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Cut

Cut

Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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nebenan prallte an der Glasscheibe vor seinem britischen Gegenüber ab.
    »Wir haben unsere Anweisungen. Bitte beantworten Sie nur die Fragen.«
    »Ach ja?« Der Typ ließ sich nicht so leicht einschüchtern. »Haben Sie auch so viele Fragen beantwortet, bevor Sie Indien kolonialisiert haben? Ich dachte, die Briten legen so großen Wert auf Privatsphäre. Die Pfeiler der Zivilisation. Menschenrechte. Wir haben eifrig von euch gelernt, wie es sich gehört für die guten Wilden.« Der Junge war nicht schlecht.
    Mehmet nahm lachend seinen Pass entgegen und klopfte dem Inder im Vorbeigehen auf die Schulter. »Weiter so! Lass dich nicht unterkriegen, Bruder!«, flüsterte er ihm zu.
    Der junge Mann fuhr herum und musterte ihn. Für einen kurzen Moment verschwand der Sarkasmus aus seinen Augen. »Besten Dank. Ich komme schon klar.« Dann wandte er sich wieder dem Beamten zu.
    »Es steht Ihnen frei, nicht einzureisen, Mr. Mu-kher-jee!«, bellte es hinter der Glasscheibe.
    Das Letzte, was Mehmet hörte, war die Antwort. »Mukherjee. Haben Sie den Namen noch nie gehört? Meine Vorfahren waren brave Lakaien des britischen Empire. Haben vielleicht die Stiefel Ihres Großvaters geleckt!«

18 Handycam
    »Das gibt’s doch nicht! Alles unscharf.« Im Sucher der Kamera erschienen langsam klare Umrisse. Kräne. Wasser. Die Reling eines Schiffes. Daran gelehnt stand Mattie, den Blick nachdenklich auf die kleiner werdende Silhouette von Hamburg gerichtet. Das abendliche Gegenlicht erzeugte poppige Farben im seitlich abgeklappten Suchermonitor.
    »Hier spricht Nikolaus Ostrowski, Codename Nick. Test. Test.« Am meisten Probleme hatte er noch mit der Orientierung. Beinahe wäre er gegen die Reling geprallt, als er versuchte, Matties Gesicht frontal reinzukriegen.
    Lachend hielt sie die Hand vor das Objektiv. »Du Spinner, was machst du mit der Kamera?«
    Er wollte seine technische Probe nicht unterbrechen und schwenkte weiter. Was war denn das? Grün mit Pickeln. Wo blieb die Schärfe? Jetzt war sie da. Grünes Schiffsdeck mit Nägeln.
    »Handwerkszeug. Hier. Guck mal.« Seine eigene Hand tauchte im Bild auf. Etwas unnatürlich umklammerte sie ein Mini-Disc-Aufnahmegerät. »Und das.« Wieder die Hand, diesmal mit einem Kopfhörer-Mikrofon.
    Er musste üben. Startklar zum Observieren. Eine Familie, Vater, Mutter, zwei Kinder. Sprache: Dänisch? Nicht winken! Er hatte extra eine kleine Kamera ausgesucht, um unauffälliger agieren zu können. Aber das ging sicher noch besser.
    Ein Ehepaar. Leider unscharf. Und tschüs!
    Da kam der Nächste, ein alter Mann mit Hut. Mist, der starrte direkt in die Kamera. Da konnte man ja eine Gänsehaut kriegen!
    »Was ist denn das? Hier leuchtet was. Scheiße. Ich glaube, der Akku ist leer!« Er sah nur noch Schwarz.

19 Mr. Unbekannt
    Obwohl du die dünne Nylonsteppdecke bis unters Kinn gezogen; hast, sitzt die feuchte Kälte noch in deinem Körper fest.
    »Nikolaus! Mir ist so kalt. Ey, Nick!«
    Nikolaus reagiert nur noch auf seinen Codenamen. Im Moment reagiert er aber überhaupt nicht, weil er sich weit aus dem Fenster gebeugt hat und seine Observationstechnik an Camdener Bürgern ausprobiert, die versuchen, durch den Regen nach Hause zu kommen. Die nasskalte Brühe hat euch den ganzen Tag lang verfolgt, während ihr kreuz und quer durch ein dunkelgraues Brixton gestiefelt seid, um Nicks altes Haus wiederzufinden.
    Er hat vor fünf Jahren ein Praktikum in einer Londoner Kanzlei gemacht, bei einem Studienfreund seines Vaters. Nur dass es Nick nicht länger als zwei Wochen geschafft hat. Auf dem Rückweg von der Arbeit hat er ein paar Musiker kennen gelernt. Sie haben ihn eingeladen, zu ihnen in ein besetztes Haus zu ziehen. Die restlichen zweieinhalb Monate hat er dann durchgehend bekifft in der Londoner Clubszene herumgebracht.
    »Ich bin mir sicher, hier ganz in der Nähe war es!«, hat Nick immer wieder behauptet, während dir das Wasser von der Nasenspitze tropfte.
    »Drogenbedingte Amnesie«, hast du diagnostiziert.
    Als er endlich bereit war aufzugeben, habt ihr ein Loot gekauft und euch das billigste Hotel rausgesucht. Dafür gibt es keine Heizung, aber das habt ihr erst gemerkt, als die griechische Wirtin schon wieder weg war.
    »Mattie! Ich glaube, irgendwo hier ist der Camden Market, da kann man super shoppen gehen.« Er dreht dir immer noch den Rücken zu.
    »Nick, wir sind nicht zum Shoppen hergekommen!«
    »Ich weiß, Chefin, wir observieren. Ich glaube, langsam hab ich es raus mit dem

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