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Cupido #1

Cupido #1

Titel: Cupido #1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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ihm einfach nicht vergeben.
    Hättest du mich doch bloß gestern bei dir übernachten lassen!
    Chloe ging davon aus, dass sie beide wussten, dass es vorbei war, aber keiner derjenige sein wollte, der es zuerst aussprach. Michael hatte wahrscheinlich Angst vor der Lawine der Schuldgefühle, die ihn überrollen würde, falls er den Schlussstrich zog. Chloe fragte sich, was sie wohl empfinden würde, wenn er ihr irgendwann eröffnete, dass er nicht sein Leben mit ihr verbringen könne, auch wenn er sie immer lieben werde; ob sie nicht Freunde bleiben könnten. Erleichterung? Schuld? Wut? Traurigkeit? Und so plätscherte die Beziehung über den Sommer dahin, um im Herbst mehr und mehr zu verblassen. Sie sahen einander immer weniger, und keiner von beiden beklagte sich darüber.
    Bei Fitz & Martinelli wollte man, dass Chloe die Prüfung im Februar wiederholte, und bot ihr solange eine Stelle als Anwalts–gehilfin an. Sie lehnte ab. Allein die Idee, dass sie dort in der Kaffeeküche von ihr als dem «Vergewaltigungsopfer» reden würden, überforderte sie restlos. Und inzwischen war sie ja auch noch ein «Vergewaltigungsopfer, das ihr Examen geschmissen hatte».
    Bei der Nachuntersuchung nach drei Monaten riet der Gynäkologe ihr zu psychologischer Betreuung: «Vergewaltigungsopfer tragen Narben davon, die wir anderen nicht sehen können», sagte er. «Eine Therapie wäre ratsam, um Sie dabei zu unterstützen, mit all dem zurechtzukommen.»
    Es geht mir gut. Alles ist verheilt. Ich habe nur nicht wie vorgesehen das Examen gemacht. Vielen Dank für die Fürsorge. Dann verließ sie die Praxis und schwor sich, nie wiederzukommen.
    Im Oktober bewarb sie sich auf eine Stelle als Telefonistin für die Nachtschicht im Marriott Hotel am LaGuardiaFlughafen – einem großen, rund um die Uhr belebten Hotel mit Hunderten von Mitarbeitern, von denen keiner wusste, wer sie war. Sie arbeitete mit einem Kopfhörer in einem Hinterzimmer, sicher abgeschirmt vor der Öffentlichkeit und ihren neugierigen Blicken. Hier würde sie zwar kaum einen Mann kennen lernen, und ihre Eltern wären auch nicht stolz, wenn sie davon gewusst hätten. Michael war natürlich entsetzt über Chloes «mangelnden Ehrgeiz», wie er es nannte. Aber ihr gewährte dieser Job während der fürchterlichen Stunden der Nacht Sicherheit und die Anonymität in der Masse, die Chloe brauchte, um aufdringlichen Gesprächen auszuweichen. Und sie verdiente Geld. Ihre Schicht ging von 23:00 Uhr bis 7:00 Uhr morgens.
    Sie war gerade vier Wochen dort, als sie den Anruf erhielt. Es war fast sechs, die letzte Stunde ihrer Schicht hatte begonnen.
    «Marriott LaGuardia. Reservierungsannahme. Wie kann ich Ihnen helfen?»
    «Ich habe leider meinen Flug verpasst, und jetzt kriegt mich American Airlines bis morgen früh nicht aus der Stadt. Ich brauche wohl ein Zimmer. Haben Sie etwas frei?» Sie erkannte Bachs Arie «Schafe können sicher weiden», die leise im Hintergrund spielte.
    «Ich sehe sofort nach, Sir. Sind Sie Mitglied im Marriott Rewards Club?»
    «Nein, das bin ich nicht.»
    «Einzel oder Doppelzimmer?»
    «Einzelzimmer. »
    «Raucher oder Nichtraucher?»
    «Nichtraucher, bitte.»
    «Mit wie vielen Personen reisen Sie, Sir?»
    «Ich bin allein. Außer du hast Lust, zu mir zu kommen, Chloe.»
    Ihr Herz machte einen Aussetzer. Sie riss sich den Kopfhörer vom Kopf, warf ihn zu Boden und starrte ihn an wie eine Kakerlake. Adele, die Empfangschefin, kam zu ihr nach hinten, gefolgt von mehreren Mitarbeitern der Rezeption. Vom Fußboden war die leise Stimme zu hören: «Miss? Miss? Hallo? Ist da jemand?»
    «Alles in Ordnung?», fragte Adele. Chloe zuckte unter ihrer Berührung zurück.
    Hatte sie das wirklich gehört?
    Die Risse vertieften sich, breiteten sich immer mehr aus. Die Fassade würde springen. Sie starrte auf den Kopfhörer, den Adele vom Boden aufhob.
    «Hallo, Sir? Entschuldigen Sie. Hier spricht Adele Spates vom Empfang. Kann ich Ihnen helfen?»
    Chloe ging rückwärts zur Tür und schnappte sich ihre Handtasche vom Tisch, während Adele die Reservierung entgegennahm. Das Zimmer drehte sich. In ihrem Kopf wurden Stimmen laut.
    Ein hübsches Mädchen wie meine Chloe sollte man nicht alleine lassen.
    Du bist so lecker, so richtig zum Anbeißen.
    Hättest du mich doch bloß gestern bei dir übernachten lassen!
    Sie können sicher sein, dass wir aktiv auf der Suche nach dem Täter sind.
    Chloe rannte über den Hotelparkplatz, als wäre der Teufel selbst hinter ihr her.

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