Curia
unter seinem Hemd am Gürtel baumelte. Vielleicht sollte noch jemand diese Ablagerungen bereichern, aber dieser Jemand würde nicht er sein.
Der Wind ächzte in der Schlucht hinter dem Lager, bog die Akazienbüsche und ließ Sandwirbel aufsteigen.
39 Hinter einem Dunstschleier ragte die Spitze des Clingmans Dome über den Bergrücken der Great Smoky Mountains auf.
Ken Mayo überquerte den Campus des ORNL . Das Klingeln einer Fahrradglocke ließ ihn zusammenzucken. Er blickte zu einem Gebäude aus Glas und Beton, an dessen Fassade ein Schild mit der Aufschrift »Energy Labs« hing. Er stieg die Treppe hinauf und schob seinen Ausweis in ein Lesegerät.
»Ken, was ist denn los?« Cornelius Wendel kam ihm mit einem Lächeln wie aus einer Zahnpastareklame entgegen. »Wir sehen uns jahrhundertelang nicht, dann rufst du mich eines Tages aus Südfrankreich an, und eine Stunde später springst du in ein Flugzeug, um in dieses gottverlassene Kaff in den Bergen zu kommen.«
»Ich habe etwas erlebt, das aus einem Science-Fiction-Roman stammen könnte.«
»Ach ja? Wenn jemand anderes mir so etwas sagen würde, würde ich den Sicherheitsdienst rufen. Los, erzähl mir alles.«
»Habe ich dein Wort, dass unter uns bleibt, was ich dir sage?«
»Habe ich je ausgeplaudert, dass du mit der Assistentin von Astrophysik II geschlafen hast?«
»Stimmt. An solchen Sachen erkennt man den Charakter eines Mannes.«
Als Mayo erzählt hatte, betrachtete Wendel ihn einige Augenblicke lang stumm. »Woher kommt dieses Pulver?«
»Aus einer italienischen Kirche. Es ist mindestens fünf Jahrhunderte alt.«
»Fünf Jahrhunderte? Ich brauche dich nicht daran zu erinnern, wie viel Energie für ein Wurmloch benötigt wird, vorausgesetzt, Wurmlöcher existieren. Wie konnte dieses Zeug denn aus dem Mittelalter zu uns gelangen?«
»Glaubst du, ich wäre hier, wenn ich das wüsste?«
Mayo reichte Wendel einige Spektrogramme und erzählte von den Tests, die Duval durchgeführt hatte. Wendel blickte hinüber zu einer Darstellung des Periodensystems der Elemente, die an der Wand hing.
»Hast du eine Probe von dem Zeug dabei?«
»Ich habe fünf Gramm.«
»Ist das alles?«
Mayo zögerte. »Meine Kontaktperson hat auch noch fünf.«
Wendel ließ ein Atommodell kreisen, das ihm als Briefbeschwerer diente. »Ken, was erwartest du von mir?«
»Das weißt du genau. Das ORNL ist das einzige Labor auf der Welt, das dieses Pulver untersuchen kann.«
»Das mag ja stimmen, aber so etwas können wir nicht allein machen. Eine solche Studie bedeutet Quantenphysik, Teilchenbeschleuniger, neue Materialien und Energiequellen.«
Einige der genannten Abteilungen gehörten zu den Labors, die dem Energieministerium unterstanden, darum würde die Untersuchung auf jeden Fall als ein gemeinschaftliches Forschungsprojekt organisiert werden müssen.
»Dann haben wir ein Problem, fürchte ich«, sagte Mayo. »Geheimhaltung.«
»Alle diese Labore werden vom US Department of Energy kontrolliert. Hast du kein Vertrauen zu Uncle Sam?«
»Etwas hätte ich dir sofort sagen müssen. Wegen dieses Pulvers sind schon Menschen gestorben. Sie wurden umgebracht.«
»Oh.«
»Ändert das etwas?«
»Hast du die Sicherheitsmaßnahmen am Eingang nicht gesehen? Das ist hier wie im Pentagon.«
»Cornelius, kannst du dich nicht allein damit beschäftigen, ohne denen in Washington davon zu erzählen? Ein persönlicher Gefallen, den du mir tust?«
»Komm schon, du weißt, dass das unmöglich ist. Die zählen hier jeden Tag, wie viel Haare ich am Sack habe.«
»Dann muss ich erst mit meiner Kontaktperson sprechen.«
»Verstehe. Aber wenn ihr beschließt weiterzumachen, muss ich ein paar Eingangstests durchführen, bevor ich mit dem Direktor über die Sache spreche. Nicht dass ich dir nicht glaube, aber du verstehst mich schon.«
»Wie viel von dem Pulver brauchst du?«
»Ein halbes Gramm.«
Mayo zog ein brüniertes Röhrchen aus seiner Hemdtasche. »Du entschuldigst, aber ich muss dich bitten, es vor meinen Augen abzuwiegen.«
»Ich bin gleich wieder zurück.«
Wendel stellte eine Digitalwaage auf den Tisch, Mayo öffnete das Röhrchen, und Wendel entnahm eine Spachtelspitze. Er schüttete sie langsam in ein Reagenzröhrchen und hörte auf, als die Digitalanzeige bei 500 Milligramm angekommen war.
»Ich brauche ein paar Stunden. Rufst du mich heute Nachmittag an?«
»Gut.«
»Ach, wann fliegst du eigentlich zurück nach Frankreich?«
»Ich habe einen Flug morgen
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