Crystall (German Edition)
Vielleicht war er der Wahrheit näher, als er nur ahnte.
Aber das blieb längst nicht der letzte Fund. Mandy erkannte erst jetzt, was Nirrka wohl wirklich hatte zeigen wollen. Vor dem Graben lag eine Kugel, bestehend aus Kristall, Glas oder Schnee – es hätte sogar von jedem etwas sein können – und musste so groß sein wie drei ausgewachsene Männerköpfe. Aus dem Inneren der Kugel, oder man sollte besser sagen, das Ding war beinahe oval, drang ein Schimmern und Leuchten, das mal schwächer wurde und dann wieder grell erstrahlte.
Als hätte die versammelte Truppe, wie sie nun hier stand, erst in diesem Moment das Ei entdeckt, traten sie fast synchron zwei Schritte zurück.
„Was auch immer das sein mag, darin ist entweder Leben oder eine Energiequelle.“ Sator hob seine Klinge kampfbereit an und ließ das Ei nicht mehr aus den Augen. Schweißgebadet, als erwarte er jeden Augenblick einen Angriff, beobachtete er das pulsierende Licht in dem glasigen Körper.
„Leute, ich glaube, ich habe eine ungefähre Ahnung, was das ist.“
Nawarhon grinste schief und es wurde mehr als nur misslungen. „Maxot, du kleiner Neugieriger kennst wohl alles und jeden.“
„Ich sagte, ich glaube ... natürlich kann ich mich irren, ich will nichts beschwören.“
„Bisher hast du ja auch noch gar nichts erzählt, auf das du schwören könntest“, konterte Nirrka und in ihrer Stimme schwang die gleiche Nervosität mit, wie bei den anderen.
„Mein Großvater kannte ziemlich viele Legenden, müsst ihr wissen“, begann der Troll umschweifend. „Selbst habe ich es noch nie gesehen. Aber wenn an den Geschichten etwas dran ist, dann haben wir hier das Ei der sagenumwobenen Eiskreatur vor uns.“
Sator riss die Augen auf. „Du ... du meinst … daraus wird das Ungeheuer entstehen, das nach der Wiedervereinigung der Kristalle seine Rache suchen soll?“
„Wenn ich mir diese Aura von Kraft und Bosheit nicht nur einbilde, dann spricht einiges dafür.“
Sators Arme begannen zu beben. „Damit wäre klar, was wir zu tun haben.“ Er trat an das Ei heran, hob sein Schwert bis weit über den Kopf und sammelte all seine Kraft zusammen. Mit einem wütenden Brüllen ließ er die Klinge aus perfekt geschmiedetem Stahl herab sausen.
Es klirrte und der Wüstenherr prallte von seiner eigenen Wucht getrieben zurück. Aber als er keuchend die Augen öffnete, war es nicht das Ei, was zersplittert sein sollte. Es lag da und kullerte nicht einmal davon. Nein, Sator erkannte, dass es sein Schwert war und in Bruchstücken verteilt auf dem Boden lag. Er hielt nichts als den Griff in Händen. „Das kann nicht sein, das...“ Sator starrte den Überrest seiner Waffe überrascht an und warf den Griff schließlich ärgerlich in den schwefelverhangenen Graben.
Maxot schüttelte bedauerlich den Kopf. „Tut mir leid, mein Freund, aber wenn die Legenden tatsächlich stimmen, dann ist auch das Ei unzerstörbar. Zumindest, was herkömmliche Waffen angeht.“
„Aber das ist unsere einzige Chance, das Biest loszuwerden, bevor es uns gefährlich werden kann“, beharrte Lyhma verzweifelt.
„Denken wir nach“, drängte Sator verbissen. „Gut, ein Schwert kann es nicht sprengen ... aber was ist mit Mandys magischem Kristall oder wir werfen das Ding einfach da hinunter.“ Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den Krater.
Maxot sah nach wie vor traurig drein. „Ich wünschte, das würde etwas nutzen. Aber keiner von uns besitzt, was diese Bestie töten könnte. Der Kristall wirkt bei ihr nicht. Sie wird nichts besiegen, was sie einst erschaffen hatte. Und der Grund dieser Teufelsgrube ist sein zweites Zuhause, wir würden rein gar nichts erreichen damit. So leid es mir tut, aber keiner von uns kann zaubern.“
Ein bedrückendes Schweigen erfüllte die Höhle, traurige und ratlose Blicke. Sie hatten ihren größten Feind augenscheinlich wehrlos vor sich und konnten doch nichts tun, um ihn zu vernichten, bevor er unschlagbar werden würde.
„Nun lasst die Köpfe nicht hängen. Wie haben wir gesagt, immer ein Problem nach dem anderen? Und jetzt sollten wir zunächst das Relikt wiedervereinigen, bevor auch die letzte Gnadenfrist verstreicht.“
Mandy musste die Worte ein zweites Mal durch den Kopf gehen lassen, um zu begreifen, dass sie von einer neuen Stimme kamen – aber keiner ungekannten. Hastig fuhr sie herum und riss überrascht die Augen auf. Selbst ihre Freunde brachten keinen Ton hervor.
„Tut mir wirklich sehr leid, ich wollte euch
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