Cugel der Schlaue
mitbringt.«
Etwas später kam die Frau mit einem nassen Sack und einem Weidenkorb aus dem Moor zurück. Sie machte Feuer und bereitete das Abendessen zu, während Erwig, der Gastgeber, eine Gitarre mit zwei Saiten zum Vorschein brachte. Die Wartezeit vertrieb er Cugel mit Balladen aus der Gegend.
Endlich rief die Frau Cugel und Erwig in die Hütte, wo sie Schalen mit Haferschleim, gebratenes Moos und Ganion mit Schwarzbrotbrocken auf den Tisch stellte.
Nach dem Essen schob Erwig seine Frau und die Kinder aus der Hütte. »Was wir zu sagen haben, ist für arglose Ohren nicht geeignet«, erklärte er. »Dieser Herr ist ein Reisender von Bedeutung und möchte nicht jedes Wort abwägen müssen.«
Er brachte einen irdenen Krug zum Vorschein, schenkte in zwei Becher Reisbranntwein und stellte einen vor Cugel, ehe er sich ganz der Abendunterhaltung hingab.
»Woher kommt Ihr und wohin wollt Ihr?« erkundigte er sich. Cugel kostete das Getränk, das ihm schier Mund und Kehle verätzte. »Ich bin in Almery zu Hause und beabsichtige nun, dorthin zurückzukehren.«
Erwig kratzte sich verblüfft am Kopf. »Ich verstehe nicht, weshalb Ihr Euch so weit davon entferntet, nur um wieder zurückzukehren!«
»Die Schuld liegt an der Bosheit gewisser Feinde, die mir einen schlimmen Streich spielten. Wenn ich zurück bin, werde ich mich auf angemessene Weise rächen!«
»Nichts beruhigt mehr.« Erwig nickte verständnisvoll. »Ein unmittelbares Hindernis auf Eurem Weg ist jedoch die Ebene der Stehenden Steine, wegen der Grues und Asmen, die dort ihr Unwesen treiben. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, daß Pelgrane ebenfalls nicht selten sind.«
Cugel spielte nervös mit dem Schwertknauf. »Wie weit ist es bis zu dieser Ebene?«
»Vier Meilen südlich von hier steigt der Weg allmählich an, und die Ebene der Stehenden Steine beginnt, dann führt er gut fünfzehn Meilen von Steinhügel zu Steinhügel. Ein wagemutiger Wanderer schafft es, die Ebene in vier bis fünf Stunden zu durchqueren, vorausgesetzt, er wird nicht aufgehalten oder verschlungen.«
»Ein Zoll Vorsicht ist zehn Meilen Nachsicht wert …«
»Das habt Ihr gut gesagt!« lobte Erwig und nahm einen tiefen Schluck. »Mir wahrlich aus der Seele gesprochen! Cugel, Ihr seid klug!«
»Weil wir schon dabei sind, darf ich Euch nach Eurer Meinung über Cuirnif fragen?«
»Nun, die Leute sind auf mancherlei Weise merkwürdig«, entgegnete Erwig. »Sie brüsten sich mit der Vornehmheit ihrer Manieren, dabei kalken sie ihr Haar nicht, und auch ihre religiösen Gebräuche lassen zu wünschen übrig. Beispielsweise erweisen sie der Gottheit Wiulio nicht mit der rechten Hand auf dem Gesäß die Ehre, sondern auf dem Bauch, was wir für unfein halten. Was sagt Ihr dazu?«
»Nun, ich finde, das Ritual sollte durchgeführt werden, wie Ihr es beschreibt«, versicherte ihm Cugel. »Anders ist es nicht angebracht.«
Erwig füllte Cugels Becher nach. »Ich erachte dies als eine sehr gewichtige Bestätigung unserer Ansicht, gerade, da sie von Euch, einem welterfahrenen Reisenden kommt.«
Die Tür schwang auf, und Erwigs Ehegespons blickte herein. »Die Nacht ist dunkel, ein bitterer Wind bläst aus dem Norden, und ein schwarzes Untier lauert am Rand des Moores.«
»Haltet euch im Schatten. Der heilige Wiulio beschützt die Seinen. Es ist undenkbar, daß du und deine Bälger unseren Gast belästigen!«
Murrend schloß die Frau die Tür wieder und kehrte ins Dunkel zurück. Erwig rutschte auf seinem Stuhl ein wenig nach vorn und nahm einen beachtlichen Schluck des Reisbranntweins. »Die Leute von Cuirnif sind, wie ich schon sagte, recht seltsam, aber ihr Herrscher, Herzog Orbal, übertrifft sie in jeder Weise. Er widmet sich dem Studium von allem Unerklärlichen. Jeder herumziehende Gaukler, jeder Möchtegernmagier, und wenn er nur zwei Zaubersprüche auswendig kennt, wird in der Stadt gefeiert und mit dem Besten bewirtet!«
»Eine wahrlich seltsame Marotte!« rief Cugel.
Wieder ging die Tür auf, und die Frau schaute in die Hütte. Erwig stellte heftig den Becher auf den Tisch und blickte finster über die Schulter. »Nun, Frau, was ist es diesmal?«
»Das Untier schleicht bereits um die Hütten. Man kann nicht wissen, ob es nicht auch Wiulio verehrt.«
Erwig wollte aufbrausen, doch diesmal ließ die Frau sich nichts sagen. »Dein Gast gewöhnt sich am besten schon jetzt an uns, denn schließlich werden wir ja alle gemeinsam auf dem Schilfhaufen schlafen.« Sie riß die Tür
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