Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cugel der Schlaue

Cugel der Schlaue

Titel: Cugel der Schlaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
einen unschicklichen Vorfall herauszufordern. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Morgen früh werden wir am Pier anlegen und unsere verschiedenen Geschäfte erledigen«, fuhr nun Kapitän Baunt fort. »Drofo, ich schlage vor, daß Ihr diesen Aufenthalt gut nutzt. Salbt eure Tiere ordentlich, befreit sie von Schmarotzern, kuriert ihre Schürfwunden und Geschwüre. Arbeitet täglich mit ihnen im Hafen, denn Untätigkeit verdirbt sie. Diese Stunden vor Anker sind kostbar, jede muß voll genutzt werden, gleichgültig, ob es Tag oder Nacht ist.«
    »Genau das sind meine eigenen Überlegungen«, versicherte ihm Drofo. »Ich werde Cugel sofort die nötigen Befehle erteilen.«
    Soldinck rief: »Ein letztes Wort. Lankwilers Verschwinden mit dem Steuerbordaußenwurm hätte uns enorme Unannehmlichkeiten bereiten können, wäre nicht die weise Taktik unseres Oberwurmingers gewesen. Unser geschätzter Meister Drofo lebe hoch!«
    Drofo bedankte sich mit einem flüchtigen Kopfnicken, dann gab er Cugel seine Anweisungen, woraufhin er sich wie üblich an die Bugreling lehnte und grübelnd über das Wasser schaute. Bis Mitternacht arbeitete Cugel mit seinen Schneidern, dem Brünierstahl und Bohrer, dann machte er sich an die Beseitigung von Pusteln, Wasserstein und Saugstechern. Drofo hatte sich längst schon von seinem Platz am Bug zurückgezogen, und Kapitän Baunt war früh in seine Kabine gegangen. Endlich beendete Cugel seine Arbeit und stahl sich in seine Koje.
    Gleich darauf, oder so erschien es ihm zumindest, riß Codnicks, der Schiffsjunge, ihn aus dem Schlaf. Gähnend und blinzelnd stolperte Cugel an Deck und stellte fest, daß die Sonne aufging und Kapitän Baunt ungeduldig hin und her stiefelte.
    Bei Cugels Anblick blieb Baunt stehen: »Hurra! Endlich hast du dich entschlossen, uns mit deiner Anwesenheit zu beehren! Selbstverständlich können unsere dringenden Geschäfte an Land warten, bis du geruhst, die Augen zu öffnen. Fühlst du dich nun in Stimmung, den Tag zu beginnen?«
    »Jawohl, Herr!«
    »O vielen Dank, Cugel. Drofo! Hier ist Euer Wurminger endlich!«
    »Sehr gut, Kapitän. Cugel, du mußt dir angewöhnen, bereit zu sein, wenn du gebraucht wirst! Lege deine Würmer wieder ins Geschirr, wir müssen das Schiff zum Pier bringen. Halt die Stiller bereit, und benutz keinen Köder.«
    Mit Kapitän Baunt auf dem Achterdeck, Drofo wachsam am Bug und Cugel, der zwischen den Würmern an Back- und Steuerbord hin und her eilte, bewegte die Galante sich langsam durch den Hafen zu einem der Piers. Einheimische Hafenarbeiter in langen dunklen Gewändern und hohen Hüten, von denen dichte Schleier über das Gesicht fielen, griffen nach den Leinen und machten sie an den Pollern fest. Cugel stillte die Würmer, lockerte das Geschirr und fütterte die Tiere.
    Kapitän Baunt teilte Cugel und den Schiffsjungen zur Gangwaywache ein. Alle anderen gingen entsprechend gewandet und verschleiert an Land. Kaum hatten sie das Schiff verlassen, verbarg auch Cugel seine Züge hinter einem behelfsmäßigen Schleier, warf sich einen Umhang über, und ging ebenfalls von Bord, fast unmittelbar gefolgt von Codnicks, dem Schiffsjungen.
     
    Vor vielen Jahren war Cugel durch die alte Stadt Kaiin in Ascolais, nördlich von Almery, gekommen. In der verblaßten Pracht von Pompodouros entdeckte er viele Ähnlichkeiten mit Kaiin, die sich zum größten Teil durch die zerfallenen Paläste an den Hängen ergaben, deren Ruinen nun mit Fingerhut, Steinwurz und einigen kleinen Zypressen überwuchert waren. Pompodouros lag in einer unfruchtbaren Mulde mit niedrigen Hügeln ringsum. Die jetzigen Bürger der Stadt hatten sich Steine von den Ruinen geholt und sie für ihre Zwecke benutzt: zum Bau ihrer Hütten, des Männerklubhauses, der Marktkuppel, eines Spitals für Männer und eines anderen für Frauen, eines Schlachthauses, zweier Schulen, von vier Schenken, sechs Tempeln, einigen Werkstätten und einer Brauerei. Auf dem Hauptplatz warfen ein Dutzend weiße Dolomitenstatuen, nun mehr oder weniger beschädigt, breite schwarze Schatten fort von dem schwachen roten Sonnenschein.
    Straßen schien es in Pompodouros keine zu geben, nur offene Flächen und geräumte Wege durch Schutt und Trümmer. Auf diesen Plätzen und Behelfswagen gingen die Männer und Frauen der Stadt ihren Geschäften nach. Aufgrund ihrer langen Gewänder und den schwarzen Schleiern, die von den Hüten hingen, wirkten die Männer groß und schmal. Die Frauen trugen dunkelgrüne,

Weitere Kostenlose Bücher