Cugel der Schlaue
Euch danach. Dies war die letzte Warnung!«
Madame Soldinck murmelte vor sich hin und beugte sich über das Steuerrad. Cugel kehrte zur Kajüte zurück. »Nun zu deiner Neuerung«, wandte er sich an Salasser. »Obwohl ich vermute, daß in zwanzig Äonen wohl kaum etwas unversucht blieb.«
»Das mag sein«, gestand Salasser ihm mit bezaubernder Nachgiebigkeit zu. »Doch sollen wir uns deshalb von einem eigenen Versuch abhalten lassen?«
»Natürlich nicht.«
Die Neuerung wurde ausprobiert, und Cugel schlug eine Abwandlung vor, die sich ebenfalls als angenehm erwies. Danach sprang Cugel erneut aus dem Bett und wollte aus der Kajüte laufen, doch Salasser zog ihn zurück. »Du bist heute so ruhelos wie ein Tonquil. Was ist in dich gefahren?«
»Der Wind wird stärker! Hörst du, wie das Segel klatscht? Ich muß nach dem Rechten sehen!«
»Warum willst du dir die Mühe machen«, schmollte Salasser. »Soll Mama sich doch darum kümmern.«
»Wenn sie das Segel noch weiter refft, muß sie das Ruder verlassen. Und wer kümmert sich um die Würmer?«
»Die schlafen … Cugel! Wo willst du hin?«
Cugel war bereits mittschiffs und stellte fest, daß das Segel im Rückenwind heftig gegen die Schoten peitschte. Er kletterte aufs Achterdeck – Madame Soldinck hatte verärgert ihren Posten verlassen und sich offenbar schlafen gelegt.
Cugel blickte auf den Anzeiger. Er deutete nach Norden und das Schiff schlingerte und gierte nach Backbord. Hastig drehte er das Ruder, der Bug wendete, der Wind erfaßte das Segel mit einem gewaltigen Klatschen, so daß Cugel um die Schoten fürchtete. Erschreckt durch das Zerren, bäumten die Würmer sich auf, tauchten, lösten das Geschirr und schwammen davon. »Alle Mann an Deck!« brüllte Cugel, doch niemand kam. Er verzurrte das Ruder und geite im Dunkeln das Segel auf, nicht ohne mehrere scharfe Hiebe von den peitschenden Schoten abzubekommen.
Der Wind trieb das Schiff nun in östliche Richtung. Cugel ging auf Suche nach seiner Mannschaft und mußte feststellen, daß sie sich in ihre Kabinen eingeschlossen hatten und seine Befehle mißachteten.
Tobend versuchte er, die Türen einzutreten, prellte sich dabei jedoch bloß den Fuß. Hinkend kehrte er mittschiffs zurück und verzurrte alles so gut wie möglich.
Der Wind heulte nun durch das Tauwerk, und das Schiff zeigte eine Neigung querzuschlagen. Wieder rannte Cugel bugwärts und brüllte seine Befehle. Wenigstens Madame Soldinck antwortete ihm: »Seid still und laßt uns in Frieden sterben! Wir sind alle krank!«
Noch einmal trat Cugel nach der Tür, ehe er zum Ruder humpelte. Mit größter Anstrengung gelang es ihm, das Schiff wieder aufzurichten und es gleichmäßig vor dem Wind treiben zu lassen.
Die ganze Nacht blieb Cugel am Ruder, während der Sturm heulte und kreischte und die Wellen immer höher schlugen und manchmal sogar ihre Gischt über die Heckreling warfen. Als Cugel dabei einmal über die Schulter blickte, bemerkte er den Schein widerspiegelnden Lichtes.
Licht? Von woher?
Es mußte aus der Achterkajüte kommen! Er hatte ganz gewiß keine Lampe dort angezündet – was bedeutete, daß jemand, seinen ausdrücklichen Befehlen trotzend, es getan hatte.
Cugel konnte es nicht wagen, das Ruder zu verlassen, um das Licht auszulöschen. Aber heute war es ohnehin nicht so schlimm. Selbst wenn er einen Leuchtstrahl über das Meer schickte, gäbe es keinen, der ihn sehen könnte.
Stunden vergingen, und das Schiff brauste vom Sturm getrieben ostwärts, mit Cugel mehr tot als lebendig am Steuerrad. Nach einer wahren Ewigkeit endete die Nacht, und stumpfes Purpur färbte den Osten. Schließlich ging die Sonne auf und offenbarte ein Meer schwarzer wogender Wellen mit weißen Gischtkronen.
Der Wind flaute ab. Nun würde das Schiff wieder seinen Kurs halten. Schmerzhaft streckte Cugel sich und bewegte die steifen Finger. Er stieg zur Achterkajüte hinunter und stellte fest, daß jemand gleich zwei Lampen an das Achterfenster gestellt hatte.
Er löschte die Lichter aus, schlüpfte aus dem blaßblauen Seidenrock und zog seine eigene Kleidung an. Er setzte sich den dreikrempigen Hut mit dem ›Sprühlicht‹ als Spange auf, rückte ihn wirkungsvoll zurecht und marschierte bugwärts. Madame Soldinck und ihre Töchter fand er in der Kombüse bei einem Frühstück aus Tee und Keksen. Keine sah mitgenommen von überstandener Seekrankheit aus, im Gegenteil, alle wirkten gut ausgeruht und heiter.
Madame Soldinck drehte den Kopf,
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