Cugel der Schlaue
gesunden Würmer zu nehmen und mir dafür einen kranken zu bringen, um ihn zu heilen und aufzupäppeln – wie Meister Drofo bestimmt bemerkt hat, auch wenn er kein Wort darüber verlor.«
Soldinck wandte sich an Drofo: »Stimmt das? Wenn ja, ehrt es Cugel sehr.«
Zögernd antwortete Drofo: »Nun, ich sprach gestern morgen mit Cugel darüber.«
Soldinck blickte Cugel an. »Fahr bitte fort.«
»Ich kann nur annehmen, daß Mutlosigkeit ihn zu einem letzten verzweifelten Schritt trieb.«
»Das klingt unvernünftig!« rief Kapitän Baunt. »Wenn er keinen Ausweg mehr sah, warum ist er dann nicht einfach ins Wasser gesprungen? Warum hat er einen unserer wertvollen Würmer mitgenommen?«
Cugel überlegte kurz. »Möglicherweise wollte er mit der Kreatur, an der er verzweifelte, in den Tod gehen.«
Soldinck blies seine Wangen auf. »Wie auch immer, Lankwilers unüberlegte Handlung bringt uns in arge Verlegenheit. Drofo, wie werden wir mit nur drei Würmern vorankommen?«
»Es wird zu keinen übermäßigen Schwierigkeiten kommen. Cugel kann sich um die Würmer an beiden Seiten kümmern. Um dem Steuermann die Arbeit zu erleichtern, werden wir doppelte Ködermenge an Steuerbord und halbe an Backbord benutzen. So müßten wir ohne größere Mühe nach Lausicaa gelangen, wo wir etwas unternehmen können.«
Kapitän Baunt hatte den Kurs bereits geändert, damit Madame Soldinck in den Paphnissischen Quellen baden konnte. Er hatte sich eine schnelle Fahrt erhofft und war deshalb über die Verzögerung nicht glücklich. Laufend beobachtete er Cugel, um sich zu vergewissern, daß er aus den Würmern herausholte, was nur möglich war. »Cugel!« rief er. »Kümmere dich um den Außenwurm! Er zieht zu sehr nach innen.«
»Jawohl, Herr Kapitän.«
Gleich darauf: »Cugel, dein Steuerbordwurm ist faul, er liegt nur im Wasser. Benutze frischen Köder!«
»Ich nehme bereits doppelte Menge und habe erst vor einer Stunde frischen eingefüllt«, brummte Cugel.
»Dann nimm einen halben Krug Heidingers Betörung, und beeil dich! Ich möchte Pompodouros morgen vor Sonnenuntergang erreichen!«
Während der Nacht wurde der Steuerbordwurm mißmutig und peitschte mit den Schwanzflossen das Wasser. Drofo, den das Platschen geweckt hatte, rannte aus seiner Kabine. Von der Reling aus beobachtete er, wie Cugel von der Planke aus ein Halteseil über die Flossen zu werfen versuchte.
Nachdem er eine Weile zugesehen hatte, war er sich des Problems klar geworden. Mit näselnder Stimme rief er: »Immer erst den Köder heben, dann erst das Seil werfen … Was geht dort unten eigentlich vor sich?«
Mürrisch antwortete Cugel: »Der Wurm will auf und ab tauchen und seitwärts schwimmen.«
»Was hast du ihn gefüttert?«
»Das übliche: halb Chalcorex und halb von Illems Besten.«
»Vielleicht solltest du in nächster Zeit etwas weniger Chalcorex geben. Dieser leichte Gewebeauswuchs hinter dem Rüssel ist gewöhnlich ein verläßliches Zeichen. Welchen Köder benützt du?«
»Doppelköder, wie man mir befahl. Außerdem verlangte der Kapitän, daß ich einen halben Krug Heidingers Betörung hinzufüge.«
»Ah, das ist das Problem! Du hast überködert, und das ist wahrhaft töricht!«
»Nur auf Kapitän Baunts Befehl!«
»Diese Ausrede ist schlimmer als keine. Wer ist denn der Wurminger, du oder Kapitän Baunt? Du kennst deine Würmer, du mußt sie nach deiner Erfahrung und deinem eigenen Gutdünken behandeln. Wenn Baunt sich wieder einmischt, dann bitte ihn zu dir hinunter und ersuche um seinen Rat für die Behandlung eines Geschwürs. So verhalten sich Wurminger! Ändere sofort den Köder und übergieße den Wurm mit einem Eimer Blagins Mulzent.«
»Jawohl, Herr«, knirschte Cugel zwischen den Zähnen. Drofo studierte kurz noch den Himmel und Horizont, dann kehrte er in seine Kabine zurück, während Cugel sich daranmachte, den Wurm zu übergießen.
Kapitän Baunt hatte in der Hoffnung auf günstigen Wind das Segel setzen lassen. Zwei Stunden nach Mitternacht kam ein Seitenwind auf, der das Segel gegen den Mast peitschte. Das laute Klatschen riß Kapitän Baunt aus dem Schlaf. Er taumelte an Deck. »Wo ist der Ausguck? He, Wurminger! Du dort. Ist denn niemand hier?«
Cugel kletterte von der Planke an Deck. »Nur der Ausguck, der unter der Laterne schläft.«
»Nun, und was ist mit dir? Weshalb hast du das Segel nicht verzurrt? Bist du vielleicht taub?«
»Nein, Herr, aber ich war unter Wasser und habe den Wurm mit Blagins Mulzent
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