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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Humor erscheint mir ziemlich fragwürdig. Die Wahl Ottolenghis muss unbedingt verhindert werden, verstehen Sie das nicht? Sind Sie auf meiner Seite?«
    »Ich bin weder auf der Seite der Guzmans des Opus Dei noch auf der Ottolenghis der Glaubenskongregation und auch nicht auf der Seite solcher Päpste« – Alfieri zeigte auf die päpstlichen Gemächer –, »die sich gegen den gesellschaftlichen Fortschritt und die berechtigten Ansprüche stellen, die mit diesem Fortschritt einhergehen.«
    Der Staatssekretär des Vatikans habe die Aufgabe, so Alfieri, ein harmonisches Miteinander zwischen der Kirche und der Welt zu fördern, der heutigen Welt, nicht der vor zweitausend Jahren. Die wahre katholische Kirche wisse nichts mit einem Medienstar anzufangen, der sein ganzes Pontifikat auf Äußerlichkeiten gegründet habe. Sie brauche einen Papst, der den Erneuerungswillen des Zweiten Vatikanischen Konzils verkörpere und dessen Leitlinien umsetze.
    »Die Linien, die Sie, Ottolenghi und der Papst ein Vierteljahrhundert lang in der Schublade liegen ließen.« Alfieri schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. »Wir bräuchten einen Johannes XXIII., stattdessen bekommen wir einen Ottolenghi. Wirklich schöne Aussichten!«
    » Eminencia , Sie haben Unrecht, so über uns zu urteilen, das werde ich Ihnen sofort beweisen. Wir vom Opus Dei sind bereit, die Wahl eines moderaten Papstes zu unterstützen.«
    »Ein moderater Papst? Was Sie nicht sagen. Warum nicht gleich einen Reformator? Sie haben nur noch die Qual der Wahl zwischen diesen 114 mustergültigen Kandidaten. Wer wäre denn das Exemplar dieser aussterbenden Art?«
    »Kardinal Annibali, einer der drei, die nicht vom polnischen Papst ernannt wurden.«
    »Wollen Sie mich beleidigen? Sie sprechen mit einem Berufsdiplomaten. Die zwanzig Jahre, die ich auf diesem Sessel verbracht habe, haben mich einiges über die menschliche Natur gelehrt. Annibali käme Ihnen natürlich sehr gelegen, um sich in den Augen der Welt wieder ein jungfräuliches Image zu verpassen. Er ist zwar moderat, aber auch ein Schwächling, und überdies ist er neunundsiebzig. Mit einem wie ihm wäre das do ut des für euch noch leichter als 1978.«
    Oye , war der Mann hartnäckig! Aber im Grunde konnte Alfieri sich nicht so sehr von allen anderen unterscheiden, und das alte do ut des hatte noch immer funktioniert.
    » Eminencia «, sagte Guzman, sich zu Alfieri vorbeugend, »wenn Sie mir helfen, Annibali wählen zu lassen, lasse ich Sie als Kardinalstaatssekretär bestätigen.«
    »Noch ein polnischer Papst mit dem Opus Dei hinter den Kulissen, und der Heilige Stuhl kann an die New Yorker Börse gehen. Sie kommen zu spät. Vier Tage vor seinem Tod habe ich dem Papst meine Demission übergeben. Doch die Antwort auf Ihr Angebot wäre ohnehin abschlägig gewesen, das ist ja wohl selbstverständlich, auch wenn ich bezweifle, dass Ihnen die Gründe jemals einleuchten würden.«
    »Dann sind die Gerüchte über Ottolenghi also wahr!«
    »Absolut, so wie auch die Geschichte von dem geheimen Tagebuch zutrifft, das Ottolenghi vermutlich längst in Händen hält. Er wird es gut zu nützen wissen.«
    » Eminencia , was beabsichtigen Sie bei der Wahl zu tun? Ihre Stimme hat Gewicht, und das wird auch so bleiben.«
    »Beruhigen Sie sich. Ich werde mich enthalten. Was Proselyten betrifft, so hat der polnische Papst mit seinen Ernennungen ganze Arbeit geleistet. Ich werde mich fühlen wie der heilige Simon, der in der Wüste predigt.«
    »Da Sie im Begriff sind, Ihren Abschied zu nehmen, Eminencia , möchte ich Sie etwas fragen. Warum hat der Heilige Vater sich für Ottolenghi entschieden? Warum nicht für einen unserer Kardinäle?«
    »Das muss ich ausgerechnet Ihnen erklären? Ich habe den Überblick verloren über die Probleme des Staatssekretariats mit den vielen Ländern, in denen das Opus Dei von einem ehemaligen Numerarier oder seiner Familie vor ein Gericht zitiert wurde.«
    »Ist Ottolenghis Image etwa besser als unseres? Denken Sie doch nur daran, was er in Südamerika angerichtet hat.«
    »Schweigen Sie! Als hättet ihr vom Opus Dei niemals etwas mit der Befreiungstheologie zu tun gehabt! In den Siebzigerjahren, als Sie, Monsignore, noch ins Bett machten, war ich apostolischer Nuntius in Rio de Janeiro und in Buenos Aires. Es ist ja kein Zufall, dass das Opus Dei gerade in jenen Jahren dank seiner örtlichen Supernumerarier in Südamerika so stark wurde. Sie waren Prä­sidenten wichtiger Industrie- und

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