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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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ägyptische Papyri der 18. Dynastie. Mir ist bekannt, dass ein solcher Papyrus vor sechs Jahren Ihre Sammlung bereichert hat. Aus Gründen, die ich Ihnen gerne erklären werde, interessiert mich dieser Papyrus sehr. Der Inhalt Ihres Papyrus (oder sollte ich sagen »des Papyrus, den Sie sich geliehen haben«?) und die Geschichte, die ich Ihnen erzählen könnte, sind wie die zwei Hälften einer Schatzkarte. Warum vereinigen wir sie nicht in unser beider Interesse? Was halten Sie davon, wenn wir uns treffen und darüber sprechen?

    Er tippte die Adresse, druckte den Brief aus und unterschrieb ihn.

    »Théo«, sagte Clea zwei Tage später über die Sprechanlage, »da ist ein Anruf für dich aus New York. Eine gewisse Katrina Andras. Sie hat Griechisch mit mir gesprochen und besteht darauf, dass es vertraulich ist.«
    »Gib sie mir … Ja, das bin ich. Mit wem spreche ich?«
    »Ich bin die Privatsekretärin von Herrn Kassamatis. Es geht um Ihren Brief vom 15. September. Herr Kassamatis lädt Sie ein, ein Wochenende in seinem Haus auf Ikaria zu verbringen. Sind Sie einverstanden?«
    »Selbstverständlich.«
    »Gut. Ich gebe das weiter und rufe Sie noch heute zurück, um die Details zu besprechen. Herr Kassamatis hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass er ein Flugzeug nach Paris schicken wird, um Sie abzuholen.«
    Théo legte auf und streichelte den Kopf Ramses des Großen. War nicht schon diese Einladung eine Bestätigung, dass er den Papyrus gestohlen hatte?

    IKARIA, NORDÖSTLICHE ÄGÄIS, EINE WOCHE SPÄTER
    Eine weiße Gulfstream 550 mit der Aufschrift »Kassamatis Enterprises« setzte auf der Landebahn des Flughafens von Capo Drakano im Nordosten der Insel Ikaria auf. Das Flugzeug rollte bis zum Ende der Piste und hielt vor einem Hangar.
    Im Schatten des Gebäudes parkte ein sahneweißer Aston Martin Cabriolet. Auf einem Kotflügel saß ein Mann mit Fahrermütze.
    Einen ledernen Reisesack in der Hand, bekleidet mit einem blauen Hemd und Kakihosen, stieg Théo die Leiter herab und ging auf den Aston Martin zu. Der Mann kam ihm entgegen und grüßte, die Hand an die Mütze gelegt. Er heiße Odysseus und sei der Fahrer von Herrn Kassamatis.
    Wenige Minuten später fuhr das Auto über eine Straße, die an einer Steilküste entlanglief. Théo spähte nach unten. Der Meltemi, der Nordwind, trieb schaumgekrönte Wellen gegen die Klippen. Als Evdilos in Sicht kam, ein Dorf, das wie ein Amphitheater um eine Bucht herum anstieg, bog Odysseus in ein kleines Sträßchen ein, und der Aston Martin kroch über Serpentinen an den Hängen über dem Dorf hinauf. Nach der letzten Biegung lag ein Park mit griechisch-römischen Statuen vor ihnen. Zwischen hohen Pinien sah man eine neoklassische Hausfront. Der Wagen hielt vor einem schmiedeeisernen Tor.
    Ein Butler bat ihn auf eine sonnenüberflutete Terrasse über der Bucht von Evdilos. Théo stellte sich an die Brüstung.
    »Herrlicher Blick, nicht wahr?«, fragte hinter ihm eine tiefe Stimme auf Griechisch.
    Alexis Kassamatis sah genauso aus wie auf den Fotos, nur dass er statt des Zweireihers einen Anzug aus weißem Leinen ohne Schlips trug. Die dichten schwarzen Augenbrauen, die mit dem Weiß der Haare kontrastierten, betonten die dunklen Augen des Magnaten. Sie gaben einander die Hand.
    »Champagner?«
    »Gern.«
    Kassamatis ging zu einem Tischchen, zog eine Flasche Clos d’Ambonnay aus einem Kühler, entkorkte sie und füllte zwei Gläser. Dann wies er auf zwei Korbsessel im Schatten eines Sonnenschirms.
    »Ich habe vom Tod Ihres Bruders gehört. Das tut mir aufrichtig leid. Ein tragischer Unfall, wie es scheint.«
    Kassamatis hatte natürlich bereits Informationen eingeholt. »Es war kein Unfall.«
    Théo erzählte Kassamatis einen Teil der Ereignisse in Rom. Verriet er zu viel? Nein, er hatte das Treffen vorgeschlagen und musste als Erster ein paar Konzessionen machen, wenn er nicht mit leeren Händen nach Paris zurückfliegen wollte. Er erzählte ihm von Raisas Nachforschungen und von dem Überfall in der Garage. Von dem Kästchen und dem Pulver sagte er nichts.
    »Ich wette, Sie haben schon eine Möglichkeit gefunden, diese Intarsie abzuheben. Stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Und …?«
    »Meine Geschichte endet hier, Herr Kassamatis, jedenfalls vorerst. Jetzt sind Sie an der Reihe.«
    »Worüber soll ich sprechen?«
    »Über den Papyrus, was sonst?«
    Kassamatis breitete überrascht die Arme aus. »Aber, lieber Freund, ich weiß wirklich nicht, welchen Papyrus Sie

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