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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Vormittag um zehn.«
    »Dann kommst du heute Abend zum Essen zu uns. Keine Ausreden!«
    »Noch was, Cornelius …«
    »Ja?«
    »Wenn du eine thermogravimetrische Analyse machst, halte dich fern vom Gerät.«
    Als er allein war, ging Wendel ins Labor. Er händigte das Röhrchen einem Assistenten aus und bat ihn um eine thermogravimetrische Analyse. Er solle einen abgedichteten Raum benutzen und während der gesamten Dauer des Experiments die Intensität des magnetischen Feldes messen. Sobald eine Temperatur von über tausend Grad Celsius erreicht war, solle er ihn benachrichtigen.
    Wendel streifte seine Armbanduhr ab. »Schließ sie in einen von den Bleizylindern ein, die wir für radioaktive Stoffe benutzen, und stell den Zylinder neben den Thermogravimeter.«
    Eine Dreiviertelstunde später erschien der Assistent in Wendels Büro. Das Gerät nähere sich jetzt den tausend Grad Celsius. Wendel folgte ihm vor das Guckloch des abgedichteten Raums und schaute hindurch.
    »Wie viel fehlt noch bis 1 064 Grad?«
    »Ein paar Minuten.«
    Plötzlich schien der Thermogravimeter in einem gleißenden Licht zu explodieren. Wendel trat vom Guckloch zurück und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Er sah auf die Wanduhr. Sie zeigte 12:32 Uhr.
    »Was ist denn das für ein Zeug?«, fragte der Assistent, durch das Guckloch spähend. »Komm schnell, Cornelius!«
    Wendel kehrte vor das Guckloch zurück, die anderen Forscher drängten sich um ihn. Der Thermogravimeter verströmte einen pulsierenden, blendend weißen Lichthof. Um das Gerät rotierte ein Wirbel aus bläulichem Licht mit so großer Geschwindigkeit, dass er stillzustehen schien.
    Zwei Stunden später hörte der Lichthof auf zu pulsieren, und augenblicklich verschwand der Wirbel. Wendel betrat die Kammer. Auf der Anzeige des Geräts blinkte die Zahl 1 064, und die Nadel, die das elektromagnetische Feld anzeigte, stand auf der tiefsten Stufe der Skala. Er öffnete die Bleizylinder und holte seine Uhr heraus. Die Zeiger standen auf 12:32 Uhr.
    Als Wendel in sein Büro zurückkehrte, klingelte das Telefon.
    »Tut mir leid, Cornelius«, sagte Mayo, »aber meine Kontaktperson ist nicht einverstanden.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie nicht akzeptieren kann, dass das ORNL von einer Bundesbehörde kontrolliert wird. Sie hat Angst.«
    »Schade. Die Eingangstests bestätigen, was du mir erzählt hast. Schade. Wirklich schade.«
    »Meine Kontaktperson besteht auf einer privaten Einrichtung.«
    »Ich glaube nicht, dass es irgendwo ein privates Labor gibt, das ein solches Projekt durchführen könnte, und das weißt du.«
    »Mich brauchst du nicht zu überzeugen.«
    »Hör mal, lass mich nachdenken. Vielleicht fällt mir bis heute Abend etwas ein. Amy und ich erwarten dich gegen sieben. Warte, ich erkläre dir, wo wir wohnen.«
    »Cornelius, hast du etwas von dem Pulver übrig?«
    »Dreihundert Milligramm.«
    »Ich muss dich bitten, es mir zurückzugeben.«
    »Natürlich. Du bekommst es heute Abend.«

    Nachdem er aufgelegt hatte, griff Wendel einen Tennisball, warf ihn an die Wand gegenüber seinem Schreibtisch und fing ihn wieder auf. Dann wählte er eine Telefonnummer.
    Ein paar Minuten später kam er aus dem Hintereingang des Labors, stieg auf ein gelbes Bianchi-Rennrad und flitzte vom Parkplatz.
    »Der Direktor erwartet Sie«, sagte die Sekretärin.
    Wendel klopfte an einer Tür mit dem Schild »Horace J. Nash, Direktor ORNL «.
    »Wehe dir, wenn es nicht wirklich wichtig ist, ich musste ein Treffen mit zwei Abgeordneten verschieben«, sagte der Direktor, der aussah wie Groucho Marx. Er saß auf dem Fußboden, Hände und Füße steckten in einem Fitnessrudergerät.
    »Ich hätte von dir verlangt, den Präsidenten persönlich warten zu lassen.«
    Während Wendel erzählte, zog der Direktor weiter an den Riemen, sein Oberkörper hob und senkte sich, und er schnaufte wie ein Blasebalg. Als Wendel fertig war, richtete er sich keuchend auf.
    »Man kann ihn nicht dazu bringen, seine Meinung zu ändern?«
    »Er entscheidet nicht.«
    »Ich könnte ihn anrufen und bitten, mich mit dieser verflixten ›Kontaktperson‹ sprechen zu lassen.«
    »Nein, Horace, tu das nicht. Er hat dieser Person versprochen, dass kein Dritter von der Sache erfährt.«
    »Warum bist du dann überhaupt hergekommen? Um mir mitzuteilen, dass nichts unternommen wird? Das ist seelische Grausamkeit, holy shit !«
    »Noch ist nichts entschieden. Heute Abend kommt er zum Essen zu mir. Ich könnte ihm sagen, dass nur

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