Cupido #1
die sie kannte, und wollte sich dort einen Martini holen. Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe.»
Ein paar Leute, die sie kannte. Plural. Konnte es wirklich mehr als ein Täter sein? Normalerweise arbeiteten Serienmörder allein, aber es gab denkwürdige Ausnahmen, die Hillside–Würger zum Beispiel, zwei mordende Vettern aus Kalifornien. Nur mal angenommen, dass es mehr als einer war, musste Marilyn ihre Mörder gekannt oder ihnen zumindest so weit vertraut haben, um freiwillig das Lokal mit ihnen zu verlassen. Eine Weile hatten sie vermutet, dass alle Opfer ihren Mörder gekannt hatten. Warum sonst hätten sie freiwillig ihre Freunde in überfüllten Bars einfach stehen lassen sollen? Doch in dem Fall hätte sich ein Bindeglied zwischen den Personenkreisen um wenigstens einige der Opfer finden lassen müssen. Aber soweit sie es ermittelt hatten, kannten sich weder die Opfer untereinander, noch hatten sie gemeinsame Bekannte. Keine zwei der Mädchen hatten für den gleichen Kunden oder die gleiche Agentur gemodelt. Sie hatten überhaupt keine Verbindung finden können. Dominicks Gedanken drehten sich im Kreis, und er sah wieder auf die Korkwand.
Man musste nur wissen, wo man zu suchen hatte.
Es war Zeit, nach Hause zu gehen. Heute Abend gab es nichts mehr zu tun, und es war auch niemand mehr da, der es hätte tun können. Dominick sammelte die Berichte vom Tisch und steckte sie zurück in den neuen braunen Ordner. Er holte das Video von Marilyn Sibans Tatort aus dem Recorder und klappte sein Laptop zu. In diesem Moment klingelte sein Mobiltelefon.
«Falconetti.»
«Agent Falconetti, hier spricht Sergeant Lou Ribero vom Miami Beach P. D. Hören Sie, ich glaube, wir haben gute Neuigkeiten für Sie und Ihre Kollegen von der Sonderkommission. Es sieht so aus, als hätten wir Ihren Cupido geschnappt. Und sein letztes Opfer hat er auch dabei.»
16.
Mit Blaulicht jagte Dominick im Zickzackkurs von Spur zu Spur über den Dolphin Expressway in Richtung Miami Beach. Selbst um halb zehn Uhr abends war der Highway noch verstopft. Die Leute in Südflorida waren die schlechtesten Autofahrer des Landes. Die allerschlechtesten. Sie schlugen sogar die New Yorker noch. Entweder fuhren sie 30 Stundenkilometer unter dem Tempolimit oder 30 Stundenkilometer darüber, dazwischen gab es nichts. Außer Stillstand natürlich, wenn der Hase den Igel eingeholt hatte, in die Eisen steigen musste und damit kilometerlange Schlangen von roten Bremslichtern und Auffahrunfällen provozierte.
Kurz nach der Auffahrt der I–395 zum McArthur Causeway war der Verkehr komplett zum Erliegen gekommen. Weiter vorne auf der Gegenfahrbahn blinkte ein Meer aus blauen und roten Lichtern. Der Causeway teilte sich hier und erhob sich in zwei langen Brücken über den Intracoastal Waterway, sodass es keine Möglichkeit gab, auf die andere Seite zu wechseln, es sei denn, man schwamm. Dominick verfluchte den Vollidioten von Cop, der sich für seine Fahrzeugkontrolle ausgerechnet den McArthur Causeway ausgesucht hatte. Er schwenkte nach rechts auf den Seitenstreifen und fuhr einen knappen Kilometer am Stau der Gaffer vorbei – Hasen und Igel, jetzt in ihrer Neugier vereint, verrenkten sich die Hälse und reckten die Köpfe zum Fenster hinaus, um einen besseren Blick auf den greulichen Verkehrsunfall zu erhaschen, den sie weiter vorn vermuteten. Dominick war jetzt auf Höhe der Armada von fünfzehn bis zwanzig Streifenwagen, die auf der anderen Fahrbahn versammelt war. Ein Polizeihubschrauber hob eben ab. Der Verkehr war in beide Richtungen gesperrt, und auf beiden Seiten des Causeway saßen in den ersten Reihen blutlüsterne Schaulustige auf den Dächern und Motorhauben ihrer Autos und sahen zu, wie sich das Schauspiel vor ihnen entwickelte. Andere waren einfach nur frustriert und hupten.
Als er die Barrikade der Polizei passiert hatte, raste Dominick bis ans Ende des Causeway. Dort nahm er die Ausfahrt und versuchte, in westlicher Richtung auf den Causeway zurückzukommen. Das stellte sich als unmöglich heraus, denn der Verkehr stand still und staute sich schon auf der Auffahrt. Dominick musste einen Highway Trooper anfunken, um die Auffahrt räumen zu lassen, damit er überhaupt auf die Brücke kam.
Endlich war er vorbei an einer weiteren Straßensperre und einer weiteren Schlange von Gaffern und parkte seinen zivilen Pontiac Grand Prix hinter einer Kette von mindestens zehn Streifenwagen. Anscheinend war hier jedes
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