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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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der Loge.«
    »Ich habe dir die beste Antwort gegeben, die mir auf deine Frage einfällt.«
    »Dieses Pulver birgt ein außergewöhnliches Geheimnis, stimmt’s?«
    »Ja, und es tut mir wirklich leid, dass ich dir nicht mehr sagen kann.«
    »Hm. Wenn ich überlege, was du mir eben gesagt hast, wird hier wohl eher ein Quantenphysiker gebraucht als ein Chemiker.«
    »Fällt dir jemand ein?«
    »Lass mich nachdenken … Ja, ich glaube, ich kenne jemanden, der ausgeflippt genug ist. Ein Engländer. Er heißt Ken Mayo.«
    Mayo sei einer der älteren Forscher am Laboratoire Albert Einstein in Montpellier. Er hatte unter anderem am Niels-Bohr-Institut in Amsterdam gearbeitet, und seine Veröffentlichungsliste war beeindruckend.
    »Wie hast du ihn kennengelernt?«
    »In New York in einem Fast-Food-Restaurant im Village.«
    Neben ihm habe ein Typ gesessen, der seinen Hamburger kalt werden ließ, während er geheimnisvolle Gleichungen auf eine Papierserviette kritzelte. Irgendwann habe er ihn gefragt, was das sei.
    »›Eine Eintrittskarte in eine Parallelwelt‹, hat er geantwortet und weitergeschrieben. Ich habe ihn gefragt, was er meine. Dann stellte sich raus, dass er von der Idee der Zeitkorridore besessen ist. Er hat mir erklärt, dass man dank der schwarzen Löcher den Weg abkürzen und schneller als mit Lichtgeschwindigkeit in andere Welten reisen könne. Total verrücktes Zeug.«
    »Warte mal. Hat Einstein nicht gesagt, nichts in der Natur könne die Lichtgeschwindigkeit übertreffen?«
    »Das habe ich ihm auch entgegnet. Weißt du, was der Typ mir antwortet? Dass Einstein sich irrt.«
    Raisa sagte nichts, aber Ken Mayo gefiel ihr sofort.
    »Ich glaube, ihr beiden werdet euch prächtig verstehen. Willst du, dass ich ihn anrufe?
    »Wäre sofort zu früh?«
    »Die Zeugen Jehovas sind Waisenknaben gegen dich!«

    Monsignore Guzman ließ seinen Blick über die Fresken von Mantegna an den Wänden des Arbeitszimmers von Kardinal Alfieri schweifen.
    »Monsignore, was kann ich für Sie tun?«, fragte Camillo Alfieri. Der Kardinalstaatssekretär hatte ein knochiges Gesicht, und hinter den fingerdicken Brillengläsern blickten wachsame Augen auf den Besucher.
    » Eminencia , ich bin gekommen, um mit Ihnen über das Konklave zu sprechen. Im Interesse der Kirche natürlich.«
    »Ich höre.«
    »Zähen Gerüchten zufolge hat der Heilige Vater in seinen letzten Lebenstagen Kardinal Ottolenghi zu seinem gewünschten Nachfolger bestimmt, und er soll diesen Wunsch in einem Tagebuch niedergeschrieben haben. Sie sahen ihn jeden Tag. Was ist dran an diesen Gerüchten?«
    »Monsignore! Wie können Sie sich erlauben, mir eine solche Frage zu stellen?«
    »Meinen Sie nicht, unsere Begegnung wäre fruchtbarer, wenn wir aufhören würden, uns gegenseitig etwas vorzumachen?«
    Alfieri musterte den Monsignore mit sarkastischer Miene. »Gut, ich gehe auf Ihr Spielchen ein. Nehmen wir einmal an, diese Gerüchte entsprächen der Wahrheit. Na und? Ist das Konklave denn keine freie Wahl?«
    »Nun kommen Sie schon, Eminencia , Sie wissen so gut wie ich, dass er« – Guzman wies in Richtung der päpstlichen Gemächer – »von 117 wahlberechtigten Kardinälen 114 selbst ernannt hat. Die letzten Wünsche des polnischen Papstes werden diesen Kardinälen Befehl sein.« Er beugte sich zu Alfieri vor. »Also, es ist Ottolenghi, oder? Und das Tagebuch? Existiert es?«
    »Nehmen wir abermals an, die Antwort sei Ja.« Alfieri versetzte einen antiken Globus aus Holz in eine Drehung. »Wo ist das Problem? Ottolenghi mag nicht gerade der glühendste Anhänger des Opus Dei sein, doch er hat sich immer auf Ihre Seite geschlagen. Zieht man den Schleier seiner Theologie beiseite, steht er politisch weiter rechts als Sie. Ein Ottolenghi als Papst passt Ihnen nicht?«
    »Das stimmt, er ist weiter rechts als wir, und genau das ist es, was uns nicht passt.«
    »Darf man erfahren, warum?«
    »Sie fragen, warum? Mit seiner Inquisitionstheologie würde er sogar Jesus Christus vor die Glaubenskongregation zitieren, um ihm auf die Finger zu klopfen. Wenn Ottolenghi Papst wird, wird es innerhalb von fünf Jahren nur noch so viele Katholiken auf der Welt geben wie Mönchsrobben. Möchten Sie das?«
    Alfieri brach in ein markerschütterndes Gelächter aus. »Guter Gott, was muss man sich nicht alles anhören!« Er trocknete sich die Lachtränen. »Der Generalprälat des Opus Dei bezichtigt andere des katholischen Integralismus. Nicht zu fassen!«
    » Eminencia , Ihr Sinn für

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