Culpa Mosel
obduziere, und wies darauf hin, dass Gabi als Schwangere nichts in der Gerichtsmedizin zu suchen habe.
»Sie haben einen Mordfall?« Der Besucher aus Koblenz schien aus den Gesprächsfetzen herausgehört zu haben, um was es ging.
»Seit heute«, Walde nickte. »Der erste für dieses Jahr.«
»Dann habe ich wahrscheinlich keinen günstigen Zeitpunkt gewählt, um herzukommen. Ich hätte vorher anrufen sollen.«
»Nun sind Sie da! Was kann ich für Sie tun?« Walde hatte sich zurückziehen wollen, um in Ruhe alle Fakten zu überdenken. Nun hatte er den Faden verloren und musste sich später aufs Neue in den Fall hineinversetzen.
»Es gibt zwei Spuren, die wir verfolgen. Zum einen ist es möglich, dass der Täter aus dem Altenheim stammt. Es ist zwar kein ähnlicher Fall dokumentiert, aber die Möglichkeit besteht, dass ein dementer Mitbewohner für die Tat verantwortlich ist. Wobei von Verantwortung im wörtlichen Sinn nicht gesprochen werden kann. Das im Mund des Opfers gefundene Blei stammt vermutlich aus seinem Zimmer. Es weist, ebenso wie die Lettern aus dem Setzkasten, neben Blei einen ähnlichen Gehalt an Zinn und Antimon auf.«
»Also aus dem Setzkasten«, sagte Walde. Dabei schaute er zu dem hölzernen Kasten, der neben der Tür an der Wand lehnte.
»Die KT kann das mit letzter Sicherheit nicht sagen.« Decker hob die Hände. »Ein Teil unserer Leute geht nun die Veteranen aus der Reservistenkameradschaft von Pawelka durch, und mich haben sie hierher geschickt. Es sind schon über zwanzig Jahre her, dass Pawelka in Trier stationiert war und mit seiner Familie in Saarburg gewohnt hat. Man wollte Sie wohl nicht mit weiteren Ermittlungen strapazieren. Wir suchen auch immer noch nach der älteren Tochter.« Der Kollege hörte sich nicht sehr begeistert an. Als Decker Saarburg erwähnte, horchte Walde auf.
»Können Sie mir einen Tipp geben, wo ich übernachten kann? Beim letzten Mal war ich mit dem Rad hier, auf dem Campingplatz, ist schon eine Zeit lang her.«
Auf der Fahrt zur Gerichtsmedizin saß Walde am Steuer. Gabi war ohne Murren im Präsidium geblieben. Grabbe aß ein dick belegtes Baguette, während er von der Befragung der Anwohner am Saarburger Tatort berichtete.
»Außer einem Pickup, der in der letzten Nacht in der Nähe geparkt haben soll, haben wir nichts herausfinden können«, schloss er seine Zusammenfassung ab und wischte Krümel von Kleidung und Sitz.
»Und was ist mit dem Schwiegersohn, dem Vertreter?«
»Er soll frühmorgens, von Stuttgart aus, zu Kunden in die Pfalz gefahren sein. Das prüft Gabi, auch die Pension. Ich kann dir gerne was abgeben«, bot Grabbe an.
»Danke.« In Erwartung einer sicher unangenehmen Obduktion war Walde nicht nach Essen zumute.
»Es gibt da noch ein kleines Problem. Wir haben für morgen den Kurztrip nach London gebucht. Einen Urlaubsantrag brauchte ich ja nicht zu stellen, weil Wochenende ist.«
»Was sagt Gabi dazu?«
»Ich wollte erst mal mit dir reden.«
»Du fliegst doch nicht gerne?«
»Ich bin noch nie geflogen!«, betonte Grabbe. »Und zum Thema Fähre brauche ich auch nix zu sagen. Du weißt ja, wie empfindlich mein Magen schon auf eine Fahrt mit dem Polizeiboot reagiert.«
»Und wie kommt es, dass du jetzt fliegen wirst?«
»Keine Ahnung, das kann ich nicht erklären und will es auch gar nicht. Seitdem ich aus dem Koma … du weißt. Ist halt so. Kannst du mal ein bisschen auf die Tube drücken?«
»Ich habe Frau und Kinder.«
»Dann heirate auch, damit sie wenigstens versorgt sind, wenn wir uns um einen Mast wickeln!«
Bis zum Einparken auf dem Parkdeck des Krankenhauses fiel Walde keine andere Situation ein, in der Grabbe es geschafft hatte, ihn sprachlos zu machen.
»Da sind Sie ja, meine Herren. Wir haben schon mal ein wenig vorgearbeitet.«
Dr. Hoffmann kam ihnen in dem bis zur Decke gefliesten Flur des Kellers entgegen. »Eine Sekunde.«
Er schloss die Tür zu seinem Büro auf. Als er wieder herauskam, knöpfte er einen frischen weißen Kittel zu. »Übrigens, wissen Sie, welche Frau immer weiß, wo sich ihr Mann gerade aufhält?«
»Eine, die ihren Mann am Halsband führt?«, versuchte es Grabbe.
»Haben Sie eine Idee?«, wendete sich der Gerichtsmediziner an Walde.
Der schüttelte den Kopf.
Hoffmann hielt sich in vorauseilender Heiterkeit eine Hand vor den prustenden Mund. »Eine Witwe.«
»Oder die Frau eines Komapatienten«, murmelte Grabbe.
»Auch nicht schlecht.« Hoffmann stockte einen Moment, bevor er ihnen
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