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CUT

CUT

Titel: CUT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Santiago
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klingelt mein Handy.
     
    „Hallo?“, melde ich mich.
    „Werthmann, guten Tag, Herr Bauer.“ Ich
rolle mit den Augen.
    „Ähm, es wäre sehr wichtig, wenn Sie
gleich mal bei mir vorbeikämen, das Protokoll unterschreiben und so“, erzählt
sie mir.
    „Ist was passiert?“, frage ich zurück.
    „Nein, Sie wissen schon, ich ...“,
unterbricht sie sich.
    „Kommen Sie einfach her, okay?“
    „Ja, ist gut, ich komme gleich“, gebe ich
zur Antwort. Sieht eher so aus, als wisse sie nicht mehr weiter. Dieser halbe
Satz klang wie ein Hilferuf. Man muss dazu wissen, dass die Kollegin Werthmann
und ich eigentlich immer ganz gut miteinander auskamen, schließlich hat sie
eine Weile mit mir gearbeitet, als sie von der Polizeischule kam. Wir waren ein
richtig gutes Team, bis sie sich in mich verliebt hatte. Da anscheinend jeder
im Präsidium wusste, dass ich schwul bin, nur sie nicht, war das eine ziemlich
schmerzhafte Zeit für uns beide. Wir mochten uns nämlich, und vermutlich wären
Klara und ich verdammt gute Freunde geworden, wenn sie es denn zugelassen
hätte. An mir lag es jedenfalls nicht. Na, wie gesagt, früher waren wir auch
noch per Du, und solche Anrufe wie diese waren früher an der Tagesordnung. Ob
ich wirklich gleich mal hinfahre?
     
    Auf dem Bildschirm erscheint ein großes „JA“
und darunter „ich komme mit. Gute Gelegenheit.“
    „Boss, ich muss noch mal zur Polizei, die
wollen, dass ich was unterschreibe“, erkläre ich Steven für die anderen den
Anruf.
    „Ich fahr Dich hin“, bietet er mir an.
    „Alex?“
    „Ja, Stevie?“ Alex steht von der Couch
auf und kommt zu uns.
    „Du hast einen Drehplan und ich übergebe
Dir jetzt das Kommando für den Nachmittagsdreh... jetzt zeig mal, was Du
kannst, erster Offizier!“, grinst Stevie und greift nach seinem Handy.
    „Ich geh mich nur schnell umziehen“,
melde ich mich. Kannst ja mitkommen, denke ich dabei schelmisch. Nicht dass er
mich nicht heute schon ausgiebig genug nackt gesehen hätte...
     
    Auch Steven folgt mir nach oben, denn er
hat immer noch die nasse Anzughose am Körper. Wir gehen beide in unsere Zimmer,
dann jedoch komme ich durch die Zwischentür zu ihm.
    „Irgendwann holst Du Dir noch den Tod“,
grinse ich.
    „Dafür wirst Du heute noch bestraft, Du
kleines Miststück“, antwortet mein Mann mir lachend.
    „Ich bitte darum. Auf die Revanche für
die Aktion mit den Flaschenzügen warte ich heute noch“, stichele ich, während
ich das Handtuch um meine Hüften einfach zu Boden fallen lasse und in meine
Jeans steige. Socken und Slipper sind schnell angezogen, das T-Shirt habe ich noch
in der Hosentasche.
    „Die Revanche für die Sache mit den
Flaschenzügen kommt noch“, verspricht Steven mir. Dass ich nicht lache... Da
warte ich schon fast ein Jahr darauf... aber ich muss zugeben, dass uns das
Geschäftsleben nach der Sache mit Brunner und unserer Flucht in den Hunsrück
schnell wieder in seinen Pranken hatte. Timo war durch seinen Job voll im Stress,
ich hatte kurz aufeinander folgend drei hammerharte Fälle, unter anderem den
Weihnachtsmörder, der als Serienkiller alte Frauen erstickte, und der erst im
April gefasst werden konnte, und Steven musste sich um seine Firma kümmern, die
zwischendurch ganz schön ins Trudeln gekommen war. Eigentlich ist das jetzt die
erste Zeit, in der es uns gelingt, wieder mal mehrere Tage am Stück miteinander
zu verbringen. Nicht einmal über Weihnachten und Silvester war uns das dank des
Serienmörders gelungen. Wird mal Zeit für einen anständigen Urlaub, stelle ich
fest.
     
    Wir ziehen uns fertig an und verlassen
das Haus, steuern aber nicht Stevens Daimler an, sondern den Mercedes, mit dem
Horst und ich gekommen sind. Ich setze mich auf den Beifahrersitz und lehne
mich zurück. Als wir außer Sichtweite sind, seufze ich erst einmal laut.
    „Schöne Scheiße“, stelle ich fest.
    „Was?“
    „Das alles hier. Kannst Du mir mal verraten,
was die anderen denken?“
    „Das wüsste ich selbst gern“, gibt Steven
zurück.
    „Du bist doch hier der Gedankenleser,
nicht ich“, sage ich.
    „Irrtum, Schatz. Ich kann doch nicht bei
jedem die Gedanken lesen. Das kann ich nur bei Leuten, mit denen ich eine
emotionale Bindung habe“, erklärt er mir.
    „Bei allen anderen kann ich nur grobe
Eindrücke empfangen. Positiv oder negativ, sozusagen.“
    „Das heißt, Du kannst mir zum Beispiel
nicht sagen, warum oder weswegen Raffael sauer war, sondern nur, dass... richtig?“,
hake ich

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