Cubuyata - Die Rückkehr des Propheten (Science Fiction Thriller) (German Edition)
leben?"
In Medias Res, dachte Christopher.
"Das war ich."
"Auch bei uns geht ethische Verantwortung nicht ohne die begleitenden Probleme von Statten, wissen sie? Unsere Vorfahren hatten mit der Aufnahme der Flüchtlinge auf den Schiffen das Richtige getan, verstehen sie mich nicht falsch. Aber man hätte von Anfang an eine vereinigende Migrationspolitik betreiben müssen, da müssen wir noch nachbessern." Feng, der Chefdiplomat, dachte Christopher.
"Wenn ich das richtig verstehe, ist das der Kern der Politik von Geeintes Cubuyata?"
"Richtig. Matsuo hält uns gnädigerweise einen Spiegel vor, durch den wir als Partei von Rothul aus unseren Fehlern lernen können."
Chan Nüshi brachte ihnen eine Teekanne und zwei Tassen und zog sich durch eine Tür neben dem Sekretär in ein Nebenzimmer zurück. Feng schenkte ihnen beiden Mao Feng ein.
"Wie geht es ihnen heute?"
"Ich habe lediglich Schürfwunden, falls sie darauf anspielen." Er starrte an Christopher vorbei in die Ferne, wie durch ein Fenster am Meer. "Die seelischen Schmerzen sind eine andere Sache. Ich habe lange darüber nachgedacht und komme auf keine Gründe, warum ihn irgendjemand hätte töten wollen. Seine Lehren waren und sind unser aller Licht in der Dunkelheit."
"Vielleicht war dem einen oder anderen das Licht nicht hell genug. Aber ich bin kein Experte." Christopher fixierte Fengs Augen. Er erkannte keine Verärgerung.
"Die meisten Lehren beinhalten Passagen, die manch Einer mutwillig oder aus Missverständnis abweichend interpretieren kann, das ist richtig. Der Kern von Varlas Glaubensinhalten ist aber unbestreitbar friedlich, vereinigend und ordnend. Meines Erachtens ist das Buch von Rothul in Gänze nur mit Absicht falsch auslegbar."
Christopher klappte sein Notizbuch auf.
"Den ersten die Macht, das Geld und den Grund, denn ihre Kenntnis trägt auch die anderen. Den zweiten jede Gnade und freies Leben, denn ihre Kaste ist von ihnen ungewählt", zitierte Christopher das Buch von Rothul.
Feng lehnte sich zurück in den großen Bürosessel.
"Sicherlich ein glücklicher Umstand, dass wir hier auf Cubuyata eine ähnliche Gesellschaftsordnung haben wie sie auf Varlas' Heimat besteht. Und einer der vielen Gründe warum die rothulanische Lehre auf Cubuyata so gut Fuß fasste und die Gesellschaft bis heute bereichert."
Christopher hatte recherchiert und wusste, dass die von Feng angesprochene zweigeteilte Gesellschaftsordnung zwar bereits in der Zweitbesiedlung Cubuyatas seinen Ursprung fand, die Gräben allerdings in den Jahrzehnten danach durch die veränderten politische Realitäten entstanden, genährt durch die rothulanischen Lehren. So gesehen hatte Feng natürlich recht, die rothulanische Lehre hatte hier tatsächlich Fuß fassen können. Über Fluch oder Segen schieden sich die Geister.
"Auf mich wirkt das eher spaltend, wenn ich offen sein darf."
Feng musterte ihn.
"Glauben Sie nicht auch, dass die Menschen unterschiedlich sind?"
"Individuell sicherlich. Aber im Kollektiv? Ausschließlich definiert über die Geburt?"
"Sie sind doch weit gereist, sie kennen die großen Unterschiede zwischen den Völkern. Die über Generationen gewachsene Kultur, Geisteshaltungen, Mythen, gemeinsamen Ängste und Hoffnungen. Hier auf Cubuyata fanden zwei Besiedlungswellen in großem zeitlichen Abstand aus zwei sehr unterschiedlichen Kulturkreisen statt, den Chinesen und Japanern. Wir Erstbesiedler teilten den Grund unter uns auf und bauten Cubuyata zu der reichen Gesellschaft auf, die sie heute vorfinden. Aber, und das möchte ich betonen, sie nannten einen einzelnen Satz aus den alten Schriften von Varlas. Diese Schriften bestehen je nach Druck aus etwa 2500 Buchseiten. Der Kern der Lehre ist und bleibt die friedliche Frömmigkeit gegenüber Rothul."
Christopher wusste, dass er auf theologischem Gebiet nur verlieren konnte und wechselte das Thema.
"Haben sie eine Vermutung, wer für den Anschlag verantwortlich sein könnte?"
Feng goss sich Tee nach.
"Nein. Alles was ich tun kann ist die Ermittlungen der Polizei abzuwarten. Er ergehe mich nur höchst ungern in Verdächtigungen und Vorverurteilungen. Soweit mir bekannt ist waren sie direkt an der Verfolgung des Attentäters beteiligt?"
"Ja. Aber leider erfolglos."
"Dennoch meinen Dank. Jeder Hinweis, der uns dem Täter näher bringt, ist für die trauernde Gemeinde ein Trost. Ich stehe in engem Kontakt mit dem Polizeipräsidenten zum Stand der Ermittlungen."
"Wie stark wird Varlas Tod die Kirche
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