umklammern die dicken hölzernen Pistolengriffe ihrer kurzkalibrigen Schrotflinten, Waffen, die in ihrer cartoonhaften Klotzigkeit an das Zubehör von Action-Figuren erinnern. Eine der Wachen bleibt hinter einem kugelsicheren Podest mit der Aufschrift WAFFEN/SCHUSSWAFFEN BITTE BEI DER WACHE ABGEBEN stehen.
    Randy nickt den bewaffneten Männern zu und betritt die Eingangshalle des Gebäudes, in der es genauso heiß ist wie draußen. Nachdem er die Bank umgangen und den unzuverlässigen Aufzug ignoriert hat, tritt er durch eine Stahltür in ein schmales Treppenhaus. Heute ist es hier dunkel. Das elektrische Versorgungsnetz des Gebäudes ist ein buntes Allerlei – mehrere verschiedene Stromnetze, die auf gleichem Raum nebeneinander existieren und über verschiedene Schaltanlagen gesteuert werden, manche davon über Generatoren, manche nicht. Deshalb beginnen und enden Stromausfälle in Phasen. Irgendwo am oberen Ende des Treppenhauses zirpen kleine Vögel um die Wette mit den Sirenen von Autoalarmanlagen, die draußen ausgelöst werden.
    Epiphyte Corp. hat den obersten Stock gemietet, obwohl Randy bisher der Einzige ist, der hier arbeitet. Er betätigt das Tastenschloss. Gott sei Dank läuft die Klimaanlage. Das Geld, das sie für ihren eigenen Generator bezahlt haben, war gut angelegt. Er schaltet die Alarmsysteme aus, geht zum Kühlschrank und holt zwei Einliterflaschen Wasser heraus.
    Er hat es sich zur Regel gemacht, nach einem Fußmarsch Wasser zu trinken, bis er wieder urinieren kann. Danach kann er sich mit anderen Aktivitäten befassen.
    Er ist zu verschwitzt, um sich hinzusetzen, und muss sich weiter bewegen, damit die kalte, trockene Luft seinen Körper umweht. Er schnippst Schweißperlen aus seinem Bart und dreht eine Runde durch die Etage, wobei er seinen Blick durch die Fenster hinaus in die verschiedenen Himmelsrichtungen schweifen lässt. Aus seiner Hose zieht er eine Kevlar-Reisebrieftasche und lässt sie an seiner Gürtelschlaufe baumeln, damit die Haut darunter atmen kann. Die Brieftasche enthält seinen Pass, eine noch nicht benutzte Kreditkarte, zehn funkelnagelneue Hundertdollarscheine und eine Floppydisk mit seinem 4069-Bit-Geheimschlüssel drauf.
    Nach Norden hin kann er die Grünflächen und Festungswälle von Fort Santiago überblicken, wo ganze Fronten japanischer Touristen sich vorarbeiten und mit forensischer Gründlichkeit ihr Vergnügen dokumentieren. Dahinter fließt der mit schwimmendem Abfall überzogene Pasig. Jenseits des Flusses liegt Quiapo, ein bebautes Gebiet: Wohn- und Bürohochhäuser mit weithin sichtbaren Firmennamen an den obersten Stockwerken und Satellitenschüsseln auf den Dächern.
    Da Randy sich immer noch nicht setzen will, schlendert er im Uhrzeigersinn durchs Büro. Intramuros ist von einem Grüngürtel, dem ehemaligen Festungsgraben, umgeben. Über dessen westlichen Teil ist er gerade hergekommen. Der östliche ist dicht mit wuchtigen klassizistischen Gebäuden bebaut, in denen verschiedene Ministerien untergebracht sind. Die Post- und Telekommunikationsbehörde hat ihren Sitz am Pasigufer, an einem Scheitelpunkt im Fluss, von dem aus drei nah beieinander gebaute Brücken strahlenförmig nach Quiapo hineinragen. Jenseits der großen neuen Bauwerke oberhalb des Flusses bilden Quiapo und das angrenzende Viertel San Miguel eine bunte Mischung aus riesigen offiziellen Bauten: einem Bahnhof, einem alten Gefängnis, vielen Universitäten und, den Pasig flussaufwärts, dem Malacanang-Palast.
    Wieder diesseits des Flusses, sieht Randy im Vordergrund Intramuros (von Brachland umgebene Kathedralen und Kirchen), in der Mitte Regierungsgebäude, Colleges und Universitäten und dahinter in scheinbar endloser Ausdehnung die tief gelegene, rauchige Stadt. Einige Kilometer südlich davon liegt die umtriebige Geschäfts- und Industriestadt Makati, die um einen Platz gebaut ist, auf dem zwei große Straßen sich in spitzem Winkel kreuzen, ein Abbild der sich kreuzenden Start- und Landebahnen des Ninoy Aquino International Airport etwas weiter im Süden. Ein smaragdgrünes Viertel mit großen Häusern auf großen Rasenflächen erstreckt sich von Makati weg: Dort wohnen die Botschafter und Unternehmensbosse. Während Randy seinen Spaziergang im Uhrzeigersinn fortsetzt, kann er verfolgen, wie der Roxas Boulevard, von einer Reihe großer Palmen wie von einer Streikpostenkette markiert, am Ufer entlang zu ihm herführt. Manila Bay

Weitere Kostenlose Bücher