Curia
uneingeschränkte Unterstützung bei der Wiederherstellung der göttlichen Autorität Amuns gewährst.« Tehuti wischte die Krümel vom Tisch und rieb sich die Hände. »Nun? Stehst du auf der Seite Amuns?«
Der General leerte seinen Kelch. »Ich würde es vorziehen, auf der Seite Seths zu stehen, aber Amuns Wille geschehe. Wie sieht dein Plan aus?«
»Wir werden die Finanzen des Heeres mit unseren Rücklagen aufstocken. Und wenn es einen Krieg mit den Hethitern gibt, kannst du auf unsere Hilfe zählen.«
»Wie denn? Das Gold, die Ländereien und die Herden der Amun-Tempel werden in Kürze konfisziert. Sind die Tempel einmal geschlossen, werden eure Einkünfte nicht zahlreicher sein als das Tropfen einer Wasseruhr.«
»Du vergisst, dass wir der Kornspeicher Ägyptens sind.«
»Nur noch für kurze Zeit.«
»Das denkt der Diener Atons.«
»Was soll das heißen?«
»Es beginnt damit, dass die Bauern sich weigern werden, die enteigneten Ländereien zu bebauen.«
»Warum sollten sie? Seit Urzeiten leiden sie Hunger.«
»Wir werden dem Volk sagen, dass Amun die Äcker und die Ochsen verflucht hat und dass die Häuser des Todes – die kann der Pharao nun wirklich nicht schließen lassen – die Leichen jener, die es wagen, dieses Land zu bestellen, nicht mehr einbalsamieren werden. Der Boden wird brachliegen, die Herden werden verhungern, und die Kornspeicher werden sich leeren. Das Ergebnis? Ein khar Korn wird mit Gold aufgewogen werden.«
»Die Kassen des Pharaos mögen sich auf diese Weise leeren, aber dasselbe geschieht mit den euren. Woher nimmst du das Geld, um mein Heer zu finanzieren?«
»Die Wege Amuns sind unendlich.«
Die Amun-Tempel kauften bereits die Ernteerträge der kommenden Jahre auf, indem sie befristete Verträge unterzeichneten. Binnen zehn Tagen würden sie siebzig Prozent der Getreideernte der nächsten zwei Jahre besitzen. Heute in einem Jahr würden sie jedes Maß Korn mindestens sechsmal teurer verkaufen können, im darauf folgenden Jahr zwölfmal teurer und so weiter. In der Zwischenzeit würde wegen der kostenlosen Verteilung der Ländereien Amuns der Preis für Ackerland drastisch sinken und den Preis für bebaubares Land mit sich reißen. Ägypten würde in eine nie gekannte Wirtschaftskrise stürzen.
»Das hungernde Volk wird auf die Straßen strömen und plündern – und es wird die Tempel Atons verwüsten und die Rückkehr Amuns fordern. Die Straßen Thebens werden diese Farbe tragen.« Er hob das mit roter Tinte getränkte Täfelchen.
»Amun macht wirklich vor nichts halt, was, Tehuti? Das Ergebnis wird ein ausgeblutetes Ägypten sein, eine Beute von Spekulanten, Volksverhetzern und Schardana-Söldnern!«
»Kannst du dir eine günstigere Situation vorstellen, um den Ketzer fortzujagen und die Macht zu übernehmen?« Lächelnd legte Tehuti ihm eine Hand auf die Schulter. »Horemheb, das Volk wird dich zum Retter der Zwei Länder ausrufen, und dein Ruhm wird den von Thutmosis III. überschatten.«
Der General trat dicht vor Tehuti und musterte ihn mit einem vielsagenden Blick. »Ich hoffe in deinem Interesse, dass mir der Ruhm gehören wird und nicht Ay, Nofretetes Vater.« Er packte ihn so fest am Arm, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
Dann nahm Horemheb seine Peitsche, warf Tehuti einen letzten Blick zu und ging mit schnellen Schritten hinaus.
»Meinst du, wir können ihm trauen?«, fragte Ay.
Am Fenster über der Allee der Widder stehend, beobachteten die beiden den Karren Horemhebs, der sich, umhüllt von einer Staubwolke, entfernte.
»Im Moment brauchen wir ihn noch.« Tehuti massierte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Arm. »Wenn die Zeit reif ist, kann alles geschehen, oder? Diese Schardana-Schergen verkaufen sich für vier deben , und es heißt, mit dem Bogen seien sie unbesiegbar.«
»Horemheb als Pharao!« Ay schüttelte mit spöttischer Miene den Kopf. »Das hat uns gerade noch gefehlt. Der Sohn eines Käsemachers!«
Kaum war Ay hinausgegangen, trat in würdiger Haltung ein Priester-Astrologe ein, ein Senkblei in der Hand. »Nun?«
»Sie werden sich gegenseitig zerfleischen, aber das dient nur unseren Interessen.«
»Du meinst den Interessen Amuns«, sagte der Astrologe mit einem Lächeln, das so alt war wie der Anbeginn der Zeit.
34 Raisa blieb vor dem schwarzen Brett mit Nachrichten stehen. Dr. Belmont, ein Fax für Sie am Desk , stand auf einem Klebezettel. Am Informationstresen der Tagung nahm sie das Papier mit dem
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