Culpa Mosel
seine Position veränderte, fiel Walde das Kabel auf, das aus der Badewanne über die Fliesen zu einer dreipoligen Steckdose führte. Er ging einen Schritt in das Bad hinein. Ein Tauchsieder hing im Wasser.
Sattler war ihm in den Raum gefolgt. »Die Temperatur des Durchlauferhitzers ist auf fünfundfünfzig Grad eingestellt. Das schien dem oder den Tätern nicht heiß genug gewesen zu sein. Da wurde mit dem Tauchsieder nachgeholfen.« Sattler beugte sich hinunter und zeigte auf den Griff des Gerätes. »Hier, knapp über der Wasserlinie. Es wurde sogar die Wasserverdrängung des Opfers berücksichtigt. Etwas tiefer und das Wasser hätte die elektrischen Anschlüsse im Griff erreicht, dann wäre die Frau an einem Stromschlag gestorben.«
Walde schaute unwillkürlich zur Steckdose. Wie er feststellte, war die Verlängerungsschnur nicht mehr eingestöpselt. »Man wollte sie nicht einfach umbringen, sie sollte verbrüht werden.«
»Die Frau muss geschrien haben wie am Spieß«, sagte Sattler. »Hat das denn niemand gehört?«
»Das werden wir herausfinden«, sagte Grabbe. »Ich spreche mal mit Knopp. Weiß jemand, wie die Tote heißt?«
Das Rauschen des Wasserfalls, das die ganze Zeit als dauerndes Hintergrundgeräusch präsent gewesen war, schwoll plötzlich an. Irgendwo in der Wohnung musste ein Fenster geöffnet worden sein.
»Hertha Becker, lebte allein hier, seit ihr Mann gestorben ist. Falls ihr euch umsehen möchtet.« Sattler zeigte auf eine große Tüte in einem offenen Metallkoffer. »Sollte es Spuren geben, dann müsste sich allein im Badewannenvorleger genügend DNA vom Täter finden. Außerdem haben wir noch das gefunden.« Er öffnete eine Tür, die in ein geräumiges Wohnzimmer führte, in das Walde, gefolgt von Gabi und Grabbe, eintrat. Ölbilder mit Darstellungen von Saarburg hingen an den Wänden, an der Längswand stand ein rustikaler Schrank, schwere Polstermöbel vervollständigten die Einrichtung. Auf dem Tisch in passendem Holz standen zwei Cognacschwenker.
»Wir haben sie natürlich nicht angerührt.« Sattler war in der Tür stehen geblieben.
Gabi beugte sich über den Tisch und schnupperte an einem der Gläser. »Vielleicht wurde ihr da was reingetan.« Sie richtete sich wieder auf. »Jedenfalls scheint der Täter ihr bekannt gewesen zu sein, zumindest hat er oder sie ihr Vertrauen so weit gewonnen, dass sie ihn bewirtet hat.«
»Wart ihr schon in den anderen Räumen?«
»Wir waren zwar schneller als ihr, aber so viel Vorsprung hatten wir dann doch wieder nicht.« Sattler ging zurück ins Bad, wo der Gerichtsmediziner mit dem Fotografen Detailaufnahmen absprach.
Hinter der Tür, die Walde als nächste öffnete, fand er das Schlafzimmer. Das Bett war nicht benutzt. Am Schreibtisch vor dem Regal mit Aktenordnern schien schon lange niemand mehr Platz genommen zu haben. Daneben standen ein Korb mit gefalteter Wäsche und ein Bügelbrett. Aus dem Fenster, das wie das nach vorne zum Markt führende dreifach verglast war, sah er in einen gepflasterten Innenhof, auf dem sich zwischen zwei mit trockenem Gestrüpp bewachsenen Blumenkübeln ein Kindertraktor mit Anhänger festgefahren hatte. Das nächste Zimmer war eine Rumpelkammer, in der genauso wie in der aufgeräumt wirkenden Küche, an der Walde als nächstes vorbeikam, die Kollegen von der Kriminaltechnik zugange waren. An der Wohnungstür sprach Grabbe mit dem älteren Polizisten, der vorhin auf der Straße vor dem Haus gewesen war.
»Kollege Knopp«, fasste Grabbe für Walde zusammen, »er sagt, die Tochter der Toten habe ihre Mutter in der Wohnung aufgesucht, nachdem diese die Tüte mit den beiden Brötchen, die sie ihr jeden Morgen an die Tür hängte, bis um zehn Uhr nicht reingeholt hatte.«
»Die Elli, also Elisabeth Becker, ist oben in ihrer Wohnung«, berichtete der Wachtmeister mit lauter Stimme. »Herr Dr. Herwegen musste kommen. Er ist noch oben bei ihr.«
»Wie heißt die Tochter mit Nachnamen?«, fragte Walde.
»Becker, Elisabeth Becker«, schnarrte Knopp und nahm dabei eine gerade Haltung an, als würde er Meldung beim Militär machen.
»Unverheiratet?«
»Nein, sie hat einen Herrn Becker mit e geheiratet, der Bäcker mit ä war und nun als Vertreter für Molkereiprodukte tätig ist. Er ist die Woche über meistens unterwegs.«
»Sie kennen sich aber bestens aus«, bemerkte Gabi.
»Ich bin seit über 30 Jahren hier. Viele Saarburger waren schon als Kind bei mir in der Verkehrsschule. In so langer Zeit bleibt es
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