Curia
gesagt. Und als sie über die Welt sprach, die letzte Karte, hatte sie hinzugefügt: »Kosmisches Wissen, das Unergründliche, das Absolute.«
Verbarg sich in dem Grab die Antwort? Das Geheimnis des Lichts von Aton? Er stützte sich auf einen Ellenbogen, zog Nickys Uhr heraus und ließ sie aufspringen. Au clair de la lune …
ACHET-ATON, KÖNIGLICHER PALAST, ACHTZEHNTES JAHR DER REGENTSCHAFT ECHNATONS
Auf der Schwelle zu Nephers Arbeitsraum erschien der königliche Kämmerer. »Der Wesir Nakht aus Theben, Hoheit. Er sagt, es sei dringend.«
»Er soll hereinkommen.«
Der Wesir, aus dessen scharf geschnittenem Gesicht stechende Augen blickten, trug eine knöchellange Tunika und einen goldenen Brustpanzer mit eingefassten Türkisen. Eilig betrat er den Raum und setzte sich vor Nepher an den Tisch.
»Hoheit, wieder ist ein Aufstand ausgebrochen, diesmal sehr viel ernster als die vorhergehenden. Das Volk ist in die Aton-Tempel eingedrungen, hat Priester gemetzelt und die Rückkehr Amuns gefordert. Dann hat die aufgebrachte Menge die königlichen Kornspeicher gestürmt.«
Die Aufständischen hätten mithilfe der üblichen gesetzlosen Schakale und Söldnerbanden der Schardana die Häuser der Reichen, die Läden der Händler und die Lager am Hafen geplündert. Die Rebellion greife derzeit auf Memphis und viele weitere Provinzen über. Der Wesir habe Horemheb befohlen, mit dem Heer einzuschreiten, doch der General habe entgegnet, ohne einen Befehl des Pharaos müssten die Soldaten in den Kasernen bleiben.
»Ich hatte fast den Eindruck, als würde der General auf eine Verschärfung der Krise setzen, bis es keine Rückkehr mehr gibt.«
Also habe er sich an Ay gewandt, damit er mit seinen Streitwagen Ordnung schaffe, doch der habe ihm dieselbe Antwort gegeben wie Horemheb.
»Hoheit, der Führer der Polizei ist überzeugt, dass es ein Komplott zwischen Horemheb, Ay und Tehuti gibt, und ich stimme ihm zu.«
»Ay? Der Göttliche Vater? Nofretetes Vater?«
»Hoheit, ich sage es dir noch einmal. Ays Heimtücke steht seinem Ehrgeiz nur um ein Geringes nach. Jetzt, da die Große Königliche Gemahlin in das Land des Westens geflogen ist, gibt es nichts mehr, was seine Machtgier aufhalten kann.«
Nephers Blick verweilte auf einem Wandgemälde, das Nofretete vor ihm sitzend zeigte, wie sie ihn liebkoste und ihm eine Lotusblume reichte.
»Was schlägst du vor?«
»Ay ist der Befehlshaber über die Streitwagen, aber die der Königlichen Leibgarde unterstehen ihm nicht. General Maya ist dir treu geblieben und wartet nur auf deine Befehle.«
Nepher erhob sich und stellte sich vor das große Fenster, die Augen zum Nil gewandt.
»Hoheit, wir müssen einschreiten! Augenblicklich, bevor die Aufstände in einen Bürgerkrieg ausarten!«
»Du weißt, dass ich Gewalt verabscheue. Wie kannst du obendrein von mir verlangen, die Streitwagen gegen mein Volk einzusetzen?«
»Du unterschätzt die Verzweiflung der Menschen. Wegen der Hungersnot und der asiatischen Seuche müssen die Häuser des Todes Tag und Nacht arbeiten, und der üble Gestank der Leichen verpestet die Luft von Theben. Und als ob das nicht genügte, kommt zum Hunger und zur Verzweiflung nun auch noch die Angst hinzu.«
Nepher drehte sich um. »Angst? Wovor?«
Der Wesir wich seinem Blick aus.
»Was ist los, Nakht? Sprich!«
»Die Amun-Priester hetzen das Volk auf. Sie murmeln, der Tod der vier Mädchen, auf den nach so kurzer Zeit der Tod der Königsmutter Tiye, der Lieblingsnebenfrau Kiya und der Großen Königlichen Gemahlin Nofretete folgte, sei eine Strafe der Göttin Sachmet, weil du die Götter der Zwei Länder verraten hast.«
Nun, da die Pest im ganzen Land wütete und keine Familie verschonte, behaupteten die Priester, die Strafe der Göttin treffe alle Ägypter, weil sie sich den ketzerischen Reformen des Pharaos nicht widersetzt hatten.
»Hoheit, es genügt nicht mehr, den Aufstand niederzuschlagen. Wenn wir zur Normalität zurückkehren wollen, musst du befehlen, dass die Tempel Amuns und der anderen Götter wieder geöffnet werden. Sofort! Ohne langes Zögern!«
»Niemals. Die Götter Ägyptens sind Heuchelei, Betrug und Lüge.« Nepher zeigte auf den Sternenhimmel. »Könnte ich dir doch beschreiben, was es dort oben gibt, aber ich darf nicht. Selbst wenn ich dürfte, mir würden die Worte fehlen, und selbst wenn ich sie fände, du würdest mir nicht glauben.«
»Hoheit, deine Worte sind für mich wie der Wind über dem roten Wüstenland. Deinen
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