Curia
überwogen. Ein außergewöhnlich komplexer Wein, in dem die arkadischen Noten der Bandol sich mit den fruchtigen der Agiorgitiko zu einer Einheit von subtiler Raffinesse verbanden.
»Dieser neue Wein wird wie ein Sprung in die Tiefen der Seele sein.«
Vor Théos innerem Auge tauchte der Traum aus Siena auf.
Das Spiegellabyrinth verschwand, und wieder erschien der Kreis geöffneter Türen. In der Mitte stand ein Spieltisch, an dem ein Mann im Smoking saß. Er hatte kein Gesicht, wie die metaphysischen Puppen bei de Chirico. Théo setzte sich an den Tisch. Der Mann hob die Karten ab, nahm eine Karte vom Stapel und forderte ihn auf, ebenfalls eine zu nehmen. Théos Karte war die Nummer 10 des Tarotspiels, der Narr. Der Mann legte seine Karte auf den Tisch: der Eremit. Théo schrie: »Betrüger!«, sprang auf und wollte ihm die Maske herunterreißen.
Victor wedelte mit einer Hand vor seinen Augen. » Mon ami , sind Sie noch da?«
Dann stießen sie mit ihren Teetassen an und blieben einige Minuten schweigend sitzen, in Betrachtung des Sonnenuntergangs hinter den Bergen versunken.
»Sie war eine besondere Frau, nicht wahr?«, fragte La Violette.
»Als Shakespeare den Sommernachtstraum schrieb, muss er an so eine Frau gedacht haben.«
27 Ein kahl geschorener Mann kam mit zackigem Marschschritt in Dominicis Büro, den Arm zum römischen Gruß erhoben. Er setzte sich vor den Kommissar und rückte einen Schal aus blauer Seide zurecht, der über ein T-S hirt mit der Aufschrift »Harvard University« fiel.
»Salve, edler Vogel«, sagte der Mann zu Poirot, der auf einem Ständer über dem Schreibtisch hockte und gerade einen Obstsalat verspeiste.
» Salve, Nervensäge «, krächzte Poirot und hackte weiter auf die Früchte ein.
»Nun, Cino?«
»Fertig.« Cino reichte dem Kommissar einen Bericht. »Wir haben sie nach allen Regeln der Kunst am Arsch. Cino Pantani gibt dir sein Wort.«
An der Zigarettenspitze kauend, in der eine erloschene Gitane steckte, vertiefte der Kommissar sich in die Lektüre.
»Wie bist du vorgegangen?« Der Kommissar klappte den Bericht zu.
»Ich habe bei den Maltesern angefangen. Sie stehen natürlich stramm, aber der Arsch klebt ihnen schon an der Wand.«
Der Malteserorden zähle elftausend Mitglieder, auf fünfzig Organisationen in ebenso vielen Ländern verteilt, so Pantani. Obwohl der Orden seit einigen Jahrzehnten auch nichtadelige Mitglieder aufnehme, blieben doch alle leitenden Funktionen weiterhin in den Händen des europäischen »schwarzen Adels«.
»Europäischer schwarzer Adel?«, fragte der Kommissar. »Ich dachte immer, es gibt nur einen schwarzen Adel, den in Rom.«
»Ich habe beim Collegio Araldico in Rom angerufen, wo ich eine Bohnenstange vom Typ ›einmal drauf und nichts wie weg‹ kenne«, sagte er augenzwinkernd. »Die Betty hat mir erzählt, dass der Begriff gut zwanzig über Europa verstreute adelige Familien umfasst. Die Herrschaften rühmen sich einer ununterbrochenen genealogischen Linie bis zurück zum Heiligen Römischen Reich. Großkotzige Wichser, allesamt mit dem Vatikan verbandelt.«
»Und dann?«
»Ich habe mir die Supernumerarier des Opus Dei vorgenommen, die auf der CD von Carlomagno, und sie mit den Malteserrittern abgeglichen.«
Herausgekommen seien 2 352 Namen. Er habe ihr Persönlichkeitsprofil auf der CD des Malteserordens gelesen. Die Liste verzeichnete gut hundert Adelige, natürlich alles Leute, die irgendwelche leitenden Posten hatten. Die anderen waren Mitglieder unterschiedlicher Grade, aber allesamt Finanziers oder erfolgreiche Unternehmer.
»Als ich diese Liste gelesen habe«, sagte Cino, »ist mir etwas aufgefallen. Das sind keine Typen, die du in den Oratorien von Kapuzinerklöstern findest. Wenn du denen Guten Tag sagst, ist die Antwort ein Schlag in die Fresse, wenn du Glück hast.«
»Erklär mir das.«
»Diese Leute haben nichts mit den offiziellen Zielen des Opus Dei und des Malteserordens zu tun. Warum wurden sie Mitglieder? Weil es geil ist, zum Club der großkotzigen Wichser zu gehören? Nee, nee. Cino Patani ist ja kein Trottel, und nichts auf der Welt geht mir mehr auf den Sack, als wie einer behandelt zu werden.«
Der Kommissar zündete die Gitane an. »Mach weiter.«
»Ich habe die Profile dieser Typen auf beiden CD s gelesen, auf der vom Orden und auf der von Carlomagno, weil ich Gemeinsamkeiten rauskriegen wollte. So was wie Mitgliedschaften in Clubs, Ehrenämter und so weiter.« Cino hob theatralisch
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