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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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aus Türkis, die an einer Kette um seinen Hals hing. In dem Anhänger spiegelte sich das Mondlicht und brachte eine leuchtend grüne Ader in dem Stein zum Vorschein.

    Nofretete schlüpfte aus dem Bett. Durch die vom Wind geblähten Vorhänge fiel das Mondlicht auf die Rundungen ihres Körpers. Sie öffnete ein mit Gold und Elfenbein intarsiertes Kästchen, in dem sie ihre Juwelen aufbewahrte, kramte darin und legte sich wieder zu Nepher ins Bett.
    »Ich möchte, dass du die hier behältst.«
    »Was ist das?« Nepher betrachtete die schlichte Kette aus kleinen blauen Zylindern und roten Perlen. Der Anhänger bestand aus einer Statuette, einer sitzenden Figur, die einen goldenen Nefer in der Hand hielt: ein Kreuz mit zwei zusätzlichen diagonalen Armen, das über einem Herzen lag.
    »Sie ist aus Türkis und sehr alt. Ich habe sie als kleines Mädchen bei einem Spaziergang am Fluss gefunden. Bitte behalte sie. Den Nefer habe ich für dich einarbeiten lassen.« Nofretete schloss seine Hand um die Kette. »Zur Zeit des Pharaos Khufu machten die Menschen an diesen Ufern solche Statuetten. Ein Zauberer aus meinem Dorf erzählte mir, dass sie den Gott der versäumten Gelegenheiten darstellen.«
    »Den Gott der versäumten Gelegenheiten?«
    »Ein Gott, der dafür sorgt, dass die Dinge, die in diesem Leben nicht in Erfüllung gehen konnten, sich im nächsten Leben ereignen, im Land des Westens jenseits der Grenzen des Nun.«

 
    45    Am Horizont erhellten Blitze den Himmel und warfen tiefblaue Reflexe auf das Wasser.
    »Es ist unglaublich, was die Macht Menschen antut und was Menschen für die Macht tun.« Der Kommissar spülte seine letzte Jakobsmuschel mit einem Schluck Chablis herunter. »Sie sind Psychoanalytikerin. Wie denken Sie darüber?«
    Raisa schwenkte ihr Weinglas vor der Kerzenflamme. »Macht korrumpiert, besonders absolute Macht. Es sei denn, jemand hätte absolute Macht auch über sich selbst.«
    »Sind Sie so einem Menschen jemals in Ihrem Beruf oder im Alltagsleben begegnet?«
    »Niemals.«
    »Danke. Das bestätigt meinen Mangel an Vertrauen in die Spezies Mensch.«
    »Eines verstehe ich nicht. Wenn diese Bilderberg-Gruppe so mächtig ist, warum taucht ihr Name dann niemals in der Presse auf?«
    »Welches sind Ihrer Meinung nach die drei einflussreichsten Zeitungen der Welt?«, fragte der Kommissar.
    »Also, die Londoner ›Times‹, die ›New York Times‹ … und dann wüsste ich nicht weiter.«
    »Sagen wir die Londoner ›Times‹, die ›New York Times‹ und die ›Washington Post‹. Einverstanden?«
    Der Kommissar hatte sich mit Carlomagnos Professor aus Bologna getroffen, und Cino Patani hatte recherchiert, wie viele Artikel über die Bilderberg-Gruppe während der letzten fünfunddreißig Jahre in diesen drei Zeitungen erschienen waren.
    »Cino hat dreiunddreißig in der ›Washington Post‹ gefunden, dreißig in der ›New York Times‹ und sechsundzwanzig in der ›Times‹. Weniger als ein Artikel pro Jahr über eine Organisation, die die Welt in der Hand hat. Wenn diese Artikel erschienen sind, dann nur weil es den Bilderbergern – so nennen sich diese Herren – gelegen kam, dass sie erschienen, sonst wäre nämlich gar nichts veröffentlicht worden.«
    »Was, vermuten Sie, hat die Bilderberg-Gruppe mit mir zu tun?«
    »Lesen Sie das hier.« Der Kommissar holte Papiere aus seiner Tasche und reichte sie Raisa. »Das ist der Ausdruck einer Datei des Professors aus Bologna.«
    Der Professor hatte die Gästelisten der Jahrestreffen der letzten einunddreißig Jahre teilweise rekonstruiert, und dann hatte er die Karrieren der Eingeladenen nach ihrer Teilnahme an den Treffen verfolgt.
    »Diese Datei ist die Zusammenfassung der Posten von internationaler Bedeutung. Die nationalen Karrieren lassen sich nicht mal zählen.«
    Raisa hielt die Blätter vor den Lampenschirm. Ungläubiges Staunen malte sich auf ihrem Gesicht ab. »Drei amerikanische Präsidenten, zwei englische Premierminister, zwei italienische Premierminister, ein französischer Präsident, vier geschäftsführende Direktoren des Weltwährungsfonds, zwei Präsidenten der Weltbank …« Sie blickte den Kommissar an. »Aber wie machen die das?«
    »Lesen Sie die rechte Spalte. Die Zeit zwischen der Teilnahme an der Versammlung und der Ernennung.«
    » Sacré nom de Dieu . Das ist ja immer weniger als zwölf Monate.«
    »Was für ein Zufall, nicht wahr? Was sagen Sie dazu, dass in den vergangenen einunddreißig Jahren fünfundsechzig

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