Culpa Mosel
nicht aus, dass man dazugehört und auch einiges erfährt.«
»Dann können Sie uns vielleicht auch sagen, wer die Hertha Becker nicht leiden konnte.«
»Na ja, die Hertha«, er sprach auf einmal deutlich leiser. »Sie hatte ihren eigenen Kopf und ihre eigene Meinung. Daraus hat sie keinen Hehl gemacht. Vielleicht ist der Herbert, ihr Schwiegersohn, auch deshalb Vertreter geworden.«
»Hatte sie Feinde?«
»Nein, von Feinden kann man nicht direkt sprechen. Jedenfalls ist mir in dieser Richtung nichts zu Ohren gekommen.«
»Ich höre mich mal in der Nachbarschaft um.« Grabbe ging die Treppe hinunter, während Gabi und Walde nach oben gingen.
Der Hausarzt öffnete ihnen eine Etage höher die Tür. »Ich muss leider in die Praxis zurück«, er hielt ihnen eine Visitenkarte entgegen. »Rufen Sie mich an, wenn etwas sein sollte. Ihr Mann müsste bald hier sein.« Während er seine Arzttasche von der Anrichte in der Diele nahm, wies er zur offenen Tür. Die Wohnung war genauso geschnitten wie die darunter liegende. Selbst die Möbel in dem Wohnzimmer, wo eine etwa fünfzigjährige Frau auf dem Sofa saß, waren ähnlich angeordnet wie unten.
»Mein Beileid«, sagte Walde und gab der Frau die Hand.
»Mein Name ist Bock, ich bin Hauptkommissar bei der Kriminalpolizei, das ist meine Kollegin, Hauptkommissarin Gabi Wagner.« Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass es die Zuverlässigkeit und die Genauigkeit der Antworten seiner Gesprächspartner förderte, wenn er seinen Dienstgrad nannte.
»Elisabeth Becker.« Ihr Händedruck war fest, die Hand fühlte sich kalt an. »Nehmen Sie Platz, möchten Sie einen Kaffee?«
Gabi und Walde winkten ab und setzten sich in die beiden Sessel gegenüber der Couch.
»Was soll ich Ihnen sagen?« Sie schien zu lallen, was wahrscheinlich von den Beruhigungsmitteln kam, die ihr der Hausarzt verabreicht hatte. »Ich hab’ … als die Brötchen noch um zehn an der Tür hingen, bin ich reingegangen.« Sie atmete tief ein. »Ich weiß jetzt nicht, was schlimmer war …«
»Wir können auch später reden«, sagte Walde.
»Sie sind ja jetzt da, was wollen Sie wissen?«
»Ist Ihnen etwas aufgefallen?«, fragte Gabi reflexhaft.
»Wenn ich was gehört hätte, wäre meine Mutter nicht … oder ich wäre vielleicht auch …«
»Ihre Mutter scheint gestern Abend oder heute Nacht Besuch gehabt zu haben. Es standen zwei Gläser auf dem Wohnzimmertisch.«
»Ich gehe früh schlafen, wie alle Bäckersfrauen, spätestens um neun. Auch wenn wir selbst nicht mehr backen, so muss doch alles aufgebacken werden, bevor wir um sieben aufmachen. Ich schlafe nicht immer besonders gut ein, aber wenn ich mal schlafe, dann kann man mich wegtragen.«
»Das wär’s für den Moment.« Walde erhob sich aus seinem Sessel.
»Soll ich bei Ihnen bleiben, bis Ihr Mann da ist?«, bot Gabi an.
Zurück im Trierer Präsidium war es Walde diesmal zu blöd, gleich wieder den Polizeipräsidenten aufzusuchen, um die längst versprochene Verstärkung einzufordern.
Auf dem Flur, gegenüber Waldes Büro, hockte ein junger Mann auf einem Stuhl. Walde war gedanklich noch so sehr mit den Eindrücken vom Tatort beschäftigt, dass er ihn nur oberflächlich grüßte.
Die Tür zu seinem Büro war nicht abgesperrt. Er hatte es vorhin in der Eile vergessen.
»Herr Bock?«, wurde er von hinten angesprochen.
»Ja?«
»Burkhard Decker, Kripo Koblenz. Ich bin hier wegen der Sache Pawelka.« Er hatte seinen Stuhl an der Lehne gefasst. »Ich war so frei.«
Walde sah, dass es sich um einen seiner Besucherstühle handelte.
»Gibt es eigentlich sonst niemanden im Dezernat?«, sagte der Koblenzer Kollege, während er den Stuhl vor Waldes Schreibtisch zurückstellte und ihm mit festem Druck die Hand gab. Mit sehr festem Druck, wie Walde feststellte, als er seine rechte Hand zu lockern versuchte. Als Hobbymusiker sorgte er sich um das Wohl seiner Finger.
»Wir kommen gut klar. Jedenfalls bisher in diesem Jahr.«
Noch während Walde überlegte, ob er ihm den Stuhl erneut anbieten sollte, saß der untersetzte Mann bereits wieder.
»Aha.« Der Kollege stützte beide Hände auf die Armlehnen, als traue er der Belastbarkeit des Stuhls nicht so recht.
»Wie gesagt, ich ermittle hier im Fall Pawelka. Im Koblenzer Raum haben sich bisher keine vielversprechenden Ermittlungsansätze ergeben. Ich soll …«, er hielt inne, weil das Telefon auf dem Schreibtisch läutete.
Hoffmann teilte mit, dass er am Nachmittag die Leiche aus Saarburg
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