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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Schlange im Gebüsch. Aha. Der erhabene oberste Richter der Glaubenskongregation hatte den Papst dank seines Rufes als Klassenbester in Sachen Orthodoxie gehörig aufgehetzt. Guzman spannte den Kiefer an. Muy bien . Er liebte frontale Angriffe wie ein Torero in der Arena, doch weniger lieb war ihm die Rolle des Stiers.
    »Darf ich fragen, was Euch so verstört, Vuestra Santidad ?«
    »Ihr Bericht scheint die Möglichkeit nahezulegen, dass jener Papyrus die Wahrheit sagt. Was sind die Worte des Menschen gegen das Geheimnis des Heiligen Geistes?«
    » Vuestra Santidad , meine Stellung als Generalprälat des Opus Dei nötigt mich zum Realismus. Die Bibel enthält bekanntlich viele Widersprüche.«
    Er zog eine Bibel aus der Tasche, in der viele Zettel und Lesezeichen steckten. Jedes markiere eine Unstimmigkeit im Buch Exodus, sagte er. Die Schlussfolgerung der Experten sei einhellig. Der Exodus sei ein fiktives Ereignis, und Moses habe es nie gegeben.
    »Ihre Stellung als Generalprälat des Opus Dei nötigt Sie in erster Linie zum Gehorsam!«, sagte Ottolenghi mit rotem Kopf. »Wenn ein Theologe derartige Erklärungen vor meinem Gericht abgäbe, wüsste ich genau, was ich zu tun hätte.«
    »Ich bin ein klein wenig zäher als Ihre Theologen, und was die Bibelexegese betrifft, lasse ich mir von niemandem Lehren erteilen. Claro ?«
    Der Papst warf ihnen einen finsteren Blick zu. »Sie werden gebeten, Ihre Diatriben auf einen anderen Zeitpunkt und einen anderen Ort zu vertagen!«
    » Vuestra Santidad , der blinde Gehorsam, zu dem ich als Generalprälat des Opus Dei verpflichtet bin, bedeutet nicht, dass ich bereit bin, mich kampflos ins Verderben stürzen zu lassen.«
    »Monsignore, warum sagen Sie so etwas?«, fragte der Papst. »Hegen Sie etwa Zweifel?«
    » Vuestra Santidad , mein Glaube ist so fest wie der Abrahams, doch, bei allem Respekt, darum geht es nicht. In diesem Moment führt der Bruder von Kardinal St. Pierre dieselbe Untersuchung durch, und dieser hombre ist kein beliebiger Kritiker. Er ist ein angesehener Ägyptologe und kann uns auf den Tod nicht leiden.«
    »Warum sollte er die Kirche hassen?«
    »Mir wurde berichtet, dass dieser Mann mehrmals den Kommissar getroffen hat, der die Ermittlungen zum Tod seines Bruders leitet.«
    »Und daraus folgt?«, fragte Ottolenghi.
    »Meiner Meinung nach ist er überzeugt, dass der Tod des Bruders kein Unfall war.«
    Der Papst runzelte die Stirn.
    »Das ist ungeheuerlich!«, fauchte Ottolenghi. »Wollen Sie etwa andeuten, dass die Kirche etwas mit dem Tod von Kardinal St. Pierre zu tun hat?«
    »Ich beschränke mich darauf, mir anzuhören, was im Vatikan gemunkelt wird, vor allem nach dem Tod von Pater Cerri.«
    »Ich hoffe doch sehr, dass der Generalprälat des Opus Dei über glaubwürdigere Informationsquellen verfügt als die Klatschgeschichten auf den Fluren des Vatikans«, sagte der Kardinal.
    » Vuestra Santidad , dieser Mann wird vor nichts zurückschrecken, nur um den Papyrus in die Hand zu bekommen. Wir haben es mit einem ernsten Notfall zu tun, und das erklärt meinen Vorschlag, den Abrahamsbund einzuberufen.«
    »Notfall?« Ottolenghi machte eine wegwerfende Geste. »Die Bibel ist das Wort Gottes, und das Wort ›Notfall‹ kennt Gott nicht.«
    »Was sollten wir also Ihrer Meinung nach tun?«
    »Das Nächstliegende: nichts.«
    Der Monsignore sah erst den Kardinal an, dann den Papst. »Ich überlasse es Ihnen, sich auszumalen, was St. Pierre mit dem Papyrus machen wird, wenn er ihn findet und wenn darin bewiesen wird, dass der Exodus nur eine Legende ist.«
    »Soll er doch machen.« Kardinal Ottolenghi schüttelte spöttisch lächelnd den Kopf. »Kein Papyrus, welchen Inhalts auch immer, kann den Glauben von zwei Milliarden Christen erschüttern.«
    »Wirklich nicht? Was macht Sie so sicher, Eminencia ?«
    Ottolenghi setzte die Miene eines welterfahrenen Mannes auf. »Die Kenntnis der menschlichen Natur und ihrer grundlegenden Bedürfnisse.«
    Guzman musterte ihn, dann wandte er sich an den Papst: » Vuestra Santidad , einen derartigen Gegner zu unterschätzen wäre ein großer Irrtum.« Er breitete ein paar Nummern des »American Journal of Archaeology« auf dem Schreibtisch aus. »Diese Zeitschrift nennt St. Pierre den größten lebenden Ägyptologen. Nicht nur der Papyrus ist gefährlich, es gibt noch eine viel ernstere Bedrohung, die mit einem Schlag Christentum, Judentum und den Islam hinwegfegen könnte.«
    »Was meinen Sie, Monsignore?«, fragte der

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