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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Papst.
    »St. Pierre wird in Ägypten und den Nachbarländern das Unterste zuoberst kehren, bis er das gefunden hat, wonach wir und die Juden schon seit Ewigkeiten suchen.«
    »Was soll das sein?«, fragte Ottolenghi.
    »Das Grab Mose. Seit siebzig Jahren graben die Archäologen danach, einschließlich der Franziskaner vom Studium Biblicum Franciscanum in Jerusalem. Sie haben den Berg Nebo zu einem Schweizer Käse gemacht, aber keiner hat je etwas gefunden.«
    In dem Arbeitszimmer herrschte Schweigen.
    »Möge diese Entdeckung uns willkommen sein.« Der Papst breitete die Arme aus. »Sie wird ein großes Geschenk für die Christenheit bedeuten und bestätigen, dass die Bibel wirklich Gottes Wort ist, obwohl ein Glaubender dergleichen Bestätigungen nicht braucht.«
    »Was wird geschehen, wenn eines Tages jemand das Grab an einer ganz anderen Stelle als am Berg Nebo findet, ganz zu schweigen davon, was die sterblichen Überreste Mose offenbaren könnten?«
    Der Papst schlug mit einer Hand auf den Schreibtisch, seine Augen blitzten. »Monsignore, wir stellen uns für gewöhnlich keine ketzerischen Fragen.«
    » Vuestra Santidad , ist das die Antwort, die die Kirche zwei Milliarden Christen geben wird, wenn die Archäologie die Bibel widerlegen sollte?«
    »Warum haben Sie eigentlich vorgeschlagen, den Abrahamsbund zusammenzurufen?« Ottolenghi schlug mit dem Handrücken auf Guzmans Bericht. »Warum Juden und Moslems in diese Geschichte hineinziehen?«
    Caramba , war das wirklich so schwierig? Die Tatsache, dass Ottolenghi überhaupt darüber sprach, konnte nur eines bedeuten: Die Selbstsicherheit des Inquisitors geriet ins Wanken. Der Abrahamsbund war ein Zusammenschluss, von dem nur eine Handvoll Kirchenleute wussten und von dessen Existenz die Welt nichts ahnte. Eine hochgeheime Allianz zwischen der Kirche, dem Judentum und dem Islam. Ein Atlantisches Gottesbündnis, das in Krisenmomenten in Aktion trat. Eine Sekte, die nur drei Mitglieder umfasste: den Papst, Israels Oberrabbiner und den Großmufti von Saudi-Arabien.
    »Moses ist für alle drei abrahamitischen Religionen ein Prophet Gottes.«
    »Warum suchen wir nicht allein nach diesem Papyrus?«, schlug Ottolenghi vor.
    »Weil wir ohne sie herzlich wenig erreichen werden.« Guzman entrollte ein Papier auf dem Schreibtisch, eine Karte des Mittleren Orients in biblischer Zeit. Er zeigte mit dem Finger auf den Sinai. »Hätte General Rommel die Israelis bei der Flucht aus Ägypten angeführt, hätte er niemals den im Exodus beschriebenen Weg genommen.«
    »Was Sie nicht sagen«, kommentierte Ottolenghi. »Und warum nicht?«
    »Weil es im Süden der Sinaihalbinsel wegen der Kupferminen von ägyptischen Garnisonen nur so wimmelte.«
    »Was hätte Ihr Rommel also getan?«
    » El general hätte direkt Aqaba angesteuert und den Sinai auf dieser Höhe durchquert.« Entschlossen zeichnete der Monsignore eine schräge Linie vom Suez nach Aqaba über die Karte.
    »Wirklich schade, dass Sie und Rommel nicht dort waren, um Moses den Weg zu zeigen«, sagte Ottolenghi trocken. »Und nun? Was haben Jerusalem und Mekka damit zu tun?«
    »Was nützt uns der Papyrus, wenn wir weder in Saudi-Arabien noch in Israel Grabungen durchführen können? Saudi-Arabiens Grenzen sind geschlossen. Und was Israel betrifft, so wagen Sie es, ein einziges Loch in die Wüste Negev zu graben, und eine Minute später wird ihnen eine Boden-Boden-Rakete die Eier zerbröseln.« Guzman blickte den Papst betreten an. »Ich bitte um Entschuldigung, Vuestra Santidad .«
    Der Papst erhob sich mühsam, doch er schwankte und musste sich am Schreibtisch festhalten. »Monsignore, wir werden Ihnen unsere Entscheidung so bald wie möglich mitteilen.« Er bedeutete Ottolenghi, sitzen zu bleiben.
    Guzman kniete nieder und küsste wieder den Ring. Ottolenghi murmelte er beim Hinausgehen ein »Eminenz« zu. Bevor er die Tür schloss, warf er noch einen Blick durch den Spalt. Ottolenghi tuschelte, über den Schreibtisch gebeugt, mit dem Papst. Das Verhalten der beiden war eindeutig. Er hatte gewonnen.
    Auf dem Petersplatz fiel sein Blick auf den Obelisken von Caligula. Über einen der Strahlen auf dem Pflaster des Platzes ging er auf den Obelisken zwischen den beiden Brunnen zu und blieb darunter stehen. Er hob den Kopf. In den Wasserfontänen des Brunnens brachen sich Sonnenstrahlen, und ihre Regenbogenfarben blendeten ihn.
    Ihm schwoll die Brust. Nichts eignete sich besser als ein Obelisk, um einen Sieg zu

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