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Cupido #1

Cupido #1

Titel: Cupido #1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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der geringsten Spur, hatte das FD LE außerdem die Dienste von Special Agent Dominick Falconetti zur Verfügung gestellt. Dominicks erste Amtshandlung war es gewesen, eine größere Korkwand anzuschaffen.
    Zwei billige Holzregale und ein Aktenschrank waren in die Ecken geschoben worden, um dem Kopierer, drei Computern und den vielen Pappkartons Platz zu machen, die sich an den Wänden stapelten. Die dort zuvor aufgehängten Andenken und Medaillen, Trophäen, Preise und Fotos hatten der «Mauer» weichen müssen und lagen jetzt in einem unordentlichen Haufen oben auf dem Aktenschrank. In den Pappkartons stapelten sich die grünen Folder mit den Ermittlungsberichten, die Vermisstenanzeigen, Polizeiberichte, Hinweise und Vernehmungsprotokolle. Material, das jedes Detail der letzten Monate, Tage und Minuten im Leben der jungen Frauen genau beleuchtete. Ein weiterer Stapel von Kisten enthielt die Kontoauszüge der Opfer, ihre Tagebücher, Kalender, Briefe, Fotoalben und E–Mails. Ihre persönlichsten und intimsten Besitztümer, ihre geheimsten Gedanken, Fakten und Details – sie waren für immer ein Teil des Archivs des Staates Florida geworden.
    Dominick holte die Schachtel mit den Reißzwecken, die auf dem Aktenschrank in der Ecke neben einem weiteren Kaffeebecher lag, dieser von 7–Eleven. Mit neonrosa Pins heftete er langsam fünf Fotos an die Korkwand, unter die Karteikarte mit der Aufschrift MARILYN SIBAN, 19.
    Ohne diese Karten wäre es so gut wie unmöglich, die Fundort–Fotos mit dem richtigen Porträt des Opfers zusammenzubringen. Die einst makellosen Gesichter waren verquollen und aufgedunsen; pfirsichfarbene Haut war jetzt aschfahl, bleigrau oder, schlimmer noch, ein faulendes, nässendes Schwarz. Wo vorher ein weißes Lächeln strahlte, wanden sich jetzt Maden auf einer geschwollenen bläulichen Zunge. Einst goldene Locken oder platinblonde Mähnen waren mit schwarzem Blut verkrustet. Im heißen und feuchten Klima Floridas schritt die Verwesung schnell voran. Oft waren die Leichen so gut wie nicht mehr erkennbar – man konnte sie nur noch anhand ihres Gebissabdrucks identifizieren.
    Dominicks Blick wanderte über die Korkwand, auf der Suche nach etwas, das nicht zu sehen war. Nicolette Torrence, dreiundzwanzig; Andrea Gallagher, fünfundzwanzig; Hannah Cordova, zweiundzwanzig; Krystal Pierce, achtzehn; Cyndi Sorenson, vierundzwanzig; Janet Gleeder, zwanzig; Trisha McAllister, achtzehn; Lydia Bronton, einundzwanzig. Marilyn Siban, neunzehn. Zwei weitere Porträtfotos lächelten vom Ende der «Mauer» zu ihm herunter, ihre Karteikarten noch nicht vollständig ausgefüllt. Morgan Weber, einundzwanzig, war zuletzt am 20. Mai 2000 in der Clevelander Bar in Miami Beach gesehen worden, und Anna Prado, vierundzwanzig, am 1. September 2000 in einem Nachtclub namens Level in South Beach. Noch zwei Vermisste. Alle beide vermutlich tot.
    Dominick nahm einen letzten Zug von der Zigarette und drückte sie aus. Eigentlich rauchte er seit ein paar Jahren nicht mehr, aber seit man Cyndi Sorenson und Lydia Bronton letzten Monat innerhalb von einer Woche gefunden hatte, war er ziemlich inkonsequent geworden. Er sah aus dem kleinen Fenster. Im Licht der Straßenlaternen warf der Stacheldrahtzaun um die Asservatenhalle gegenüber zackige Schatten auf den leeren FD LE –Parkplatz. Die Leute, die dort arbeiteten, hatten längst Feierabend gemacht, und draußen war es stockdunkel. Auf dem Konferenztisch lag ein dicker brauner Ordner, dessen Inhalt über die Polizeiberichte und Notizblöcke verteilt war. Der Ordner war nagelneu. Quer über den Umschlag hatte jemand geschrieben: «MARILYN SIBAN GEB: 16.04.81/VERMISST: 07. 07. 00/GEF: 17. 09. 00».
    Aufgrund des fortgeschrittenen Verwesungsstadiums von Marilyns Leiche hatte der Gerichtsmediziner sich nicht auf einen genauen Todeszeitpunkt festlegen können. Er schätzte, dass der Tod irgendwann innerhalb der letzten vier bis zwei Wochen eingetreten war. Das bedeutete, dass Cupido sie mindestens zwei Wochen lang gefangen gehalten hatte, bevor er ihr schließlich gestattete, zu sterben. In der rechten oberen Ecke des Ordners war die Zahl 44 gekritzelt mit einem Kreis darum, die Anzahl der Autopsie und Fundortfotos. Fünf davon hatte Dominick an die «Mauer» gepinnt.
    Erst vor zwei Tagen hatten Polizeibeamte des Miami Dade County während eines SWAT–Trainings mit Spezialwaffen in der Nähe der Everglades die Leiche der Neunzehnjährigen gefunden, in einem verlassenen Raketensilo

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